Mit dem Erscheinen des Magic Lantern RAW-Hacks kam nun unerwartet frischer Wind in unsere Kamera-Welt. Und damit auch jede Menge Fragen, deren Beantwortung man sich bis jetzt noch mühevoll aus den Foren zusammensuchen muss. Wir versuchen unser bestes und geben einmal besten Wissens und Gewissens Auskunft über den Stand der Dinge:
Was macht Magic Lantern RAW?
Mittels der kommenden Firmware-Erweiterung kann Magic Lantern die Ausgabe vieler Canon EOS-Bildsensoren direkt auf eine Speicherkarte schreiben. Dies sind sozusagen die reinen Sensordaten unkomprimiert und mit der vollen Dynamik von 14 Bit, die real 12 Blendenstufen des Sensors ausgeben können. Dabei entstehen enorme Datenberge. Würde man den Sensor einer 5D Mk3 mit 5760 × 3840 Pixeln komplett auslesen, so entspräche dies bei 24 Frames pro Sekunde einer Datenrate von 886 MB/s. Damit hätte man allerdings dann auch eine 4K RAW-Kamera mit 12 Blendenstufen und Vollbildsensor bei 3:2 Seitenverhältnis. Nun können die Sensoren der unterstützen Canon DSLRS mittels Magic Lantern tatsächlich so schnell ausgelesen werden, nur wohin schreibt man diese Datenberge? 886 MB/s können selbst heutzutage nur die schnellsten SSDs mit PCIe-Anschluss wegschreiben.
Kann man diese Daten nicht komprimieren?
JEIN. Schon bei der h264-Aufzeichnung der Canon Kameras handelt es sich ja um eine Kompression, nur fällt diese mit 8Bit 4:2:0 für viele Anwender zu stark aus. Gerade die Dynamik aber auch die Kompressionsartefakte sind bei der Canon h264-Kompression für viele Anwender zu limitierend, weshalb sie sich viele Anwender eigentlich gar nicht RAW wünschen, sondern nur eine bessere Kompression, die mehr Dynamik-Spielraum und weniger Artefakte bietet.
Doch eine alternative Kompression ist in Software kaum möglich. Bei Canon erfolgt die h264-Kompression durch spezielle Hardware, die man kaum umprogrammieren kann. Nur ein paar Encoding Parameter lassen sich einstellen, aber kein grundsätzlich neues Encoding-Verfahren in Software implementieren. Der Prozessor der Kamera ist schlichtweg hierfür zu langsam. Im Gegenzug ist es möglich neben der RAW-Aufzeichnung auch parallel noch einen h264-Strom zu erzeugen und zu schreiben, weil dieser ja in einem anderen Teil der Kamera entsteht.
Selbst das Wegkappen von einzelnen Bits aus dem RAW-Datenstrom, um beispielsweise nur 12 statt 14 Bits zu schreiben, ist schon viel zu rechenaufwändig. Der einzige Grund, weshalb der RAW-Hack funktioniert, ist weil Canon sogenannte DMA-Controller verbaut hat. Das sind kleine Spezialprozessoren, die nur für das schnelle Verschieben von Speicherbereichen zuständig sind. Und eben einen dieser DMA-Controller kann Magic Lantern nun nutzen, um die nackten Sensordaten auf die Speicherkarte zu lenken. Der Hauptprozessor der Kamera fasst die Daten dabei gar nicht an, kann sie aber auch nicht weiter modifizieren. Darum ist eine Kompression jeglicher Art in der Kamera bis auf weiteres ausgeschlossen. Hier bleibt Blackmagic bis auf weiteres im Vorteil, weil deren Kameras auch leichte Kompressionen anbieten.
Kann man die Daten nicht über HDMI übertragen?
