Test Panasonic G70 - Halbe GH4 zum halben Preis?

Panasonic G70 - Halbe GH4 zum halben Preis?

Die nur knapp halb so teure G70 von Panasonic hat viele Funktionen der GH4 geerbt, die viele Filmer ansprechen dürften. Was fehlt und was geht?

Der erste Kontakt mit der Kamera dürfte sich für Panasonic-Veteranen sehr vertraut anfühlen. Allerdings weckt die G70 nicht die Erinnerung an eine GH4, sondern an deren Vor-Vorgängerin, die GH2, welche deutlich kompakter ausfiel. Bei dieser Gelegenheit wird man an einen der großen Vorteile des MicroFourThirds-Formates erinnert, nämlich dass Kameras und Optiken immer deutlich kompakter ausfallen durften, als bei den APS-C und Vollformat-Schwestern. Doch in Zeiten, in denen mittlerweile eine Vollformat Sony A7s schon kleiner als eine Panasonic GH4 daherkommt, kann eine G70 damit auch keine echten Größenmaßstäbe mehr setzen. Denn selbst die G70 ist mittlerweile kaum kleiner als die besagte Sony A7s. Aber immerhin deutlich günstiger…




Halbe GH4, halber Preis?

Mit ca. 600 Euro Internet-Gehäusepreis kostet die G70 nur rund die Hälfte einer GH4, beherrscht aber ebenfalls die interne 4K-Aufnahme. Eine günstigere 4K-Kamera mit Wechselobjektiven ist daher aktuell wohl nirgendwo zu bekommen. Sowohl im eigenen Hause als auch bei Konkurrenz gibt es gerade nirgendwo 4K-Filmoptionen mit Wechseloptik unter 1.200 Euro zu erstehen. Und selbst Kompakt-Kameras mit fester Optik und großem Sensor sind noch immer kaum unter der 1.000 Euro Preismauer zu finden, wenn sie auch das Filmen in 4K beherrschen sollen. Einzig die Panasonic DMC-LX100 spielt hier mit ca. 600 Euro Internetpreis in der selben Preisliga wie die G70, doch dazu später mehr.





Bedienung

Die Bedienung der Kamera geht für Filmer mehr als in Ordnung. Blende und Belichtungszeit sind im manuellen Modus über zwei verschiedene Räder für Daumen und Zeigefinger direkt einstellbar. Und die ISO ist auch nur einen Tastendruck entfernt. Allerdings ist das Zeigefingerrad (für die Blende) direkt um den Auslöser platziert ist, weshalb man hier leicht die Blende unabsichtlich verändern kann. Und leider hat die G70 auch das gewöhnungsbedürftige, weil äußerst träge Start-Stop-Verhalten der Auslösetaste von ihren filmenden Geschwistern geerbt.



Die Panasonic G70 bietet viele Funktionen der GH4 in einem kompakteren Gehäuse.
Die Panasonic G70 bietet viele Funktionen der GH4 in einem kompakteren Gehäuse.


Ziemlich üppig erlaubt die G70 nicht weniger als 5 Buttons auf der Außenhaut frei zu belegen, dazu kommen noch weitere frei definierbare virtuelle Buttons die über den integrierten Touchscreen bedient werden können. Das Display fällt dabei mit ca. 1 Mio Subpixeln nur durchschnittlich scharf aus, der OLED-Sucher mit fast 2,4 Mio Subpixeln wirkt dagegen deutlich knackiger. Das Zusammenspiel aus der variablen Sucher/Display-Vergrößerung mit dem Peaking lässt die G70 ziemlich treffsicher auch in 4K fokussieren.



Ein frei pegelbarer Mikrofon-Anschluss ist neben dem integrierten Mikrofon via Mini-Klinke vorhanden. Ein Kopfhöreranschluss wurde dagegen nicht integriert.








Film-Optionen in 4K

Im Filmmodus können ISO-Einstellungen von 200 bis 6400 genutzt werden, die den Sensor gut ausreizen. Selbst bei ISO 6400 gelingen dabei noch teilweise akzeptable Aufnahmen, besonders wenn man nach FullHD herunterskaliert. Ab ISO1600 abwärts kann die G70 dann sogar höchst anspruchsvoll glänzen. Besonders, wenn man ihr die entsprechenden lichtstarken Festbrennweiten gönnt.



