Sony erweitert mit der FDR-AX100 sein 4K-Portfolio nach bekanntem Schema. Wie schon bei früheren Format-Einführungen (vor allem MiniDV und HDV), wurde nach dem ersten, semiprofessionellen 4K-Henkelmann (FDR-A1) einige Monate später ein gehobenes Consumer-Top-Modell nachgereicht. Doch gegenüber ähnlichen Einführungen in der Vergangenheit, trifft die FDR-A100 diesmal auf ein bedeutend anderes Marktumfeld. Auch die Kamera selbst ist gegenüber den großen Modellen deutlich anders konzipiert, was teilweise sogar dazu führt, dass sie diese in manchen Disziplinen sogar hinter sich lässt.

So ist der verbaute Sensor mit rund einem Zoll deutlich größer als bei den bisher von Sony entwickelten Semi-Profi-Modellen FDR-AX1 und PXW-Z100. Mit der Folge, dass die subjektive Bildqualität der FDR-AX100 deutlich besser ausfällt, als bei den teuren Geschwistern. Auch die Ausstattung ist bei diesem Gerät mit 3-fachem ND-Filter, Objektivring sowie kompletten manuellen Einstellmöglichkeiten über Gehäuse-Taster und Rädchen nicht gerade als unprofessionell einzustufen.
Gegenüber echten Profi-Modellen muss sich die FDR-AX100 innerhalb des Sony-Portfolios folglich irgendwie deutlich absetzten, was Sony durch eine 8 Bit Codec-Limitierung, relativ niedrige 4K-Datenrate (ca. 60 Mbit), ein fest verbautes, nicht sonderlich lichtstarkes Objektiv sowie die Abwesenheit justierbarer (Log-)Bildprofile auch gelingt.
Doch genau diese fehlenden Punkte könnten diesmal dafür sorgen, dass Sony mit dieser Marktstrategie zur 4K Einführung keine so großen Erfolge einfahren wird. Denn erstmals in der von uns erlebten Camcorder-Geschichte gibt es schon beachtliche Konkurrenz, wenn Sony dieses mal den relativ jungen 4K-Consumer-Markt betritt.
So ist das wahrscheinlich relativ zeitgleich lieferbare Panasonic GH4-Gehäuse nicht nur 500 Euro günstiger, sondern besitzt einen noch größeren Sensor mit wechselbaren Objektiven. Dies bedeutet deutlich mehr Flexibilität in jeder Hinsicht. Im optischen Micro Four Thirds Optionsfundus warten u.a. cinematische Schmakerl wie die Voigtländer Noktons oder Metabones Speedbooster. Dazu besitzt die GH4 zwei Log-ähnliche Bild-Profile, was sie mit Canons Cine-Cams und Sonys CineAlta Modellen gemein hat. Und für die semiprofesionellen Beschränkungen wie interne 8 Bit Aufzeichnung oder fehlende XLR-Audio-Eingänge bietet die Panasonic GH4 auch einen möglichen Upgrade-Pfad mit optionalem Zubehör (DMW-YAGH). Kurz: Gegen diese Konkurrenz für 1500 Euro muss die FDR-AX100 von Sony für rund 2000 Euro erst einmal bestehen. Das ist auch der Grund, weshalb wir die GH4 in diesem Test wo schon möglich zu einem Vergleich herangezogen haben.
Auf den ersten Blick kann Sony beim integrierten Objektiv punkten. Bei einer Anfangsblende von F2.8 (bis F4.5) und 12-fach Zoom bekommt man zusätzlich einen optischen Bildstabilisator mitgeliefert. Doch für diesen Camcorder-typischen Einsatzbereich hat Panasonic sein 14-140mm mit Anfangsblende F3.5 im Programm, das ebenfalls bildstabilisert ist und ungefähr die gleichen optischen Basiseigenschaften aufweist. Selbst die leicht geringere Anfangsblende von F3.5 ruft am größeren MFT-Sensor eine nahezu identische Tiefenschärfeanmutung hervor. Ob es wohl Zufall ist, dass Panasonic eben genau dieses Objektiv im Kit mit der GH4 für den Sony Preis von 2.000 Euro anbietet? So bestückt sind beide Kameras mit ca. 800 Gramm im übrigen sogar ziemlich gleich schwer. In einem kurzen Praxis-Vergleich schlug sich das Panasonic Objektiv jedoch in der Stabilisierungsleistung subjektiv tatsächlich etwas schlechter, als der integrierte Sony Bildstabilisator. Im Weitwinkel-Kleinbildäquivalent von Sonys 29 mm gegenüber ca. 32,5mm bei dem Panasonic Objektiv im 4K Modus schenken sich die Kontrahenten relativ wenig.