Magic Lantern kann also wirklich nur die Sensor-Daten umlenken. Nur wohin? Am schönsten wäre natürlich der HDMI-Output. Und die Idee ist nicht einmal so abwegig, aber der Weg der Realisierung dagegen steinig bis unmöglich. Denn die HDMI-Schnittstelle bietet grundsätzlich die Möglichkeit ca. 1 Gigabyte pro Sekunde zu übertragen, doch funktioniert der aktuelle Hack nur, weil die Daten wirklich 1:1 über einen DMA-Controller durchgereicht werden. Man kann also nur einen Sensorbereich angeben und dieser wird 1:1 (ohne den Prozessor zu belasten und eben darum so schnell) woanders hin geschoben. Für eine HDMI-konforme Umformatierung der Daten am HDMI-Output fehlt der Kamera schlicht die Prozessorleistung.
Träumer dürfen allerdings vielleicht noch hoffen, dass man die RAW-Daten einfach unformatiert an den HDMI-Port schickt und dort ein speziell programmierter Recorder eines Drittherstellers wartet, der diese dann wieder richtig interpretieren und aufzeichnen kann. Aber auch hier steht angeblich noch viel signalmodifizierende Hardware am Output dagegen. Unmöglich klingt das jedoch nicht.
Also wohin mit den Daten? Auf Speicherkarten?
Am naheliegensten ist es in Ermangelung eines schnellen Interfaces, die Daten auf eine Speicherkarte zu schreiben. Doch natürlich gibt es keine Speicherkarten die 900MB/s schreiben können. Zwar werden diese immer schneller, die verbauten Interfaces sind es jedoch nicht. Das schnellste Interface von allen unterstützen Magic Lantern Kameras hat die Canon EOS 5D Mk3. Auf dem Papier könnte die eingesetzte CompactFlash UDMA7 Schnittstelle 167 MB/s übertragen. In der Praxis wurden bisher knapp 100 MB/s erreicht, was jedoch wahrscheinlich an den aktuell erhältlichen Speicherkarten liegt. Die 5D Mk2 scheint nur maximal 60 MB/s zu schaffen, die APS-C Modelle mit SD-Karten-Slot scheinen ebenfalls nicht über 50-60 MB/s hinaus zu kommen. Somit bleibt die 5D Mk3 das interessanteste Modell (auch noch aus anderen Gründen) für den RAW Hack. Auch weil sie aufgrund ihrer Möglichkeiten als einzige wirklich zu den Blackmagic Modellen in Konkurrenz tritt (s.u.).
Wäre es nicht möglich eine SSD an den CF Port anzuschließen?
Es ist prinzipiell technisch möglich und gerade kursieren im Internet auch diverse Ideen, die jedoch nicht viel Erfolg versprechen. Das Limit bleiben die theoretischen 167 MB/s der CF-Schnittstelle. Und nicht einmal die wird man mit so einer Lösung ausreizen können. Der Grund ist, dass UDMA7 niemals ein PC-Standard war. Schon vorher wurde er durch den SATA-Standard abgelöst, der weitaus größere Transferraten unterstützt. UDMA7 basiert noch auf der PATA (parallel ATA) Schnittstelle, die am PC auf 133 MB/s limitiert war. Es gibt noch vereinzelt PATA-SSDs, jedoch kommen diese auch nicht über 100 MB/s hinaus. Wenn man nun mit CF/PATA-SATA-Konvertern aktuelle SSDs anschließen möchte, so werden diese durch den PATA/SATA-Konverter-Chip auf maximal 133 MB/s beschränkt werden. In der Praxis dürften die effektiven Transferraten durch die Wandlung noch deutlich darunter liegen.
Der optimale Weg ist daher eher die schnellste verfügbare CF-Karte zu nutzen um möglichst nahe an die theoretischen 167 MB/s heranzukommen. Hoffnung bereitet hier gerade die Toshiba EXCERIA PRO CF SERIE , Tests stehen jedoch noch aus, weil die Karte so neu ist.
Wir werden bei Gelegenheit eine Hersteller-Tabelle mit von der Community gemessenen Schreibraten veröffentlichen.
Im nächsten Teil sehen wir uns die Sensor-Crop Möglichkeiten genauer an...