Nachdem wir uns in der letzten Zeit ja hauptsächlich mit 4K Camcordern und Systemkameras abgegeben haben, wollten wir unserer Neugier auch mal wieder freien Lauf lassen, ob denn die kleinen Knipsen, die ja angeblich durch die Smartphone-Konkurrenz kaum noch gekauft werden, auch noch größere Sprünge im Bereich Video machen. Anlass war eigentlich die Sony A7s, die ja als erste FullFrame-Kamera ein bemerkenswert scharfes FullHD-Bild aufzeichnen kann. Offensichtlich hilft dabei die geringe Pixelanzahl von gerade einmal 12 Mpixel, das Bild sauber in der Kamera herunterzuskalieren.

Nun gibt es aber auch schon unter 300 Euro Fotoknipsen wie die Nikon Coolpix P340, die ebenfalls "nur" einen 12 Mpix-Sensor besitzen und somit vielleicht auch ein gutes Pixelverhältnis bieten, um günstig ein sauberes FullHD-Bild aufzuzeichnen. Gedacht, probiert, und bitteschön unser Ergebnis:

Da staunen wir nun aber nicht schlecht. Die Schärfe im Videomodus liegt deutlich über den meisten DSLRs und Systemkameras im Markt. Scheinbar kann die Kamera tatsächlich das gute 12 MPixel-Verhältnis nutzen, um ein extrem sauberes FullHD-Bild zu erzeugen.
Auch gegenüber weitaus teureren Consumer-Camcordern bietet die Kamera dabei eine bemerkenswert große Chipfläche von 1/1,7-Zoll. Das entspricht ca. einem horizontalen Crop-Faktor von 4,86. Und weil die Chipfläche von relativ wenigen wenigen Pixeln (Pitch ca. 1,8um) bevölkert ist, ist der Dynamic Range ebenfalls besser, als wir von einem Gerät dieser Größe erwartet hätten. DXO-Mark sieht die Dynamik sogar bei fast 12 Blendenstufen.
Das Objektiv ist ebenfalls recht lichtstark, zumindest in der Anfangsbrennweite (5.1-25,5mm/f1.8-5.6). Dazu gibt es einen aktiven Bildstabilisator und sogar einen eingebauten ND-Filter (!!).
Für die Bildeinstellung gibt es drei Picture Controls, darunter auch das Neutral Profil, das man für eine cinematische Anmutung in Sättigung, Kontrast und Schärfe weit zurückdrehen kann (und mit dem auch unser Schärfe-Testbild oben geschossen wurde). Tatsächlich lässt sich hiermit die künstliche Nachschärfung im Videomodus praktisch komplett zurückfahren. Auch gibt einen mehrfach belegten Objektiv-Ring sowie eine frei definierbare Funktionstaste (z.B. für den Bildstabilisator). Auch ist ein derart scharfes 3-Zoll-Display (921.000 Subpixel) in dieser Preisklasse ebenfalls eher selten zu finden.
Doch nicht alles an dieser Kamera kann uns überzeugen: Dass der Einschaltknopf pfriemelig ist störte uns dabei weniger und auch die etwas langsamen Menüs sind nicht wirklich ein Problem. Mehr besorgt da schon die etwas filigrane Verarbeitung und die Haptik der Kamera. Da sie sehr leicht ist, wirkt sie recht zerbrechlich, aber dies darf man einem portablen Konzept vielleicht auch nicht ankreiden.
Das größte Manko ist jedoch eine unnötige Einschränkung der Videofunktion: Shutter, ISO und Blende sind im Videomodus nicht direkt beherrschbar. Drückt man im vollmanuellen Modus die (separate) Filmaufnahme-Taste, so benutzt die Kamera ungefragt andere Aufnahme-Parameter. Dabei ist es egal, ob sich die Kamera im vollmanuellen, irgendeinem halbmanuellen Modus oder im Automatik-Modus befindet. Wir dachten zuerst noch, dass man über die Belichtungskorrektur in den Automatik-Modi zumindest die Parameter zum Filmen festhalten könnte, aber selbst dies ist nach unserer Erfahrung nach bei der P340 nicht möglich.
Für alle, die sowieso eine Automatik bevorzugen, hier noch unsere Testkasten-Shots...
...aus dem Messlabor
Hier ein Beispiel bei 1200 Lux ohne ND-Filter im Automatik-Modus: Die Kamera hat hierfür den Shutter zur Videoaufnahme so hoch geschaltet, dass man fast keinen Motion Blur mehr auf dem Rad sieht.

Der Weißabgleich lag dabei für unseren Geschmack etwas daneben, was jedoch ein manueller Weißabgleich schnell ausbügelte:

Die Farben (und die subjektive Dynamik) empfinden wir in diesem Fall als ausgewogen und definitiv mit sehr guten FullHD-Camcordern vergleichbar.
Wem die Schatten zu früh abgleiten, der kann mit etwas Geduld im neutralen Picture-Profile sicherlich passende Parameter finden um noch etwas mehr Tiefen zu Retten retten. Hier noch eine Aufnahme mit allen Paramtern "am Boden":

12 Lux Low-Light
Bei wenig Licht muss der relativ keine Sensor der Nikon P340 dann natürlich bluten, im wahrsten Sinne des Wortes:

Im neutralen Bildprofil mit manuellem Weißabgleich wird es dann aber schon etwas besser:

Und hier noch ein interessanter Aspekt, den wir bis dato noch nie angesprochen haben: Der Codec dekodiert in zwei Stufen und hat scheinbar eine sehr starke Noise-Reduction in den Decoding-Parametern des Protprocessings. Bricht man das Decoding eines Frames gewollt ab, so sieht es in unseren Augen sogar besser aus. Diese Aufnahme ist als Screenshot in Photoshop entstanden, bevor der eben gezeigte Frame in der zweiten Stufe decodiert war:

Und wir müssen sagen, dass uns dieses Lowlight Bild ohne Noise-Reduction des Codecs deutlich mehr zusagt. Aber das ist wahrlich ein anderes Thema.
Natürlich halten diese Low-Light-Aufnahmen keinem Vergleich zu Großformat-Sensoren stand, aber verglichen mit typischen Camcordern kommt hier dennoch eine Menge Bild "durch".
Fazit
Wir hätten nicht gedacht, dass in der Nikon Coolpix P340 eine solche Videoqualität steckt. Dazu ist die Ausstattung der Kamera für 300 Euro gemessen an typischen Camcordern enorm: ND-Filter, Stabilisator, sehr scharfes Display, frei belegbare Funktionstaste, Objektivring, konfigurierbare Bildprofile, F1,8-Anfangsblende und ein sehr clean skalierender Sensor, der deutlich größer ist, als bei den meisten Camcordern. Das alles hätte uns schon sehr gut gefallen können, aber durch die fehlenden manuellen Video-Eingriffsmöglichkeiten können wir diese Kamera dem enthusiastischen Videofilmer dann doch nicht guten Gewissens ans Herz legen. Denn eine automatisch eingreifende Helligkeitsveränderung bei einer Videoaufnahme empfinden wir immer als ästhetisches No-Go.
Vielleicht kommt die P340 ja auch noch in den Genuss der gerüchteweise bald stattfindenden Nikon-Firmware-Offensive für Videofunktionen. Freuen würde uns das sehr, allein uns fehlt der Glaube.
Wer jedoch sowieso immer im Automatik-Modus filmt kann bei der Nikon P340 mit netten Ergebnissen belohnt werden. In dieser Größe kennen wir bis dato keinen Konkurrenten der eine derart saubere Videoqualität aus seiner Knipse zaubert.