Disneys Lucasfilm hat mit der Hilfe der konzerneigenen Effekt-Schmiede ILM (Industrial Light and Magic) bei dem Dreh der grade sehr erfolgreich gestarteten Star Wars Mini-Serie "The Mandalorian" auf dem neuen Streamingdienst Disney+ erstmals im großen Masstab eine neue Technik bei einem großen Filmprojekt eingesetzt, welche die Filmproduktion revolutionieren könnte - die Echtzeit Visualisierung von Filmsets.
Wie das virtuelle Filmset funktioniert
Mit der Hilfe von hochauflösenden LED Displays wird am Set ein entweder live gerenderter virtueller oder eine vorher z.B. bei einem Außendreh aufgenommene Szenerie - wie etwa eine Wüste oder Berglandschaft - gezeigt, die nicht nur hochauflösend genug ist, daß sie abgefilmt werden kann, sondern zugleich auch eine komplexe realistische Ausleuchtung der Szene samt Schauspielern am Set liefert.
Getestet wurde die Technik, die ILM schon seit Jahren entwickelt und die eine ganze Reihe von Tools für die virtuelle Filmproduktion umfasst, schon davor unter anderem beim Dreh von "Solo: A Star Wars StoryOne". So fand der Hyperspaceflug des Millenium Falcon vor einer Laserprojektion statt, die nicht nur den Schauspielern einen Live-Eindruck des Hyperspace-Fluges verschaffte, sondern auch für detaillierte Reflexe im Cockpit sorgte, die den visuellen Effekt der Szene verstärkten.

Angetrieben wird diese Revolution von Entwicklungen aus der Computerspieletechnik, dem Herz moderner Spiele, der Game-Engine, die es ermöglicht, in Echtzeit komplexe 3D-Szenen und Modelle zu editieren und zu rendern - im Falle von "The Mandalorian" ist es Epics Unreal Engine. So können am Filmset, passend zur Bewegung der Kamera die Hintergründe perspektivisch korrekt in Echtzeit dargestellt werden.
Die Vorteile durch virtuelle Filmsets
Die Technik bringt viele Änderungen und Vorteile für die traditionelle Filmproduktion: so verlagert sich viel Arbeit von der Post- in die Pre-Produktion, da schon in diesem Stadium anhand von 3D-Modellen der Szenen die Drehs einzelner Szenen exakt geplant und so visualisiert werden können wie sie später im Film aussehen werden - inklusive der Auswahl des zu verwendenden Objektivs. Beim Dreh selbst können Production Designer, DOP und Regisseur grundlegende ästhetische Entscheidungen schnell treffen und neue Ideen gleich ausprobieren und müssen nicht auf stundenlange Renderings in der Postproduktion warten, wenn am Design des (virtuellen) Sets etwas geändert werden soll. So können alle im Team ihre Erfahrung einbringen, um optimale Bilder zu bekommen.
Das Filmen von CGI-Szenen wird so viel natürlicher für die ganze Film-Crew und der Dreh unabhängig von den Außenbedingungen - so kann die magische Stunde einen ganzen Tag dauern, beliebig die Farbstimmung noch geändert werden und es drohen keine grauen Wolken mehr bei Szenen für die strahlend blauer Himmel die Bedingung ist. Es werden Dinge möglich, die vorher mit einem echten Set nicht möglich oder durch ihre Kosten realisierbar waren. Dabei können die Hintergründe ebenso live digital manipuliert werden wie virtuelle gerenderte Objekte am Set.
Ein weiterer Vorteil entsteht durch die Einsparung von Kosten: so reicht für viele Szenen eine Kamera die vor Ort Bilder von Hintergründen einfängt und erspart so eine Reise des ganzen Filmteams. So wurde die Anfangsszene von "The Mandalorian " statt mit einem 700-köpfigen Filmteam nur von einem Kameramann in Island gedreht. Diese echte Footage kann mit auch virtuellen Objekten kombiniert werden. Total verändert wird die Produktion auch dadurch, daß das virtuelle Set extrem schnell gewechselt werden von Szene zu Szene und kaum mehr Umbauten mehr benötigt. Auch die Schauspielern profitieren, da sie im Gegensatz zu den sonst verwendeten Greenscreens durch die auch für sie sichtbaren Hintergründe ein besseres Gefühl bekommen für die Umgebung in der sie spielen.
In Zukunft könnten auch aber auch effektlastige Filme mit geringerem Budget von der neuen Technik profitieren, da sie erheblich billigere VFX in Filmen (und eine geringere Produktionszeit) ermöglicht.

ILMs Stagecraft
Lucasfilm traf die Entscheidung, die neue, von ILM Stagecraft getauft Technologie bei der Produktion von "The Mandalorian " auszuprobieren, um zwar ein großes, aber kein zu großes Risiko - wie ein Einsatz bei einem ganzen Star Wars Film - einzugehen. Nachdem sich die Technik bewährt hat; wird die Regisseurin Deborah Chow, die zwei Teile von "The Mandalorian " gedreht hat und von der Technik begeistert ist, auch die nächste Star Wars Mini-Serie "Obi Wan Kenobi" damit produzieren. https://www.slashfilm.com/the-mandalorian-stagecraft/ Hier) erzählt sie mehr über ihre Erfahrungen mit Stagecraft.
Wie realistisch die so gefilmten Szenen im Vergleich zu Greenscreen-Aufnahmen oder echten On-Location Drehs aussehen, kann man selbst in "The Mandalorian" beurteilen (sobald Disney+ auch in Deutschland startet).
Leider gibt es noch keine "behind the scenes" Clips oder Photos von The Mandalorian auf denen die Stagecraft Technik zu sehen ist, deswegen hier ein Clip mit einer ähnlichen Technik - allerdings in einem wesentlich kleineren Maßstab - die wir im August vorgestellt hatten: die Zusammenarbeit von Lux Machina, Profile Studios, Magnopus, Quixel und ARRI mit Epic Games und deren Unreal Game-Engine.
UPDATE 16.02.2020: Jetzt gibt´s auch etwa Behind-the-Scenes Footage von den virtuellen Sets von "The Mandalorian":