Als größte Überraschung an den neuen Blackmagic Video Assist Recordern empfanden wir die Ankündigung auch mit externen Kameras Blackmagic RAW (BRAW) aufzeichnen zu können. Denn bislang war dieses Format nur den hauseigenen Kameras von Blackmagic vorbehalten.

Mit der Verfügbarkeit der neuen Recorder gibt es jedoch bislang nur zwei Kameramodelle, die unterstützt werden: Die Canon EOS C300 Mark II und die Panasonic AU‑EVA1. Im Gegensatz zu Atomos erscheinen zwei Modelle erstmal gering, zumal es sich bei beiden Kameras um etwas ältere Modelle handelt. Wer jedoch eine, der beiden Kameras besitzt (oder häufig im im Verleih nutzt), für den ergeben sich im Zusammenspiel tatsächlich interessante Neuigkeiten, besonders in der Nachbearbeitung.
Mit den entsprechenden Atomos Recordern konnte man aus diesen beiden Kameras schon länger ProRes RAW entlocken, welches jedoch aktuell fast nur für Mac Anwender unter Final Cut Pro interessant erscheint. Denn am PC kann man ProRes RAW aktuell weder unter Premiere Pro noch unter DaVinci Resolve nutzen, was den potentiellen Anwenderkreis schon stark einschränkt. Und selbst in PC-Programmen wie Assimilate Scratch, die ProRES RAW lesen können, bietet das Format nur wenig Möglichkeiten, die man typischerweise von der klassichen RAW-Bearbeitung erwartet.
Etwas anders sieht es da mit Blackmagic RAW aus, das nicht nur nativ von DaVinci Resolve unterstützt wird (weil aus dem selben Hause), sondern auch von Blackmagic als kostenloses Plugin für Premiere Pro verfügbar ist. Und im Gegensatz zu ProRes RAW stehen unter Premiere (wie auch unter Resolve) dann auch zahlreiche Optionen wie nachträgliche Anpassung der Belichtung/ISO, Farbräume oder sogar eine Highlight Recovery zur Verfügung. Nebenbei sei erwähnt, dass nach der Installation des Plugins auch After Effects die Blackmagic RAW Files öffnen kann, allerdings fanden wir dort nirgendwo die entsprechenden RAW-Einstelloptionen.
Das Setup
Für manchen Panasonic EVA1 Käufer dürfte die Blackmagic RAW Aufzeichnung der eigentliche Knüller des neuen Video Assist sein. Tatsächlich kann hiermit in vollen 5,7K RAW der EVA1 mit bis zu 30 fps aufgezeichnet werden. Es stehen dabei alle typischen Blackmagic RAW Formate in diversen Kompressionsstufen zur Verfügung.

Die Einstellung an der Kamera erfolgt über "System Settings" -> "System Mode". Dort hat man unter ‘SDI RAW’ anschließend die Auswahl zwischen "S35 5.7K", "Crop 4K" oder "Crop and Mix 2K". In 5,7K sind maximal 30 fps möglich, In Crop 4K und 2K ist auch eine Ausgabe bis zu 60p möglich, die der Video Assist RAW auch aufzeichnen kann. Nur wenn die Kamera auf Interlaced Frameraten wie 50i oder 59.94i steht, muss er bei der RAW-Aufzeichung prinzipbedingt passen. Über die Variable Framerate (VFR) können im 2K Crop&Mix mode sogar freie Frameraten zwischen 2fps und 240fps aufgezeichnet werden.
Und ein weiteres Detail: Weil wir die EVA1 noch einmal für diesen Test in der Redaktion hatten, haben wir rein aus Neugierde auch hier einmal den Rolling Shutter gemessen. Und tatsächlich liest die EVA1 den gesamten Sensor in knapp unter 16ms aus. Somit wäre sie theoretisch auch in der Lage, sogar bis zu 60fps RAW auszugeben. Allerdings dürfte hier die SDI-Schnittstelle einen Strich durch die Rechnung machen. Diese ist bei der EVA als 6G-Variante ausgelegt und agiert damit wohl schon bei 6K-RAW mit 30fps am Limit. Das ist insofern schade, weil die Kamera mit 60 fps RAW noch einmal in einer ganz anderen Liga mit neueren Kameras spielen könnte.
Auffällig war weiterhin die ziemlich geringe Vorschau-Latenz der SDI-Verbindung. Dabei bekamen wir auch das Audiosignal der EVA1 als SDI-embedded Audio direkt in den Recorder. Optional ließen sich mit diesem Setup dann 4 getrennte XLR-Spuren aufzeichnen (2 x XLR von der EVA1 und 2X Mini-XLR vom Video Assist).
In der Praxis
Ist die EVA1 mit dem Blackmagic Video Assist 12G HDR verbunden klappt die Kommunikation automatisiert. Die Vorschau der Kamera "steht" in weniger als 3 Sekunden nach dem Einschalten und der Recorder signalisiert in der oberen linken Ecke das eingehende Signal, in unserem Fall 5,7K RAW. Die Aufzeichnung gelang uns ohne Dropped Frames oder andere Auffälligkeiten auf eine Toshiba Exceria Pro UHS-II SD-Karte.
Uns missfiel allerdings etwas, dass nur eine zweifache Vergrößerung im Vorschaumonitor zur Verfügung stand. Dies ist für die exakte Fokussierung der feinsten 6K-Details unseres Testbildes etwas zu wenig. In Praxis hat man jedoch an "bewegten Objekten" meist andere Probleme und kommt auch mit dem integrierten Focus-Peaking zu guten Ergebnissen. Der Autofokus der EVA1 konnte dabei nicht mit aktuellen Kameras mithalten.
Die Wiedergabe der aufgezeichneten 5,7K RAW Files ist direkt im Recorder möglich. Hierbei kann sogar beim 7-Zoll Modell mit Gesten gescrubbt werden. Ein Löschen einzelner Clips ist allerdings nicht möglich.
Auch V-Log LUTs waren bereits bereits auf dem Video Assist installiert. Doch nicht nur das: Auch in den BRAW-Metadaten waren die RAW-Clips der der EVA1 gleich mit dem korrekten Varicam-Farbräumen in den Metadaten getaggt. Mit der Folge dass man die Farben dieser Kombination auch korrekt in einem Resolve ACES-Workflow automatisiert managen lassen konnte. Beeindruckend, dass sich Blackmagic hier derart sorgfältig um einen korrekten Farb-Workflow eines konkurrierenden Kamera-Herstellers sorgt.
Doch im Gegensatz zu den eigenen Blackmagic Kameras gibt es dann doch einige Einschränkungen im Zusammenspiel mit der EVA: Denn in den RAW-Decoding Einstellungen erlaubt Resolve "nur" die nachträgliche Korrektur des Weißabgleichs, die Einstellung von Color Space und Gamma (wenn nicht ACES gemanaged) sowie die nachträgliche Einstellung der Belichtung. Ein Ändern der ISO war dagegen genauso wenig möglich wie eine Highlight Recovery:

