Frage von Jalue:Nach zwei Jahren befristeter Anstellung bin ich wieder in die Selbständigkeit gewechselt,
so weit so gut, aber zwei fiese Fußfallen hatte ich nicht auf dem Schirm. Und möchte andere davor warnen, falls sie mal in die gleiche Situation kommen. Befristete Verträge sind in der Branche ja durchaus "beliebt" …
Punkt Nr.1 Wenn man länger angestellt war, muss man die KSK-Mitgliedschaft de facto neu beantragen. Wer das schon mal durchhatte, kennt den bürokratischen Aufwand, was aber wirklich nervt: Erstmal darf man sich teuer selbst bei der KK versichern. Die Mehrkosten werden zwar rückwirkend erstattet – aber nur, wenn einen die KSK wieder aufnimmt.
"Tja, warum hast du dich nicht vorher schlau gemacht?". Hatte ich. Damals sagte man mir telefonisch, die Mitgliedschaft stillzulegen und dann wieder hochzufahren, sei für einen Zeitraum von rund zwei Jahren kein Problem, erst dann werde es kritisch. Nun heißt es plötzlich, schon nach sechs Monaten Anstellung sei eine umfassende Prüfung obligatorisch. Tschä, ist wohl eine Ermessensfrage, und die KSK muss sparen …
2. AÜG-Reform
Unter diesem Begriff firmiert ein Paket von Gesetzesänderungen, das im Frühjahr 2017 ratifiziert wurde, um Scheinselbständigkeit bei Leiharbeitern einzudämmen. Wer sich für Details interessiert, möge selbst googeln, die greifbare Folge ist: Viele Firmen sind vorsichtig beim Einsatz von Freelancern geworden, da sie Ärger mit der gesetzlichen Rentenversicherung befürchten. Bei mir heißt das, dass ich sechs Monate lang nicht als Freier für meinen ehemaligen Arbeitgeber tätig sein darf. Dieses Moratorium hat sich das Unternehmen "zur Sicherheit" selbst auferlegt, und es gilt für alle Ex-Angestellten. Dass sowohl ich als auch meine direkten Vorgesetzten fest mit einer weiteren Zusammenarbeit gerechnet hatten – dumm gelaufen!
"Dann beantrage doch einen Gründungszuschuss." Nix is, die Agentur für Arbeit fördert nur Neugründungen. Dafür hätte ich meine Bude komplett dicht machen müssen, was ich mit Blick auf die Befristung logischer- (oder dummer-) weise nicht getan habe.
Bottom line: Ich kann das wegstecken, aber einfacher macht es den Neustart nicht. Höhere Kosten und deutlich weniger Umsatz in der Startphase, als gedacht. Ich kann jedem Freelancer nur raten, sich umfassend mit der Problematik zu beschäftigen, bzw. die nötigen Rücklagen zu bilden, bevor er oder sie sich befristet einstellen lässt.
Antwort von Jott:
Freelancer werden in Deutschland traditionell vom Staat terrorisiert, da nicht gewollt. Man braucht wirklich fähige Steuer- und Rechtsberater, um das erfolgreich zu wuppen - leider.
Antwort von Jalue:
Diesen Eindruck teile ich. Tatsache ist: Von der Freiberuflichkeit in die Festanstellung zu wechseln, war mit
Null bürokratischem Aufwand verbunden, da reichte jeweils ein simples Schreiben an Krankenkasse und KSK. Der umgekehrte Weg ...
Hier ein netter Text zu der Poblematik, der klar macht: Auch auf Gewerkschaften brauchen Freelancer nicht zu hoffen.
https://www.brandeins.de/archiv/2017/ne ... geliebten/
Antwort von dienstag_01:
Meines Wissens schießt der Staat erhebliche Summen für die Versicherten in der KSK zu. So einen *Terror* wünschen sich manch andere ;)
Antwort von Jalue:
Es geht doch nicht um Sinn oder Unsinn der KSK, darüber gab es hier schon in anderen Threads epische Diskussionen. Vielmehr darum, dass einem beim Zurückwechseln aus dem Angestelltenverhältnis in die freiberufliche Existenz unnötigerweise Knüppel zwischen die Beine geworfen werden und das, obwohl Befristungen wie auch Arbeitnehmerüberlassung von der Politik seit 2003 mit Nachdruck befördert wurden.
