Während man mit Apples iMovie, Windows Movie Maker oder Avids FreeDV sogar kostenlos akzeptable DV-Videobearbeitung betreiben kann, gibt es weiterhin einen Markt für günstige Schnittprogramme. Was darf man für den Aufpreis bei Magix Video Deluxe 2004/2005 erwarten?

Eigentlich dachten wir, dass Magix uns mit der neuen Version von Video Deluxe kaum noch überraschen kann. Schon bisher ließ das Produkt beim Funktionsumfang und der Bedienung alle Konkurrenten im Regen stehen. 16 Video- und Audio Spuren, unzählige mehr oder weniger sinnvolle Effekte und eine sehr potente Audiosektion lassen echtes Profi-Feeling aufkommen. Dabei bleibt das Programm von Anfang an leicht zu bedienen, alle komplexeren Funktionen verbergen sich hinter sinnvollen Schaltern. Ein Beispiel: Für Anfänger gibt es eine vereinfachte Storyboard-Ansicht, Profis schalten dagegen mit einem Mausklick auf die professionelle Timeline um. Dazu gibt es didaktisch gut aufgebaute Video-Tutorials, die auf Wunsch auch gleich nach dem ersten Programmstart abgespielt werden. Leichter kann man kaum in ein Programm eingeführt werden. Besonders loben wollen an dieser Stelle die Installation des Programms. Es verlangt vom Anwender nicht einmal die Eingabe einer Seriennummer. Im Vergleich zur umgreifenden Registrierungssucht vieler Firmen eine angenehme Ausnahme.
Echtzeit
Video Deluxe versucht immer alle Effekte und Compositings in Echtzeit abzuspielen. Mit dem beigelegten Democlips lassen sich auch mehrere Spuren mit einigen Effekten in Echtzeit abspielen, ohne dass ein zeitgemäßer Rechner in die Knie geht. Allerdings sind diese Clips auch nur im Viertelbild-Format vorhanden. Bei echtem DV-Material kam unser etwas älterer Testrechner (Pentium 4 mit 2 GHz , 512 MB Ram) schnell an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Dennoch blieb das Programm selbst immer äußerst reaktiv, so soll es sein. Die Performance würden wir subjektiv mit dem neuen Premiere Pro gleichsetzen. Nur mit dem Unterschied, dass Magix seine Schnittlösung gar nicht als Echtzeit-Schnittprogramm bewirbt.

Der wahre Clou an der neuen Version scheint der Marketingabteilung von Magix gar nicht aufgefallen zu sein. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie diese Funktion nicht als absolutes Killerfeature herausstellen: Denn Video Deluxe beherrscht ab sofort die Echtzeitvorschau über fast jede beliebige Grafikkarte mit TV-Out, solange diese den sogenannten Overlay-Modus beherrscht.
Da die Grafikdaten hierbei einfach nur von der Grafikkarte kopiert werden, tritt dadurch auch keinerlei Performance-Verlust auf. Denn der Prozessor wird dadurch nicht zusätzlich belastet.
Bei anderen Programmen wird zur Vorschau meistens Firewire genutzt, wodurch der Prozessor das Videobild noch einmal encodieren muss. Dies zieht in der Regel einen deutlichen Leistungsverlust nach sich. Nun ließe sich einwenden, dass Magix seine Vorschau nur im Viertelbild-Modus anbietet. Doch auch Programme wie Avid Xpress oder Premiere Pro arbeiten mit solchen Tricks. Und wer will kann auch bei Magix eine Vorschau in voller Auflösung einstellen.
Breitwand
Die Bearbeitung von „echtem“ 16:9-Material funktionierte sofort einwandfrei. Mischt man Clips in der Timeline mit normalem 4:3-Material fragt das Programm sofort nach, in welchem Format es weiterarbeiten soll. Ansonsten schaltet es in den geometrisch korrekten Fenstermodus (1024 x 576 Pixel, bzw verkleinerte Ansichten davon).
Ein Kritinkpunkt bei der letzten Version war die Verwaltung von Keyframes. In der Standard-Version hat sich hieran auch nichts geändert. In der 100 Euro teuren Plus-Variante ist dagegen ein neuer Keyframe-Animator hinzugekommen. Auf den ersten Blick schien dieser jedoch auch keine deutlichen Verbesserungen gegenüber der Vorgänger-Version zu besitzen. Das lag in erster Linie daran, dass wir nun einmal die klassische Methode, Keyframe-Kurven von Hand zu bearbeiten gewöhnt waren (wie sie in Premiere Pro oder After Effects üblich ist). Diese Vorgehensweise beherrscht Video Deluxe zwar ebenfalls, aber aufgrund der unveränderbaren Spurgröße ist dies allerdings eine sehr fummelige Arbeit.
Nachdem wir uns jedoch etwas in die Arbeitweise des Keyframe-Animator eingewöhnt haben, müssen wir neidlos anerkennen, dass dieser alternative Weg äußerst gelungen ist. Man hat sofort Zugriff auf jeden Effekt, springt mühelos zwischen einzelnen Keyframes hin und her und behält dabei auch noch die perfekte Kontrolle am laufenden Video.