Das gleiche Verhalten zeigen die Clips übrigens auch bei der "Entwicklung" unter Premiere:

Dafür muss man zur Ehrenrettung noch einmal betonen, dass das V-Log/V-Gamut Varicam Color Management unter ACES einwandfrei funktioniert. Verändert man die Belichtung der RAW Files nachträglich in der Post bleiben sitzen die Farben exakt dort, wo sie auch bei einer echten Blenden- oder Belichtungszeit-Änderung landen. Und eben dies benötigten wir, um auch noch einen Blick auf die Dynamik der EVA1 zu werfen.
Dynamik
Gegenüber S35-Kameras mit 4K-Sensor hat es die EVA1 in der Dynamik etwas schwerer, da sie auf der gleichen Chipfläche mit 6K-Auflösung mehr und damit kleinere Sensel unterbringen muss. Kleinere Sensel können jedoch prinzipbedingt nicht so viel Licht aufnehmen, weshalb der Clipping-Punkt der EVA1-Sensors niedriger liegt als bei einem 4K-Sensor mit gleicher Sensorfläche. Auf der anderen Seite werden ja die Sensel in den meisten Anwendungen vor der Ausgabe auf 4K zusammengefasst, wodurch das Rauschen etwas zurückgeht und die Dynamik indirekt wieder etwas ansteigt.
Praktisch macht es daher wohl am meisten Sinn, die EVA1 mit einem ähnlichen Sensor zu vergleichen und da dürfte den meisten Anwendern die aktuelle Blackmagic Pocket 6K in den Sinn kommen. Denn auch dieses Kameramodell besitzt einen S35-6K-Sensor und zeichnet praktischerweise ebenfalls in BRAW auf.
Wir haben hierfür die Blendenreihen beider Kameras verglichen und dürfen der Blackmagic Pocket Kamera 6K ungefähr eine Blendenstufe verbesserten Blendenumfang attestieren:

Das "zurückgeholte" Bild der BMPCC6K entspricht bei ETTR-6 ungefähr einer EVA1 bei ETTR-5.
Fazit
Die EVA1 gewinnt mit Blackmagic RAW neben der erhöhten Auflösung auf 5,7K auch ein paar sehr praktische Bearbeitungsmöglichkeiten in der Post. Allerdings kommt die Kombination mit dem Video Assist 7 etwas spät, denn selbst gebraucht zahlt man für dieses "Team" noch rund 5000 Euro. Vergleicht man die Möglichkeiten direkt mit einer Pocket Cinema Camera 6K, so bekommt man für den halben Preis S35-BRAW 6K-Aufzeichnung mit mehr fps (max. 50 statt 30), eine Blendenstufe mehr Dynamik sowie ansonsten vergleichbare Möglichkeiten (bis auf den integrierten ND-Filter und mehr Anschlüsse) in einem weitaus kompakteren (Gesamt-)Gehäuse.