O.K. zugegeben, es hat etwas gedauert - aber das Warten hat sich gelohnt.
Slashcam hat gerufen und alle sind sie schließlich gekommen, teilweise von sehr weit her: Die Crème de la Crème in Sachen Video Codec. Das Beste, was die Häuser Real (Real Video 8) Windows (WM 8) und Apple/Sorenson (Quicktime / Sorenson 3 VBR) momentan zu bieten haben, hat sich versammelt, um nach altem Brauch im Wettstreit Codec gegen Codec den Besten auszuloben.
Doch damit nicht genug. Ebenfalls erschienen ist das von vielen sehnsüchtig erwartete Cleaner 5.1 Update, welches uns erst in die Lage versetzt hat, dieses Codec-Turnier auszurichten. Nicht zuletzt wegen dessen hinzugewonnener Fähigkeit nun auch WM8 (nur auf PC) und Quicktime Sorenson 3 Pro mit variabler Bitrate zu encodieren. Für Spannung dürfte also ausreichend gesorgt sein - zumal nie zuvor so hart um die Vorherrschaft im Streaming-Codec-Bereich gerungen wurde wie dieser Tage.
Eine kleine Anmerkung noch: Es gibt natürlich mehr Video-Codecs als diese drei, wie zum Bsp. auch DivX. Doch die strengen Turnierregeln verlangen Streaming-Fähigkeit - eine Eigenschaft, die DivX (noch) nicht bietet.
Genug der Vorrede: Laßet die Spiele beginnen !
Der Aufbau:
Wir haben uns bei der Wahl unseres Test-Setups von "real life" Bedingungen leiten lassen und diese sahen folgende Video-Encoding-Bandbreiten vor: Modem (30Kbit/s), 2xISDN (60 Kbit/s), ADSL (350 Kbit/s). Die theoretischen Bandbreiten liegen für die entsprechenden Übertragungsmodi natürlich höher - sind aber realiter nie konstant erreichbar. Die jeweilige Hälfte schien uns angemessen.
Als Testfiles dienten uns zwei DV-Files. Einmal Nachtaufnahmen vom Potsdamer Platz, um das Codec-Verhalten bei extremen Hell-Dunkel Kontrasten zu testen und zum anderen ein "Timewarp" - also eine 200-fach beschleunigte Videosequenz, um zu sehen, wie die Codecs mit hoher Bewegungsdichte umgehen.
Die Auswertung der Ergebnisse erfolgt zweifach. Einmal als Screenshot-Gallerie, wo ihr euch selbst ein Bild machen könnt und einmal als aufgearbeitete Analyse mit Fazit.
Da sich die Player in ihrer Performance auf unterschiedlichen Betriebsystemen unterschiedlich gut verhalten (böse Zungen behaupten, dass der Real- und der Windows Media Player für Mac weniger gut programmiert / portiert wurden), haben wir unsere Testfiles sowohl auf PCs als auch auf Macs abgespielt. Dies zog zwei Konsequenzen nach sich: Zum einen wurden zwei Bewertungen notwendig, einmal eine PC-Wertung und einmal eine Mac-Wertung. Und zum anderen gibt es eine Flut an Screenshots. Wer´s also ganz genau wissen will, muss sich durch die Screenshots durcharbeiten. Als erstes gibt es also die Screenshot-Gallerien, bei denen die PC-Screenshots den Anfang machen, gefolgt von den Mac-Screenshots.
Pro Absatz findet ihr im direkten Verglech die drei Codecs bei gleicher Bandbreite nebeneinander. Einschränkend muss natürlich noch erwähnt werden, dass dies hier eine Internetseite ist, und die Screenshots keine unkomprimierten Bilder sein können, sondern per JPEG-Kompression runtergerechnet wurden. Da jedoch auf alle Bilder die gleiche Kompression angewandt wurde, unterliegen alle den gleichen Gesetzen und es sind somit relative Vergleiche zwischen den Codecs "absolut" ablesbar:
1. Die PC Screenshot-Gallerie:
a) Kontrast-Test
56K:

ISDN:

ADSL:

b) High-Motion-Test
56K:

ISDN:

ADSL:

2. Die Mac Screenshot-Gallerie:
a) Kontrast-Test
56K:

ISDN:

ADSL:

b) High-Motion-Test
56K:

ISDN:

ADSL:

