Martin Scorseses neuester Film, das 3.5 Stunden Epos "The Irishman" ist ein voller Erfolg bei Kritik und Publikum - der für Netflix produzierte, aber auch in Kinos gezeigte Film setzt eine Art Schlußstrich unter Scorseses Reihe von Mafia-Filmen und schlägt einen großen zeitlichen Bogen. Um mit den alten Schauspieler-Legenden wie Robert De Niro, Joe Pesci und Al Pacino die Handlung glaubwürdig darstellen zu können, setzte Scorsese erstmals in großem Stil auf die digitale Verjüngung der Schauspieler in den vielen Szenen, die vor längerer Zeit spielen.
Für die mehrere Jahrzehnte umfassende Geschichte bekannter Mafia-Größen, in welcher die Schauspieler mit der Zeit altern, wurde das digitale De-Aging erstmals in großem Maßstab eingesetzt -- es ermöglichte eine digitale Verjüngung der Darsteller, die zuvor nur eher unvollkommen durch Makeup umgesetzt werden konnte.

Voraussetzung für die Verjüngung waren natürlich erst einmal exakte digitale Modelle der Gesichter der Schauspieler während der jeweiligen Szenen. Die Vorgaben von Scorsese waren streng und machten das ganze zusätzlich schwierig: Kein Motion-Capturing, keine Marker im Gesicht und keine Aufnahmen in einem Motion-Capturing Studio - die fürs De-Aging notwendige Technik sollte möglichst unaufdringlich beim Dreh sein. Oder in den Worten von Robert De Niro:
"Wenn wir das tun, kann ich keine Markierungen im Gesicht haben, ich will keinen Helm mit einer Kamera tragen, ich will keinen grauen Pyjama tragen. Ich möchte am Set sein, mit der natürlichen Ausleuchtung der Szene. Ich will nicht später ohne meine Schauspielpartner in der Szene etwas auf einer Mocap-Bühne aufnehmen."
Deswegen hat das Team des VFX Spezialisten Industrial Light and Magic zwei Jahre an einem Programm (Flux) gearbeitet, welches Objekte (in diesem Fall die Gesichter der Schauspieler) vor der Kamera samt ihrer Textur in 3D-Modelle verwandelt, ohne auf besondere Beleuchtung oder Marker angewiesen zu sein. Die Hardware-Lösung bestand in einem speziellen Drei-Kamera-Rig, bestehend aus einer RED Helium als Hauptkamera sowie zwei, jeweils links und rechts davon angebrachten, für die Infrarotaufnahme modifizierten ARRI Alexa Minis samt ringförmiger Infrarot-Lichter rundum das Objektiv (schön zu sehen auf dem Bild vom Set). Die Bilder dieser drei Kameras wurden in ILMs Flux Software eingespeist, welche daraus digitale Gesichtsmodelle der Darsteller erzeugte, die dann auf die vorher schon erstellten 3-D Modelle der jeweiligen Schauspieler gemappt wurden.

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Im verlinkten Artikel erläutert der Verantwortliche, ILMs Pablo Helman, die eingesetzte Technik genauer. Sie wird in Zukunft wohl öfter eingesetzt werden, da sie jetzt nach erfolgter aufwändiger Entwicklung (speziell der Software) mit weniger Aufwand als bisher am Set während der Aufnahme die Digitalisierung von Gesichtern und damit deren einfache nachträgliche Manipulation ermöglicht. Schauspieler profitieren davon, daß sie in der tatsächlichen Szene in der echten Umgebung mit ihren Partnern ohne Marker im Gesicht spielen und sich somit besser in in ihre Charaktere versetzen können.
Ein Problem hat die eingesetzte Methode allerdings: zwar sehen die Gesichter recht realistisch verjüngt aus, doch es entsteht für viele Zuschauer ein Mißklang in der Wahrnehmung, wenn sich die jungen Charaktere wie die alte Männer bewegen, die sie in Wirklichkeit sind.