Quasi passend zum Preis der G70 liefert Panasonic seit November 2015 auch endlich seine neue Standard-Brennweite (Lumix Objektiv G 25mm 1.7) aus, die im Internet schon deutlich unter 200 Euro zu haben ist. Damit liegt hiermit nun der Kombipreis für eine lichtstarke Standardbrennweite plus 4K-Kamera unter 800 Euro. Wir fänden es nicht überraschend, wenn Panasonic bald ein Kit dieser beiden Komponenten im 700 Euro Preissegment platzieren würde.



Sollte sich die 25mm/1.7 Optik von Panasonic in kommenden Tests nicht als sonderlich gut herausstellen, können wir Einsteigern auch das Olympus M.Zuiko digital 25mm 1.8 Objektiv an Herz legen, das für ca. 300 Euro in diesem Preisbereich auf jeden Fall hervorragende Leistungen bietet.



Professionelle MFT-Linsen wie das Voigtländer Nokton 25 mm f/0.95 sind dann die echten Schmankerln für MFT-Systemkameras, kosten allerdings alleine schon deutlich mehr als das G70 Gehäuse. Daher würden wir experimentierfreudigen Anwendern eher einen günstigen Focal Reducer und etwas sorgfältig gewähltes Altglas für die G70 empfehlen. Hiermit kann man ebenfalls günstig zu sehr lichtstarken Kombinationen gelangen, die dann allerdings nicht mehr so kompakt wie die typischen MFT-Festbrennweiten ausfallen.




Alternative LX100?

Wer dagegen überhaupt nicht plant mit Objektiven unter einer Blende von 2,8 zu arbeiten, sollte stark überlegen, ob in diesem Fall nicht die kompakte Panasonic LX100 die bessere Wahl darstellt. Diese hat einen ähnlich großen Sensor und eine ziemlich bemerkenswerte Fixoptik mit 24-75mm kleinbildäquivalenter Brennweite verbaut, die sogar optisch stabilisiert ist.





Unterschiede zur GH4

Im Gegensatz zu ihrer großen Schwester GH4 und anderen MFT-Kameras von Panasonic muss die G70 bei der 4K Aufnahme kaum croppen sondern kann fast die gesamte Sensorfläche für Filmaufnahmen nutzen. Wir schätzen den effektiven Crop-Faktor auf ca. 2,1. Echte 4K-Aufnahme mit 4096 Horizontalpixeln beherrscht sie dabei nicht, jedoch die deutlich geläufigeren 3840 Pixel mit 24 oder 25 Bildern pro Sekunde bei 100 Mbit/s Datenrate.



Das berühmt, berüchtigte neue V-Log Profil der GH4 bringt die G70 nicht mit, aber immerhin Cinelike D und V für eine etwas filmähnlichere Dynamik bei der Aufnahme. Bemerkenswert ist auch, dass ihr ein cleaner HDMI-Output in 4K gelingt. Allerdings nur in 8 Bit - genau wie auch bei der internen Aufzeichnung. Gerade für die Nachbearbeitung kann der 8 Bit Luminanzpegel zwischen 16-255 und 0-255 gewählt werden. Die für Sendezwecke “sicheren” 16-235 (wie bei der GH4) sind jedoch nicht im Menü zu finden. Allerdings lässt sich das Signal auch später im Schnittprogramm bei Bedarf limitieren.



Auch sonst sind erstaunlich viele, professionelle Funktionen der GH4 in der G70 wiederzufinden. So gibt es neben einem Histogramm und Zebra (50%-105%) auch Peaking sowie eine äußerst reaktive Displaylupe.



Im direkten Vergleich dürften vor allem Profis ein paar GH4-Funktionen vermissen: Neben den besagten 10 Bit HDMI-Ausgabemöglichkeiten fehlt auch die Kompatibilität zum YAGH-XLR/SDI-Adapter sowie ein Kopfhöreranschluss. Auch fehlt eine MOV-Container-Aufzeichnung, stattdessen funktioniert ausschließlich die MP4-Aufnahme, was aber qualitativ prinzipiell ziemlich egal ist. Beide Container-Formate enthalten die gleichen h.264-Daten.