3. Analyse
Die folgende Analyse trennt wiederum die jeweilige Codec-Performance nach Plattform.
Playback auf PC:
a) Kontrast-Test
Bei unseren PC-Kontrast-Tests gab es bereits die erste Überraschung. Ganz gleich, für welche Verbindungsgeschwindigkeit encodiert wurde, stets schnitt der Windows Media 8 Codec am schlechtesten im Testfeld ab. Die qualitativen Unterschiede zwischen Real und Quicktime sind im Ggs zum Windows Media Player marginal. Wer ganz kritisch schaut, der würde Real einen hauchdünnen Vorsprung einräumen. Da wir die Default-Einstellungen benutzt haben, ist Windows Media 8 unkorrigiert etwas zu hell. Dies bedeutet im Zweifelsfall auch mehr Arbeit für den Codec, da es durch die Helligkeit zu mehr Bildinformationen kommt. Doch auch wenn man hier nachkorrigiert, bliebt der Windows Media Codec hinter Real und Quicktime zurück. Für uns eine Überraschung.
b) High-Motion-Test
Richtig heftig werden die Unterschiede bei unserer High-Motion-Sequenz, obwohl diese in den Screenshots nicht richtig zu sehen sind: Windows Media und Real verlieren nämlich jede Menge Frames bei 56K und bei ISDN, wobei die Fehlerrate bei 56K um einiges höher ist, als bei ISDN. Der klare Sieger bei hoher Bewegungsdichte heisst Quicktime Sorenson 3. Windows Media und Real zeichnen die Bilder weich, um Kompressionsartefakte auszugleichen, Quicktime bleibt relativ scharf, mit akzentuierten Kanten.
Playback auf Mac:
a) Kontrast-Test
Erstaunlicherweise ergibt sich auf dem Mac was den relativen Vergleich der Codecs untereinander angeht fast das gleiche Bild wie beim PC, auch wenn hier Quicktime ganz leicht die Nase vor Real hat: Windows Media 8 bleibt auch hier vergleichsweise weit abgeschlagen zurück. Hinzu kommt die wesentlich instabilere Player-Architektur von Real und Windows Media auf dem Mac, was verdammt ärgerlich ist. Real und Microsoft könnten hier wirklich nachbessern.
Mit steigender Bandbreite nähern sich die Codec immer weiter einander an. Trotzdem bleiben die Unterschiede bei ADSL noch sichtbar.
b) High-Motion-Test
Auf dem Mac dokumentiert der High-Motion-Test die höchste Varianz zwischen den Codecs/Playern. Während bei Quicktime erwartungsgemäß die beste Performance ohne Frameverlust erzielt wird, bleiben Windows Media und Real teilweise 1 Sek. lang stehen, bevor sie wieder ein Paar Frames abspielen, um gleich erneut stehen zu bleiben. Auch hier gilt festzuhalten, dass bei Sequenzen mit hoher Bewegungsdichte Quicktime Sor 3 unangefochten an der Spitze liegt. Ebenso wie beim PC-Playback bessert sich die Framedarstellung mit steigender Bandbreite. Bei ISDN-Codierung gehen nach wie vor Frames verloren. Erst bei ADSL funktionieren alle Player, wobei Quicktime auf Grund der geringfügig höheren Schärfe knapp vor Real liegt.
3. Fazit
Noch nie waren Streaming-Codecs so effizient wie heute. Auch wenn sich Unterschiede, wie gesehen, ablesen lassen: Für die Wahl eines Codecs über einen anderen reichen die Qualitätsunterschiede eigentlich NICHT aus (es sei denn, man hat extrem viel Bewegung in seinem Videomaterial). Wirklich entscheidend bei der Wahl einer Streamingtechnologie sollten bei annähernd gleicher Videoperformance Preis, Handhabung, Verbreitung und Serverlizenzierung sein. Betrachtet man die Kosten, die für die Bereitstellung von Videostreams anfallen, so gewinnen Windows Media und Quicktime, weil weder Microsoft noch Apple für die Streaming-Server-Software einen Obolus verlangen. Real lässt sich hingegen gestaffelt nach parallel abgerufenen Streams seinen Streaming-Server teuer bezahlen. Will man möglichst Open Source bleiben, empfiehlt sich der Streaming Server von Apple, da dieser neben Mac Os 9 und X auch für Linux, Unix/Solaris zur Verfügug steht. Möchte man hingegen beim Encoding Geld sparen, stehen Microsoft und Real auf der Gewinner-Seite, da für den Sorenson 3 Professional Codec immerhin ca. DM 1.000,- zu berappen sind (Könnte allerdings Geld sein, dass man sehr schnell wieder über einen Open Source Server einspielt).
Die Player-Bedienung ist ein weiteres Kapitel: Ein Player, wie der Real-Player, der komplett mit Werbung zugepflastert ist, nervt mich persönlich. Und auch wenn Quicktime momentan stark am aufholen ist: Windows Media und Real bleiben noch die verbreitesten Player.
Encoding-Zeiten können durchaus ein Thema sein: Hier lag beim alten Sorenson Codec ein großes Manko. Oft brauchte er 2 bis 3 Mal so lange wie seine Kollegen von Real und Microsoft. Doch das Sorenson Team hat sich mächtig in´s Zeug gelegt. Für unseren Kontrast-Film brauchten die Codecs folgende Zeiten:
Real: 4 min. Analyzing, 4 min. Encoding = 8 min.
WM: 6 min Encoding (kein Analyzing) = 6 min.
Sorenson: 3,5 min Analyzing, 4,5 Encoding = 8 min
Dass der Windows Media Codec lediglich 6 min gebraucht hat, hängt damit zusammen, dass zwar mit variabler Bitrate encodiert wird, jedoch nicht der gesamte Clip, sondern lediglich von Frame zu Frame Bewegungs-/Farbniveaus analysiert werden. (Vielleicht sollte sich Microsoft hier überlegen, ein Paar Minuten länger zu Gunsten einer höheren Qualität zu encoden/analysieren).
Man sieht, ist gibt eine ganze Menge zu bedenken, wenn man seine Videos in´s Netz bringen möchte. Hoffentlich hat dieser Test ein wenig dazu beigetragen, euch die Entscheidung einfacher zu machen.