Für schöne Bokeh-Aufnahmen ist die Blende der beiden Optiken nicht groß genug. Dies ist definitiv dem großen Zoom-Bereich geschuldet. Uns persönlich hätte an der Sony das Objektiv der DSC-RX100 besser gefallen, das mit F1,8 dort an praktisch dem gleichen Sensor arbeitet. Alternativ wäre auch schon die durchgehende Blende der DSC-RX10 schön gewesen. Solche Entscheidungen stehen dem Anwender bei der GH4 aufgrund der wechselbaren Optik frei.
Formate und Datenraten
Bei der prinzipiell guten Bildqualität fühlt sich Sony offensichtlich gezwungen, dem Consumergerät keine allzu großen Speichermengen zu gönnen. So limitiert die FDR-X100 bei der XAVC S 4K-Aufzeichnung den Datenstrom auf ca. 60 Mbit/s. Da es sich hierbei noch nicht um einen h.265/HEVC-Codec handelt, ist dies ungefähr einem AVCHD FullHD-Strom mit 15 Mbit/s vergleichbar. Für manch bewegte Details etwas knapp bemessen. In FullHD dürfen dagegen bei XAVC S bis zu großzügigen 50 Mbit/s aufgezeichnet werden.
Panasonic ist in dieser Richtung deutlich offener. So dürfen es bei der GH4 in 4K immerhin 100 Mbit/s sein, bei FullHD sogar 200 Mbit/s. Slow Motion kann die Sony FDR-AX100 zwar bis 120 FPS, jedoch nur mit 720p. Auch hier übertrumpft die GH4 mit 1080p-Auflösung bei 96 fps.
50/60p in 4K beherrscht indes keines der Modelle. Dies bleibt also bis auf weiteres den Semiprofis FDR-A1 und PXW-Z100 jenseits der 5.000 Euro vorbehalten. 4K heißt bei der FDR-AX100 übrigens immer 3840x2160 UHD-Pixel, während die GH4 sogar das 4K-Cinema Format mit 4096x2160 Pixeln bei 24p ermöglicht. Dafür beherrscht die Sony im 24p-Modus auch die zugehörigen krummen Shutterzeiten: Also u.a. 1/24s, 1/40s, 1/48s, 1/50s , 1/60s, 1/96s, 1/100s.
Rolling Shutter
Die Sony Kamera besitzt zwar eine integrierte Rolling Shutter Korrektur, jedoch arbeitet diese bei weitem nicht so unauffällig, wie wir es von Sonys 2K-Modellen gewohnt waren. Da bei 4K ja die vierfache Pixelmenge ausgelesen werden muss, müssen logischerweise auch die Verzögerungen beim Auslesen der einzelnen Linien zunehmen, solange man gegenüber FullHD keine Änderung beim Auslesen des Sensors erreicht. Somit deutet vieles darauf hin, dass Rolling-Shutter Effekte bei 4K-Kameras in Zukunft noch weitaus deutlicher zutage treten werden, als bei FullHD. Hier kann aktuell Blackmagic punkten, die momentan als einziger Hersteller eine 4K-Kamera unter 20.000 Euro ohne Rolling Shutter Probleme anbieten.
Bedienung
Externe, manuelle, getrennte Button/Wheel-Kombinationen für Shutter, Gain, Blende und Weißabgleich sorgen bei der Sony prinzipiell für gute Kontrolle. Die Buttons sind allerdings sehr klein und ohne fühlbaren Druckpunkt. Blindes Treffen der Tasten gelingt erst nach einer gewissen Einarbeitungszeit. Es gibt Zebra, aber kein Histogramm. Auch die Bildcharakteristik lässt sich manuell nicht weiter verändern. Beides lässt Panasonic bei der GH4 zu.
Der Objektivring lässt sich zwischen Zoom und Fokus umschalten, wobei die Zoomwippe in der Regel die bessere Wahl zum Zoomen bleibt. Diese agiert auch sehr feinfühlig, ist aber für professionelle Einsätze etwas klein geraten.

