Die Schwächen der Automatik
Um die Grenzen der automatischen Belichtung zu demonstrieren, werden wir ein einfaches Experiment durchführen: Wir stellen unser Modell mit dem Rücken zu einem Fenster – eine klassische Gegenlichtsituation – und unseren Camcorder auf Automatik. Nehmen wir in diesem Setting einige Sequenzen auf, so wird das Resultat enttäuschend sein (siehe Abb. 3): das zu dunkel geratene Gesicht ist vor dem hellen Himmel kaum zu erkennen. Die automatische Belichtung hat auf den starken Lichteinfall reagiert, und somit das im Schatten liegende Gesicht unterbelichtet. Tatsächlich hat Belichtung fast immer etwas mit dem Setzen von Prioritäten zu tun, und genau dort versagt die Automatik.

Solange man nicht in einer Umgebung filmt, wo man genaue Kontrolle über das Licht hat (also in einem Studio oder ähnlich), wird man immer wieder vor die Wahl gestellt, welche Teile des Motivs richtig belichtet werden sollen, und wo eine Über- oder Unterbelichtung in Kauf genommen werden kann. In diesem Fall, wo der Helligkeitsunterschied zwischen Gesicht und Himmel sehr stark ist, müsste der Hintergrund stark überbelichtet werden, damit die Person einigermaßen gut belichtet erscheint (siehe Bild 4). Das Ergebnis lässt zwar immer noch zu wünschen übrig, da das Weiß jetzt „ausfrisst“, aber zumindest ist das Gesicht nun nicht mehr zu dunkel. Bewerkstelligen lässt sich dies nur durch das Umstellen der Kamera auf manuellen Betrieb, und die Wahl einer größeren Blendenöffnung. Um die optimale Belichtung der wichtigsten Bildelemente genau beurteilen zu können – in diesem Fall des Gesichts – , empfiehlt es sich, diesen Bereich heranzuzoomen, und nach der fertigen Justierung wieder in den ursprünglichen Ausschnitt zurückzuzoomen. Zu beachten ist dabei, dass die Belichtung am Display nur dann gut eingeschätzt werden kann, wenn die Helligkeit des Displays so eingestellt ist, dass es die der aufgenommenen Bildern auch wirklich entspricht. Besser ist es, bei der Wahl der Belichtungswerte durch das Okular zu schauen. Wird in Sonnenschein gedreht, ist meist sowieso kaum etwas am Display zu erkennen.

Manche Kameras, die keine manuellen Einstellmöglichkeiten mitbringen, bieten für diese Situation einen speziellen Knopf, meist auf Englisch mit „Backlight“ bezeichnet, durch dessen Betätigung der Belichtungsautomatik mitgeteilt wird, dass eine Gegenlichtsituation herrscht. Die Kamera sollte dann den Lichteinfall entsprechend hochregelnd.

Prinzipiell sollte man natürlich ganz vermeiden, in Gegenlichtsituationen zu drehen – bessere Bilder werden in ausgewogenen Lichtverhältnissen erzielt. Stellen wir uns mit der Kamera nicht direkt vor das Fenster, sondern seitlich davon, sieht das ganze schon erheblich besser aus, auch im Automatikbetrieb (siehe Bild 5). Optimieren lässt sich das Ergebnis noch durch den Einsatz eines Reflektors, der Licht in die schattigen Gesichtspartien bringt. Allerdings muss mit dem Reflektor vorsichtig umgegangen werden, denn die reflektierten Sonnenstrahlen können unangenehm blenden.
Problematisch gestaltet sich das automatische Belichten auch, wenn bei einem Motiv Kontrastschwankungen auftreten können, etwa durch Passanten, die nah an der Kamera durch das Bild laufen. Es kann dann zu sogenannten Blendensprüngen kommen, wenn sich die Blende für kurze Zeit öffnet, um zum Beispiel eine dunkle Jacke korrekt zu belichten. Achten Sie bei entsprechenden Situationen darauf, mit fester, sprich manueller Blende zu arbeiten.