Nachdem wir uns im ersten Teil mit den Vor- und Nachteilen von Suchersystemen befasst haben, ist nun die LCD/Klappdisplay-Variante an der Reihe. Ebenso wie der Sucher bringt das Monitoring via LCD eine ganze Reihe von Vorteilen aber auch Nachteilen mit sich. Im Folgenden die wichtigsten Argumente Pro und Contra externem Display sowie unser Fazit im Vergleich Sucher vs Display.

Hier geht es zum ersten Teil unseres Vergleichs Sucher vs LCD / Klappdisplay - womit filmt man besser?, in dem wir uns mit Suchersystemen beschäftigen.
Vorteile LCD / Klappdisplay
Ergonomie
Die entscheidende Frage Pro LCD in Sachen Ergonomie lautet für uns: Wie häufig wird die Kamera auf einer Höhe zwischen Schulter und Hüfte bewegt? Wenn die Antwort auf diese Frage „eher häufig“ lautet, dann lohnt sich unserer Meinung nach das Arbeiten mit dem LCD/Klappdisplay.

Wie bereits im ersten Teil beim Sucher erwähnt, spielt die Körpergröße/Höhe des Operators hier durchaus eine Rolle. Großgewachsene DOPs vermeiden zu aufsichtige Perspektiven, indem die Kamera unterhalb des Auges geführt wird. Für Suchersysteme braucht es hierfür längere Okulare und das Handling wird zunehmend komoplexer. Vor allem wenn es schnell gehen soll, sind externe LCDs/Klappdisplays hier die schnellere Variante.
Im Sucher-Kapitel hatten wir die Immersion und das Ausblenden der Umwelt als Vorteil beschrieben. Diese Konzentration auf das Suchergeschehen kann jedoch auch ein Nachteil sein, wenn es gilt, auf Aktion außerhalb des Suchers zu reagieren: Hier bietet das Klappdisplay klar Vorteile, weil die Umwelt stärker wahrgenommen wird und der Operator „vorausschauender“ Handlung in seinen Bildausschnitt integrieren kann.

Ebenfalls zu den Stärken von Klapp/Schwenkdisplays zählt das Monitoring von extremen Low- und Highangle-Shots. Wer eine besonders dynamische Kameraführung benötigt mit vielen schnell wechselnden Perspektiven oder häufiger über Hindernisse/Menschenmassen hinweg auch Aufnahmen machen muss, dürfte mit Displays, die sich neigen lassen, deutlich flexibler reagieren können.
„Dynamische Kameraführung“ ist ein weiteres Stichwort Pro Klappdisplay - vor allem bei DSLMs. Zwar schätzen wir sehr den zusätzlichen Körperkontaktpunkt, den ein Sucher zur Verfügung stellt, aber bei schnellerer Bewegung oder längerem „Gehen mit der Kamera“ halten wir ein Klappdisplay für ergonomisch sinnvoller. Gerade auch vor dem Hintergrund immer effektiver arbeitender, interner Stabilisierungssysteme bietet ein Klappdisplay flexiblere Hand-Kamera-Arbeit.
Und auch wenn kein weiteres Monitoring zur Verfügung steht und ein Take schnell man zur Erläuterung oder zur Abnahme anderen unkompliziert gezeigt werden soll, macht ein Klappdisplay/externes LCD häufig mehr Sinn als ein Sucher.

Und schließlich verfügen LC-Displays über umfangreiche Touch-Optionen. Persönlich nutzen wir bei der Aufnahme zwar eher selten Funktionen wie Touch-AF aber für die Menünavigation und die Kontrolle von Kameraparametern sind LC-Displays durchaus hilfreich. Bei einigen Kameras lässt sich das rückseitige Display auch im AF-Sucher-Betrieb bei DSLMs als Navigations-Pad für die Auswahl von Gesichtern oder gezielt als Fokusverlagerungshilfe nutzen.
Gimbal Setup
Ganz gleich ob man ein schweres High-End Gimbal-Kamera-Setup oder einen schlanken Einhand-Gimbal im Einsatz hat: Ohne externes Kamera-Display sind kontrollierte Gimbal-Shots quasi nicht möglich.

Dank mittlerweile bei fast allen Gimbalsystemen tiefer aufgehängtem X-Achsen-Motor spielt es bei DSLM-Gimbals Setups kaum noch eine Rolle, ob das rückseitige Kamera LC-Display sich auch zur Seite klappen lässt oder nur nach oben und unten schwenken lässt.
Wer mit einer reinen Sucherkamera unterwegs ist und häufig Gimbalshots benötigt, findet in externen HDMI-Monitoren die beste Option, die sich zumeist auch nochmal von der Gewichtstarierung/Ergonomie her sinnvoller am Gimbal selbst montieren lassen. Allerdings sollte man hier auch stets das zusätzliche Gewicht und den zusätzlich benötigten Raum von entsprechenden Akkus im Hinterkopf haben.
Augenkontakt
Es war bereits im ersten Teil von Sucher-Only Kamera-Setups angeklungen: Wer im kleinen Team oder als Solo-Shooter unterwegs ist und selbst Interviews führen muss, profitiert stark von einem halbwegs freien Gesichtsfeld bei der Ansprache des/der Interviewten.