Aber okay, zugegeben, das sind zwei paar Schuhe. Der selbstbestimmte und -bewusste Freelancer ist nicht gewollt. Dass er aufgibt und sich als angestellter, unterbezahlter Leiharbeitssklave verdingt, hingegen schon ...
Antwort von dienstag_01:
Jalue hat geschrieben:
Es geht doch nicht um Sinn oder Unsinn der KSK, darüber gab es hier schon in anderen Threads epische Diskussionen. Vielmehr darum, dass einem beim Zurückwechseln aus dem Angestelltenverhältnis in die freiberufliche Existenz unnötigerweise Knüppel zwischen die Beine geworfen werden und das, obwohl Befristungen wie auch Arbeitnehmerüberlassung von der Politik seit 2003 mit Nachdruck befördert wurden.
Aber okay, zugegeben, das sind zwei paar Schuhe. Der selbstbestimmte und -bewusste Freelancer ist nicht gewollt. Dass er aufgibt und sich als angestellter, unterbezahlter Leiharbeitssklave verdingt, hingegen schon ...
Ach Gottchen, du Armer... ;)
Ich denke, es geht um das Einsparen von Sozialabgaben durch Firmen/Unternehmen mit Scheinselbstständigkeit. Aber ich kann mich natürlich täuschen und es geht GEGEN FREELANCER ;)
Antwort von Drushba:
dienstag_01 hat geschrieben:
Meines Wissens schießt der Staat erhebliche Summen für die Versicherten in der KSK zu. So einen *Terror* wünschen sich manch andere ;)
Einfach mal selber machen, statt aus der ängstlich-gepamperten Angestelltenecke geifern. Du wirst schon sehen, was kommt - und die KSK ist eine der ganz wenigen Erleichterungen dabei. ;-)
@Jalue: Mich würde interessieren, was im Extremfall passieren kann, wenn mit anderen Freelancern an einem Auftrag gearbeitet wird, den man selbst an Land gezogen hat und als Produzent auftritt. Wenn es ein größerer Auftrag mit ein- oder zwei Folgeaufträgen wird (was am Anfang schwer einzuschätzen ist) könnte dann womöglich Scheinselbsständigkeit der mitarbeitenden Freelancer unterstellt werden? Nicht, daß dann hier die Rentenfalle nach irgendeiner Betriebsprüfung zuschnappt. Klar muß man sich vorher informieren, aber wegen überteuerter Fehlberatung habe ich nun schon zu diesem Jahr den Steuerberater gewechselt und eher den Eindruck, man sollte das als Freelancer alles selbst wissen (und dann eben konsequenterweise auch ins besser bezahlte Steuerberaterfach wechseln ;-).
Antwort von Jalue:
@Dienstag 01. Einen Beitrag ohne Polemik abzusondern, übersteigt offenbar deine Fähigkeiten. Probier's doch mal zur Abwechslung, es tut auch nicht weh, versprochen.
Was die AÜG-Reform betrifft: Natürlich diente sie vordergründig dem Stutzen der Zeitarbeit auf ein vernünftiges Maß. Dummerweise weiß niemand so genau, was die rechtlichen Konsequenzen für Freiberufler sind, weil es sich um typisches "Fallrecht" handelt, und viele Firmen reagieren da eben prophylaktisch, so wie in meinem Fall.
Wer von einer -sagen wir mal- Sportschule für ein Imagefilmchen gebucht wird, ist davon nicht betroffen, denn die Sportschule hat normalerweise keine eigene Videoproduktion. Wer als Freiberufler eine Tätigkeit ausübt, für die der Auftraggeber inhouse schon Personal beschäftigt, hingegen schon. Im IT-Bereich hat das paradoxerweise zur Folge, dass manche Freelancer jetzt nur noch über Zeitbuden Jobs finden. Ein Schelm, wem dabei "gewollter Nebeneffekt" in den Sinn kommt.
Sofern du nicht betroffen bist - schön, das freut mich für dich, andere sind es.
Antwort von Jalue:
@drusbha Diese Frage ging mir auch schon durch den Kopf. Ich bin kein Anwalt, könnte mir aber vorstellen, dass viele Firmen dann a) entweder befristet Freelancer einstellen oder b) auf Arbeitnehmerüberlassung zurückgreifen. Da wittert die eine oder Zeitbude sicher schon goldene Chancen, in der Medienbranche konnten die bislang ja noch keinen Fuß auf den Boden bekommen. Hier nochmal ein Interview zum Thema, die Quintessenz lautet: Keiner weiß wirklich Bescheid.
https://www.freelance-pages.com/die-aus ... eform.html
Antwort von Roland Schulz:
Die AÜG Reform zielt nicht nur auf Freiberufler sondern auch auf Angestellte von Ingenieurbüros die an Firmen "verliehen" werden. Da werden demnächst nach der 18-Monats Klausel ne Menge Leute vorzeitig auf der Straße sitzen weil diese teilweise nur für eine dedizierte Tätigkeit einen "Kümmerer" brauchen.