Das bei 4K durchaus anspruchsvolle Thema des Fokussierens löst die Sony sogar besser als ihre 4K Schwestern. Unterstützt von einem relativ scharfen Display und einem 1,4MP OLED-Sucher gelingt das manuelle Fokussieren mittels Fokus Peaking und mehrfacher Suchervergößerung schon relativ gut. Vor allem jedoch, weil der Fokusring feinfühliger reagiert, als bei den großen Schwestern. Im Zweifel sitzt auch der Touch-Autofokus auf dem Display meistens messerscharf. Unsere bisherigen Eindrücke der Panasonic GH4 sind hier jedoch kaum schlechter, da diese ebenfalls einen guten Autofokus, sowie eine frei einstellbare Display-Vergrößerung inkl. Peaking besitzt.
Alleinstellungsmerkmale
Ein paar echte Vorteile kann die Sony aber dann doch noch in die Waagschale werfen: Ein Alleinstellungsmerkmal ist beispielsweise der 3-stufige ND-Filter, der einen externen Filter schlichtweg überflüssig macht. Auch Nightshot gibt es wieder. Nach dem Einschalten der integrierten Nightshot-Funktion kann man interessanterweise im Display beobachten, wie automatisch der IR-Filter noch langsam aus dem Objektivgang geschoben wird.
Unauffällig unter einer Klappe an der Gehäuseoberseite verbirgt sich der Sony Multi Interface Shoe, also ein aktiver Mikrofon/Zubehör-Adapter. Was erst einmal unspektakulär klingt, könnte für manchen Anwender dann doch die Kaufentscheidung für die Sony ausschlagen lassen.
Docking-Optionen
Denn über den Sony Multi Interface Shoe sollte sich der Sony XLR-K1M - XLR-Adapter andocken lassen. Dieser stellt zwei echte, manuell pegelbare XLR-Anschlüsse inklusive Phantomspeisung bereit und ist mittlerweile im Internet unter 400 Euro zu finden.

Wer eine integrierte 4K-XLR-Lösung sucht kommt hiermit aktuell nirgendwo günstiger weg. Auch ist diese Lösung bei weitem nicht so sperrig, wie die GH4 + DMW-YAGH-Box und man braucht auch keine zusätzliche Stromversorgung. Im Gegenzug bekommt man bei der GH4 mit der DMW-YAGH-Box auch noch 10 Bit SDI-Output. Ein Feature, dass man bei Sony erst mit der mindestens 6.000 Euro teuren PXW-Z100 erhält. Dort allerdings auch gleich mit interner Aufnahme.
Sonstiges, in aller Kürze
- Statt eines USB-Ladegerätes wird die FDR-AX100 noch mit einem eigenen, proprietären Netzteil ausgeliefert.
- Unser Testmodell erlaubte es nicht auf irgendeine unserer Testlabor-Karten mit XAVC S zu schreiben, selbst wenn diese mit Sicherheit schnell genug waren (z.B. SanDisk Extreme Pro). Erst eine von Sony nachgeschickte 64GB SDXC UHS-I Karte machte die 4K-Aufnahme dann möglich. Welche Karten-Spezifikationen genau erfüllt sein müssen, wird Sony sicherlich in naher Zukunft kommunizieren.
- Dem schnellen Auspacken und Draufhalten steht vor allem der lose Objektiv-Deckel deutlich entgegen. Ein automatischer Objektiv-Verschluss hätte dem Gesamtkonzept der Kamera noch gut gestanden.
Aus dem Messlabor
Von allen bisher in unserer Redaktion getesteten 4K Kameras (1 DC, BM4K, AX1) zeigt die Sony AX100 die bislang beste, quasi perfekte 4K-Schärfe. Perfekt vor allem deswegen, weil das Debayering der Farbkanäle ohne Moiré oder andere Muster vonstatten geht. Aller Wahrscheinlichkeit nach werkelt hier ein digitaler Low-Pass-Filter, der die höchsten Frequenzen etwas glatt bügelt, ohne die Schärfe unter diesen Frequenzen zu tangieren. Einen guten Vergleich liefert hierzu die Blackmagic 4K, die ein eher primitives Debayering für ihre 4K Prores-Aufzeichnung benutzt. Dieses kennt man auch schon von der Pocket Cinema Camera, welche das selbe Verfahren (nur eben bei geviertelter Auflösung) einsetzt. Wir werden unsere detaillierten Ergebnisse hierzu in Kürze in einem separaten Artikel veröffentlichen.
Bis dahin aber schon mal an dieser Stelle unsere üblichen 4K-Tests. Diese sind nicht mit unseren Full HD-Ergebnissen direkt vergleichbar, da sie das ISO-Testbild nicht bildschirmfüllend abbilden, sondern für 4K-Verhältnisse in der Größe angepasst sind. (Auch hierzu wird wohl in naher Zukunft mal ein erhellender Artikel fällig. ;)
Für einen Low-Pass Filter spricht auf jeden Fall schon einmal der sanfte Abfall des Luma-Sweeps. Deutlich vor der 4K-Systemgrenze nimmt die Schärfe sanft ab.