Eine „Kamera vor dem Gesicht“ produziert hier unnötige Distanz. Hinzu kommt, dass es medien-ungeübten Gesprächspartnern häufig schwer fällt, in ein „Objektiv hineinzusprechen“. Eine leicht versetzte Kamera und ein Klappdisplay sind deutlich näher an einem „Gesprächsszenario“ und damit klar unser empfohlenes Setup für schlanke Interview-Teams.
Nachteile Klappdisplay
Ergonomie
Es gibt jedoch auch ergonomische Nachteile bei der Arbeit mit LC-Displays. Häufig blockieren seitlich aufklappbare Display bei DLSMs bei stärkerer Neigung wichtige Schnittstellen an der Kameraseite. Je nachdem welche Anschlüsse sich hier befinden, können Kopfhörer, Mikrofon, USB-C Buchsen, etc. durch das Display blockiert werden. Abhilfe schafft hier ein via LCD angeschlossenes externes Display.

Doch auch hierbei gilt es einige Fallstricke zu bedenken: Falls das Videosignal via HDMI-Kabel zum externen Monitor übertragen wird, bedeutet dies eine nicht gegen Zug geschützte Verbindung. Wir empfehlen hier entsprechende HDMI-Kabelklemmen.
Wer seinen externen Monitor maximal verschwenk-und neigbar montieren möchte, kommt um eine Magic-Arm oder ähnliche Aufhängung kaum herum. Diese produziert jedoch Hebelkräfte am Kameragehäuse – vor allem wenn auch ein Akku direkt am Display hängt. Bringt das Kamergehäuse nicht genügend Stabilität und vorzugsweise Lockpin-gesicherte Gewindeaufnamen mit, empfehlen wir hier klar einen Kamera-Cage.
Geringe Auflösung
Im Vergleich zu Suchersystemen mit ihren mittlerweile schon knapp 10 Mio Bildpunkten bieten aktuelle LC-/Klappdisplays eher geringe Auflösungen im Bereich von 2-3 Mio Bildpunkten. Dies mach sich insbesondere dann negativ bemerkbar, wenn mit Auflösungen jenseits von 4K aufgenommen werden soll.
Je höher die Auflösung des aufgenommenen Bewegtbildmaterials, desto wichtiger wird eine hochwertige Schärfekontrolle. Wer viel 6-8K Material produziert, sollte bei der Kamerawahl daher auf gute Monitoring-Hilfen wie Suchervergrösserung, gutes Peaking, Schärfeassisstenten etc. achten. Ein hochauflösender Sucher hilft hier ebenfalls weiter.
Anfällig für Spiegelung
Erst vor kurzem haben externe Kamera-Monitore Helligkeitswerte erreicht, die ein Arbeiten bei hellem Umgebungslicht/direktem Sonnenlicht zumindest halbwegs möglich machen. Dies gilt wohlgemerkt jedoch nur für externe via HDMI/SDI betriebene Kameramonitore.

Integrierte Kamera Klapp-Displays sind hingegen bei hellem Umgebungslicht nachwievor kaum zu gebrauchen. Hier ziehen wir klar Suchersysteme vor. Wer trotzdem auf entsprechende Displays angewiesen ist, sollte sich über Abschattungsoptionen Gedanken machen: Angefangen bei einer Schirmmütze für den Operator über aufsteckbare Sunhoods bis hin zu montierbaren Klappokkularen gibt es vielfältige Optionen.
Fazit
Bei der Frage Sucher vs LC-Display gibt es in unseren Augen keinen klaren Sieger. Beide Systeme haben ganz eigene Vor- und Nachteile und stellen für bestimmte Aufnahmesituationen (und Kameratypen) das jeweilig optimale Monitoring-Werkzeug zur Verfügung.
Entsprechend heisst es, sich selbst bewußt zu machen, welche Aufnahmesituationen für die eigene Kameraarbeit die Regel darstellen und dann das entsprechende Werkzeug in Form von Sucher oder LC-Display zu wählen.
Wer bestmöglich auf unterschiedliche Aufnahmesituationen vorbereitet sein möchte, sollte sowohl Sucher als auch externe Displayoptionen zur Verfügung haben. Bei der Wahl eines Kamerasystems lohnt es sich, entsprechende Erweiterungs-Optionen zu berücksichtigen.