Der Druck den der Gesetztgeber da aufbauen will geht in vielen Fällen in die falsche Richtung und Ausleihender sowie AÜG haben das Nachsehen.
Ein weiteres Stück Flexibilität welches uns im Wettbewerb genommen wird.
Antwort von dienstag_01:
Drushba hat geschrieben:
dienstag_01 hat geschrieben:
Meines Wissens schießt der Staat erhebliche Summen für die Versicherten in der KSK zu. So einen *Terror* wünschen sich manch andere ;)
Einfach mal selber machen, statt aus der ängstlich-gepamperten Angestelltenecke geifern. Du wirst schon sehen, was kommt - und die KSK ist eine der ganz wenigen Erleichterungen dabei. ;-)
Ich bin übrigens Freelancer, ich bin übrigens in der KSK, ich stolpere übrigens auch ständig über irgendwelche bürokratischen Hürden, aber ich finde diese Pauschalisierungen und dieses ewige Rumgejammere ermüdend, ganz einfach.
Aber ich verstehe natürlich auch, dass man sich mal Ausheulen muss. Also dann, störe ich mal nicht weiter... ;)
Antwort von Drushba:
dienstag_01 hat geschrieben:
ich finde diese Pauschalisierungen und dieses ewige Rumgejammere ermüdend, ganz einfach.
Aber ich verstehe natürlich auch, dass man sich mal Ausheulen muss. ;)
Erinnert mich irgendwie an die RCDS-Redenschwinger bei den Universammlungen. Es gab kein Problem, welches von denen nicht aktiv negiert wurde;-) Aber das ist schon eine Weile her, mag sein daß sich deren Sicht nun auch in anderen Lagern durchgesetzt hat.
Antwort von pixelschubser2006:
Über die KSK wundere ich mich im Moment auch. Ich habe meine Mitgliedschaft Ende September des vergangenen Jahres beantragt. Nun kommt ich die erste ernsthafte Rückmeldung. Der freundliche Hinweis, was zur Bearbeitung meines Antrages alles noch fehlt. Mir ist bald der Arsch geplatzt... es handelt sich allesamt um Unterlagen und Angaben, die dem Antrag schon beigefügt waren. Da fällt einem nichts mehr zu ein.
Zum Thema Existenzgründung: Wenn ich das richtig verstehe, warst Du neben der Festangestellentätigkeit weiter freiberuflich tätig. Das ist kein Hindernis für die Förderung durch das Arbeitsamt. Wichtig ist aber eine ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber und entsprechende Arbeitslosmeldung. Dann beim ersten Gespräch mit dem Arbeitsvermittler erzählen, daß man einer Nebentätigkeit nachgeht, die sich zur hauptberuflichen Existenz ausbauen ließe. Ob der Berater darauf anspringt, ist natürlich auch von Glück & Chemie abhängig. Bei mir hat es geklappt, allerdings hatte ich das zunächst in meinem Handwerk getan, in dem ich schon einen eingetragenen Meisterbetrieb angemeldet habe. Da wird man dann schon eher ernstgenommen als die typischen "Ich-AGler". Ob ich das mit meiner Filmerei auch geschafft hätte... keine Ahnung.
Antwort von Jalue:
Jein. Ich war schon lange
vor dieser befristeten Anstellung Freiberufler (plus angemeldetem Gewerbe), währenddessen habe ich die Sache auf kleiner Flamme weiterbetrieben und jetzt eben wieder hauptberuflich. Mir wurde von der AfA ganz klar gesagt, ich hätte spätestens drei Monate vor Ende der Anstellung alles dichtmachen und -mit verändertem Schwerpunkt- völlig neu gründen müssen, um einen Zuschuss zu erhalten.
Schätze mal, das Ganze ist Auslegungssache, vielleicht wird es je nach Region und Branche unterschiedlich gehandhabt.
Antwort von Alf_300:
alles dichtmachen und -mit verändertem Schwerpunkt- völlig neu gründen
klingt für mich logisch.
Läßt sich aber u.U. wiederholen.