Eines, wenn nicht sogar DAS Killerfeature der neuen GH5 liegt in der internen 10 Bit Aufzeichnung. Bei der GH4 musste man hierfür noch einen externen Recorder bemühen und bei der direkten Konkurrenz scheint 10 Bit noch in weiter Ferne. Doch was hat man eigentlich von einer 10 Bit-Aufzeichnung mit 4:2:2?
Was bringen 10 Bit und 4:2:2?
Zuerst einmal muss man hier klar trennen. 10 Bit bedeutet, dass in einem Bild statt maximal 256 Farbnuancen bis zu 1024 Werte pro Farbkanal aufgezeichnet werden können. Es gibt also bis zu 1024 Abstufungen zwischen ganz Hell und ganz Dunkel. Dies ist in erster Linie für Farbverläufe wichtig. Denn wenn hier zu wenig Abstufungen gespeichert werden, treten in Verläufen sichtbare Farbsprünge auf (sog. Posterisation). Da die meisten Fernseher und Displays jedoch nur 8 Bit anzeigen können und bis dato auch keinen sehr hohen Kontrast besitzen, sieht man auf einem normalen Monitor meistens gar keinen Unterschied zwischen 8 Bit und 10 Bit. Will man mit einer Farbkorrektur jedoch nachträglich etwas im Bild verändern, dann wirken die 10 Bit wie eine Reserve. Besonders, wenn man Schatten aufhellt oder den Kontrast in hellen Bereichen verstärkt, merkt man schnell, dass hier in 8 Bit zu wenig Farbnuancen gespeichert wurden. In 10 Bit sind hier noch mehr Abstufungen vorhanden, die man auch durch aufhellen auf einem 8 Bit Monitor sichtbar machen kann.
4:2:2 beschreibt dagegen aus wie viel Farbinformation ein Pixel berechnet wird. Bei 4:2:0 besitzen 4 Pixel unterschiedliche Helligkeitsinformationen, aber die gleiche Farbe. Bei 4:2:2 teilen sich nur 2 Pixel die gleiche Farbe. Und auch hier gilt, dass man nur in sehr komplexen Mustern auf einem Monitor einen Unterschied zwischen 4:2:0 und 4:2:2 erkennen kann. Vor allem bunte Kanten werden dabei exakter wiedergegeben. Bei einer extremen Farbkorrektur in der Post können solche Farbauflösungs-Defizite ebenso deutlicher hervortreten.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass 10 Bit 4:2:2 in erster Linie für die Nachbearbeitung wichtig ist, wenn man ein Bild (oder meistens nur Teile davon) noch einmal kräftig verbiegen will. Was natürlich auch das Filmen mit V-Log L einschließt.
Die GH5 und die 10 Bit Anomalie
Wenn man das Verhalten an der GH5 studieren will, stößt man erstmal auf ein Problem, das sich schon in unserem ersten GH5 Sensor-Artikel angedeutet hat: In V-Log L scheinen Schwarzwert und Weißpegel je nach Aufnhameformat (8 Bit 4:2:0 oder 10 Bit 4:2:2) unterschiedlich. Da sich diese Werte in V-Log jedoch nicht frei setzen lassen, sondern normiert und in der GH5 unveränderbar sind, muss einer der beiden Pegel falsch sein. Dachten wir zuerst. Doch das Problem liegt ganz woanders:
Da das aktuelle Resolve noch nicht in der Lage ist, die 10 Bit-Files unserer GH5 zu lesen, müssen wir für unsere Betrachtungen Premiere Pro CC 2017 mit seinen Scopes nutzen. Hier einmal die von uns gemessenen Werte in den beiden Profilen, einmal mit angewandter V-Log LUT und einmal ohne.

Wie man sieht, liegen Schwarz- und Weißwert zwischen den Profilen deutlich auseinander. Doch welcher nun der richtige ist, ist gar nicht so leicht zu sagen: Denn sieht man in Panasonics Whitepaper zu V-Log und V-Log L so findet man dort als minimalen Schwarzwert für (0% reflectance black): 32 / 128 / 7.3 % IRE. Ein Wert, den hier kein Profil trifft, der jedoch deutlich näher am 8 Bit 4:2:0-Profil liegt. Umgekehrtes beim maximalen Weißwert: Dieser sitzt im 10 Bit 4:2:2-Profil mit 205 / 820 / 80 % IRE quasi perfekt und liegt in 8Bit / 4:2:0 deutlich darunter.
Wer sich nun auf diese Zahlen stützt, kann eigentlich nur zu einem Schluss kommen: In mindestens einem der Profile scheint nicht V-Log (L)-Konform aufgezeichnet zu werden. Das Problem riecht dabei irgendwie nach Full-Swing und Studio-Swing, also hatten wir ursprünglich darauf getippt, dass Panasonic hier vielleicht für das Decoding ein Flag falsch schreibt. Da sich der Unterschied auch unter After Effects zeigt, ist dies wohl eine naheliegende Vermutung.
Doch erst ein weiterer Versuch mit dem MPC-HC (Media Player Classic - Home Cinema) brachte uns auf die Idee, dass es sich vielleicht auch um kollektives Versagen der gängigen MPEG4-Decoder handeln könnte. Denn diese bekamen bis dato ja noch von kaum einem Hersteller echte 4:2:2 10 Bit Aufnahmen zum testen. Vor wenigen Wochen konnte der MPC-HC auf jeden Fall noch keine 10 Bit GH5 Files korrekt abspielen, doch seit kurzem funktioniert dies ohne Probleme. Und nicht nur das. Dort sehen sehen die 8 und 10 Bit Files der GH5 auch nicht unterschiedlich aus, wie folgender Screenshot unseres Desktops demonstrieren kann:

Also haben wir auch mal auf dem Mac geschaut, was hier vor sich geht. Und dort gibt es noch mehr Verwirrung zu erleben. Denn DaVinci Resolve kann unter OSX die 10 Bit Files der GH5 lesen, liefert aber noch einmal zwei völlig andere Wertepaare für Weiß- und Schwarzwert zwischen 8 und 10 bit ab. Und die 8 Bit Werte unterscheiden sich auch noch einmal von denen der PC-Version. Konsistent geht es dagegen unter Final Cut Pro X zu. Hier sind 8 und 10 Bit Versionen im Histogramm und Waveformonitor praktisch nicht zu unterscheiden. Doch für das 10 Bit-Problem kann Final Cut Pro auch nicht weiterhelfen, da es in seinen Messinstrumenten keine 8 und 10 Bit Werte sondern nur Prozentangaben anzeigt. Kurz gesagt: Bevor die gängigen Software-Programme die 10 Bit GH5 Files nicht zuverlässig interpretieren können, erscheinen uns technische Aussagen zu 10 Bit V-Log grundsätzlich verfrüht.
Die GH5 in der 10 Bit Praxis
Dass das interne 10 Bit 4:2:2 Profil in der Nachbearbeitung deutliche Vorteile bringt, lässt sich jedoch schon heute zeigen. Hierfür haben wir beide Files in einem After Effects 32 Bit Floating-Point-Projekt nebeneinander gelegt:

Wie man gut erkennen kann, sehen die beiden Clips trotz identischer Aufnahmeparameter unterschiedlich aus.
Wir haben daher in After Effects Schwarz und Weißwert des 10 Bit-Materials an den 8 Bit Clip weitgehend angepasst:

An dieser Stelle müssen wir uns einmal mehr über After Effects wundern, dass es hier nach wie vor kein schnelles und exaktes Histogramm oder Waveform-Display zur Bildkontrolle gibt. Einzig über Color Finesse kann man die Pegel exakt kontrollieren, doch dafür muss man immer in die Plugin-Oberfläche wechseln, die wiederum einen bequemen Angleich bei 2 Clips nicht vorsieht. Und da sich Schwarz- und Weißwert in After Effects nur in Prozentangaben einstellen lassen, mussten wir an dieser Stelle “Pi mal Daumen” arbeiten. Für einen Bildvergleich genügt es dennoch. Denn nun haben wir einmal beide Clips in den Kurven stark abgesenkt:

Und hier zeigt sich der Vorteil der internen 10 Bit Aufzeichnung dann schnell und deutlich: Wie man klar an den Backen und der Stirn unseres Puppenkopfes erkennen kann, zerfällt das 8 Bit Material komplett, sobald man etwas extremer in die Farbkorrektur geht.
Wir haben auch schon einen Vergleich mit der GH4 gemacht, der nach starkem Grading zu ähnlichen visuellen Ergebnissen kommt:
Fazit
Ob es nun das 4:2:2-Chroma-Subsampling, die 10 Bit-Farbauflösung oder beides ist: In der Nachbearbeitung wird der Vorteil gegenüber 8 Bit 4:2:0 überdeutlich. Gerade mit V-Log L sollte sich die GH5 hier in der Nachbearbeitung gut ausreizen lassen. Doch Adobe und Blackmagic patzen hier noch ganz offensichtlich, weshalb wir noch keine verlässlichen Aussagen zur 10 Bit Qualität der GH5 in V-Log machen können.
Nachdem es auch Programme wie FCPX oder den MPC-HC gibt, die insofern korrekt arbeiten, dass sie keine Helligkeits- oder Farb-Unterschiede zwischen den Clips zeigen, ist zu vermuten, dass die 10 Bit-Probleme nicht im Verantwortungsbereich von Panasonic liegen. Was Panasonic auf jeden Fall verbessern könnte, wäre eine eindeutige Aussage, ob denn die offizielle V-Log LUT für die Varicam auch für die GH4 und die GH5 gilt. Denn diese Frage stellt sich spätestens dann, wenn die Softwarepakte die 10 Bit Files der GH5 korrekt einlesen können.