Man findet weiters keine Profi-Bildeinstellungen vor (wie Master Pedestrial/Black-Level etc). sowie keine Slow-Motion in FullHD. Das wars dann aber auch schon mit den funktionalen Unterschieden. Das Gehäuse der G70 wirkt zudem deutlich weniger wertig, jedoch leidet die eigentliche Bedienung der Kamera hierunter nicht.



Die Akkulaufzeit liegt zwar nicht ganz auf der Niveau einer GH4 ist aber immer noch beachtlich. Selbst bei fast durchgehender 4K Aufnahme kamen wir gut auf eine Stunde, ohne Aufnahme dürfte im Vorschaubetrieb noch weitaus mehr drin sein. Und auch bemerkenswert: Der Akku leert sich auch über mehrere Wochen nicht, wenn der Kamerasschalter auf Off steht. Das ist heutzutage nicht bei allen Herstellern eine Selbstverständlichkeit.





Bildqualität

In unserem 4K-Schärfechart sieht man, dass die größere Crop-Fläche der G70 auch beim Debayering gut zu Gesicht steht. So liefert sie sogar noch einen kleinen Tick mehr Details bei gleichzeitig etwas weniger Artefakten als die GH4:



Die Panasonic G70 im slashCAM 4K-Schärfetest.
Die Panasonic G70 im slashCAM 4K-Schärfetest.


Solange man also auf V-Log oder ausgefallene Bildeinstellungen verzichten kann, liegt sie in der Schärfeabbildung sogar einen Hauch vor der GH4.



Bei 1200 Lux können die Bildcharakteristika ja weitgehend Anwender frei bestimmt werden, weshalb wir uns diesmal für das Cinelike D Profil mit heruntergeregelten Details entschieden haben. Hierbei bleiben die meisten “heißen” Farben gut im Zaum.



Die Panasonic G70 bei 1200 LUX, ISO200, Blende 5,6, 1/50s in Cinelike D
Die Panasonic G70 bei 1200 LUX, ISO200, Blende 5,6, 1/50s in Cinelike D




Bei wenig Licht hatten wir durch die freie Objektivwahl mal wieder die Möglichkeit ein adaptiertes Zeiss Planar 1,4/50 bei Offenblende zu nutzen. Und hierbei sieht man schön, dass gerade bei MFT-Sensoren die zusätzlichen 2-3 Blendenstufen gegenüber Standardoptiken enorme Unterschiede machen. Schon bei 3200 ISO war unser Testaufbau eigentlich schon hell genug belichtet, wobei sich ungewollte Unschärfen und Rauschen noch dezent zurückhalten:



Die Panasonic G70 bei 12 LUX, ISO3200, Blende 1,4, 1/25s in Cinelike D
Die Panasonic G70 bei 12 LUX, ISO3200, Blende 1,4, 1/25s in Cinelike D


An eine A7s kommt die G70 damit zwar noch nicht ganz heran, jedoch lässt sich so mit einem F1.4 Objektiv schon gegebenenfalls mit sehr wenig zusätzlichem Licht arbeiten.





Fazit

Wer mit Wechselobjektiven günstig in die 4K Filmerei einsteigen will, bekommt mit der der G70 schon eine ganze Menge geboten. Gerade die Kombination aus dem zeitnah lieferbaren 25mm/1.7 mit dieser Kamera dürfte für ca. 800 Euro ein potentes 4K-Paket abgeben, mit dem sich schon so manches Projekt stemmen lässt. Denn gerade wechselbare, lichtstarke Festbrennweiten liefern den entscheidenden Vorteil gegenüber der hauseigenen LX100. Diese wirft dagegen sogar noch einen Bildstabilisator in die Waagschale und bringt einen echten Größenvorteil ins Spiel, was beides auch nicht zu verachten ist.


Viele gegenüber der GH4 fehlenden Features benötigen dagegen -wenn überhaupt- nur fortgeschrittene Filmer. Dafür gibt´s bei der G70 im direkten Vergleich sogar eine marginal bessere 4K Bildqualität sowie das kompaktere Gehäuse.


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