Für einen 4K-Ausschnitt ist unser ISO-Testbild erstaunlich scharf. Leider tritt auch eine nicht abstellbare deutliche Nachschärfung zu Tage, ohne die das Sony-Bild deutlich cinematischer ausfallen würde.

Der Chrominanz-Verlauf ist unspektakulär und entspricht ziemlich genau dem Ergebnis, das wir von einer tadellosen 4:2:0-Video-Aufzeichnung erwarten.

Auch die Verzeichnung ist bei der 4K-Aufnahme tadellos, was im Umkehrschuss bedeutet, dass die interne Rechenleistung der Kamera für eine digitale 4K-Korrektur bereits ausreichend ist.

Augen auf: Bei 1200 LUX in 4K gibt es viele Details in unserem Testbild zu entdecken. Die Schatten werden schnell gesättigt und die typischen Videofarben sind leider nicht weiter zu beeinflussen.

Bei 12 Lux im Automatik-Modus kann der große Sensor bereits zeigen, was in ihm steckt. Leider spielt die F 2.8 Blende dabei etwas gegen ihn…

Bei manuellem Weißabgleich mit 1/25s Belichtungszeit und 33dB Verstärkung lässt sich manuell sogar noch mehr aus der AX100 herauskitzeln, auch wenn dann schon typischerweise der Blaukanal zu clippen beginnt.

Das Rauschverhalten des internen Mikrofons ist dabei standesgemäß. Auf relativ niedrigem Niveau rauscht die AX100 mäßig und liefert einen ziemlich ausgeglichenen Verlauf.

Fazit
Die FDR-AX100 macht vieles richtig und ist an sich ein rundes Gerät. Doch geht Sony auch diese neue Format-Einführung wie in der Vergangenheit an, was sich als strategischer Fehler herausstellen könnte. Denn erstmals gibt es schon von 4K-Beginn an ernstzunehmende Konkurrenz, die deutlicher auf die Anwenderwünsche der letzten Jahre gehört hat. Das gilt jetzt weniger in der reinen Cine-Nische für die Blackmagic 4K, sondern viel mehr für die Panasonic GH4, welche für das gleiche Geld üppigere, teilweise professionelle Möglichkeiten bietet, dabei aber auch gleichzeitig für den typischen Consumer mindestens ebenso interessant sein kann.
Panasonic wagt es (im Gegensatz zu Sony) mit der GH4 erstmals, seine eigenen Pro-Geräte nicht künstlich zu schützen, sondern schaltet mit der GH4 jede Möglichkeit frei, die in diesem Preisrahmen noch irgendwie vertretbar zu sein scheint. Würde Sony dies auch tun, wäre die FDR-AX100 deutlich konkurrenzfähiger. Doch im Moment sieht es danach aus, als ob Panasonic die meisten 4K-Herzen in dieser Preisklasse deutlich für sich gewinnen kann.
Selbst wenn szenisches und cinematisches Arbeiten nicht die Stärke der FDR-AX100 ist, ist sie nichtsdestotrotz ein schönes 4K-Modell für alle, welche die Flexibilität und die Datenraten der GH4 nicht benötigen und/oder ein relativ kompaktes All-In-One Gerät suchen, mit dem sich schnell aus der Hand filmen lässt. Wer sowieso keine Zeit mit Colorgrading verbringen will und viel Material fast unbearbeitet übernimmt, bekommt auch mit der Sony ein sehr stimmiges 4K-Bild Out-Of-The-Box, welches im Schnittprogramm auf FullHD herunterskaliert fantastisch aussieht. Vor allem die Kombination mit dem XLR-Adapter K1M könnte dazu für viele Anwender ein deutliches Kaufsignal senden.