Was fehlt?
Doch ganz kritiklos können (und wollen) wir das Programm natürlich nicht wegkommen lassen. Erstens ist die Auswahl der keyframebaren Effekte nicht sonderlich groß und zweitens liegen nicht alle Effekte auf professionellem Niveau. Der Keyer besitzt für DV-Material keine spezielle Kantenglättung und auch sonst recht wenig Einstellmöglichkeiten. Und auch der Farbkorrektur fehlen professionellere Einstellmöglichkeiten wie Graduationskurven oder Farbräder. Außerdem könnten wir noch bemängeln, dass die Composting-Möglichkeiten etwas eingeschränkt sind: Kaum Überlagerungs-Modi (wie Addition oder Mulitplikation) oder eine Maskenkontrolle. Dabei vergisst man jedoch leicht, dass dieses Programm ja eigentlich gar nicht direkt mit 500-Euro-Programmen konkurriert. Was jedoch wirklich fehlt ist eine Möglichkeit Bilder beliebig im 3D-Raum zu drehen.
Bei den Videoformaten gibt sich Magix sehr professionell. Es gibt kaum ein Format, welches nicht im- oder exportiert werden kann. Auch das DVD-Authoring ist gut ausgestattet und reicht mit Sicherheit für viele Projekte völlig aus.

Dazu gibt es zusätzliche Extras, die sich sonst kaum in anderen Schnittprogrammen finden: Beispielsweise ein Anti-Ruckel-Filter, der verwackelte Aufnahmen stabilisieren kann.
Außerdem lässt sich das Programm als digitaler Videorecorder mit Timer-Funktion zur Aufzeichnung von TV-Aufnahmen nutzen, neuerdings werden sogar diverse DVB-Karten für den digitalen Empfang unterstützt. Dazu gibt es jede Menge Soundloops und Vorlagen, mit denen man sofort loslegen kann. Und für die ganz Faulen bietet das Programm sogar eine automatische Schnittfunktion, die Filmschnipsel nach verschiedenen Genres zusammenstellt.
Fazit
Magix Video Deluxe kann in vielen Bereichen mit weitaus teureren Programmen konkurrieren und setzt mit innovativen Features wie dem Keyframe-Animator oder der problemlosen Preview via TV-Out wirklich neue Akzente im Bereich aktueller Videotechnologie. Dass es dabei den Einsteiger nicht aus den Augen verliert ist um so erstaunlicher. Denn die Bedienung des Programms kann durchwegs auch auf einfachem Niveau erfolgen und dank vieler One-Drop Spezial-Effekte kommt man auch ohne Profi-Know-How schnell zu effektgeladenen Videos. Dazu ermöglichen die beigelegten Video-Workshops einen schnellen Einstig ohne Handbuch.
Man fragt sich unwillkürlich, was Magix eigentlich noch besser machen kann. Die Antwort lautet: Mehr Effekte, die man durch Keyframes steuern kann (besonders eine 3D-Bewegung), mehr Parameter bei den Effekten und eventuell noch ein paar Compositing-Möglichkeiten. Dazu vielleicht noch alle Effekte unter ein einheitliches Bedienkonzept stellen. Allerdings sähe es dann für viele Schnittprogramme jenseits der 500 Euro-Preismauer bitter aus.
Doch schon die jetzige Version von VideoDeluxe ist derart mächtig, dass viele Anwender kaum an die Grenzen des Programms stoßen dürften. Stellt sich nur noch die Frage für welche Version man sich entscheiden sollte. Einsteiger können bedenkenlos zur Standard-Variante greifen. Wer wirklich professionell Arbeiten will, sollte sich allerdings den Keyframe-Animator nicht entgehen lassen, und die große Plus-Version wählen. Dafür gibt es dann 32 statt 16 Audiospuren, jede Menge Multimedia-Klimbims und von uns einen Kauftipp obendrauf.
Magix Video Deluxe 2004/2005Preis: 59 Euro (Plus-Version: 99 Euro) |
+Professionelle Bedienung |
+TV-Out-Vorschau |
+Üppiger Funktionsumfang |
-Manche Effekte nicht „professionell“ |
-Keine 3D-DVE |