In unserer Grundlagenserie zum Thema Rigkomponenten wollen wir diesmal einen Blick auf Schärfezieheinrichtungen (oder engl. auch Follow Focus) werfen: In welchem Zusammenhang machen sie Sinn, wie unterscheiden sie sich und worauf gilt es bei der Auswahl zu achten?
Zunächst mal zur Begriffsklärung: Uns sind derzeit drei Begrifflichkeiten für die Schärfezieheinrichtung bekannt, die alle synonym und mehr oder weniger zu gleichen Teilen genutzt werden: Schärfezieheinrichtung, Schärfeziehvorrichtung und das aus dem engl. übernommene Follow Focus. Wir können mit allen drei Möglichkeiten gut leben und werden in diesem Text gewohnheitshalber von Schärfezieheinrichtung und Follow Focus sprechen. Damit sollte klar sein, was gemeint ist:

Grundfunktionen und Standarderweiterungen
Wer größtmögliche Kontrolle über die Schärfe bei der Filmaufnahme benötigt – ganz gleich ob mit manuellen Cine-Objektiven, adaptierten Fotobjektiven oder DSLR-AF-Optiken gearbeitet wird - dürfte um eine manuelle Schärfezieheinrichtung kaum herum kommen. Minimale Voraussetzung für die Anbringung eines Follow Focus stellen entsprechende Rods dar, die zumindest eine Basisplatte (s. hier Grundlagen zur Basisplatte) oder einen entsprechenden Kamera-Cage mit integrierter Rodaufnahme voraussetzen.
Der Platz für die Schärfezieheinrichtung wird im Kamera-Rig grundsätzlich durch die Platzierung des entsprechenden Fokus-Zahnkranzes am Objektiv vorgegeben und befindet sich immer zwischen Kompendium und Kameragehäuse (- zusätzliche Objektivantriebe für Zoom und Blende können noch hinzukommen).

Bei der Auswahl einer entsprechenden Schärfezieheinrichtung gilt es also an erster Stelle zu kontrollieren, wie das Zusammenspiel und hier vor allem der Abstand mit anderem Zubehör harmoniert. Wichtig in diesem Zusammenhang ist bei kürzeren, adaptierten Objektiven aus dem Fotobereich auch der Abstand zwischen Kameragehäuse und Fokuszahnkranz. Sollte dieser eher knapp bemessen sein, kann eine Schärfezieheinrichtung Sinn machen, deren Zahnrad sich von hinten nach vorne umstecken lässt.

Bei der Ausführung des mechanischen Antriebs lassen sich grob drei Varianten voneinander unterscheiden: Eine reine Getriebe-Lösung, die komplett mit internen Zahnrädern arbeitet, ein Mix aus internem Riemen und Zahnrädern sowie – eher weniger gebräuchlich – ein aussenliegender Riemen.

Je sauberer der jeweilige Antrieb mechanisch umgesetzt wurde, desto weniger Spiel findet sich in ihm. Wer schnell einen ersten Eindruck von der mechanischen Qualität eines Follow Focus erhalten möchte (auf eigenes Risiko), hält das Zahnrad fest und dreht dabei (vorsichtig) minimal das Handrad vor und zurück: Hierbei spürt man recht deutlich im Handrad ob das Getriebe Spiel hat oder nicht.
Das Handrad stellt das markanteste Bauteil des Follow Focus dar. Es besteht aus Handrad und Markierscheibe und sollte in seiner Mitte eine Aufnahme für eine biegsame Welle und einen Schärfehebel haben. Da mit dem Handrad die Schärfe geführt wird, kommt dessen Bedienung und Zusammenspiel mit der Markierscheibe zentrale Bedeutung zu. Man unterscheidet Schärfezieheinrichtungen mit Handrädern, die einstellbare Anschläge (für AF-Objektive) haben von reinen Cine- Schärfezieheinrichtungen, bei denen die mechanischen Fokusanschläge vom manuellen Objektiv vorgegeben werden. Häufig verfügen Cine Schärfezieheinrichtungen auch über die Möglichkeit, ein zweites Handrad auf der rechten Kameraseite zu montieren.
Auch bei den Markierscheiben wird je nach Einsatzgebiet zwischen flachen und konisch/gewölbten Markierscheiben unterschieden. Die flachen Markierscheiben sind ausschließlich von der Seite ablesbar und finden sich vor allem im klassischen Cine-Bereich für den Fokuspuller, der seinen Platz seitlich neben der Kamera hat. Sollen hingegen die Schärfemarkierungen auch vom DP abgefahren werden, empfehlen sich gewölbte Scheiben, deren Markierungen dann auch von hinter der Kamera eingesehen werden können. Bei einigen speziell für DSLRs entworfenen Schärfezieheinrichtungen sind die Markierungsscheiben ausschließlich von hinter der Kamera zu sehen – gewölbte stellen quasi einen Kompromiss aus beiden Welten dar.

Ist ein Fokuspuller am Set dürfte dieser in den meisten Situationen mit einer flexiblen Welle (FF Whip) arbeiten wollen, um sich Turnübungen direkt am Kamerarig zu ersparen. Vor allem bei stark geriggten Kamerasetups und leicht bewegter Kamera ist eine Welle am Handrad quasi unverzichtbar (wenn man nicht gleich zur Funkschärfe wechselt). Darüber hinaus kompensiert eine Welle auch externen Druck oder Erschütterungen und sorgt damit für eine optimale Bewegungsumsetzung am Objektiv.

Soll klassisch manuell gearbeitet werden und ein besonders lange Fokussierweg ohne Umgreifen realisiert werden, kommen Schärfehebel am Handrad zum Einsatz die quasi eine kontinuierliche Durchfokussierung ermöglichen (und auch bei One-Man-Bands gerne für das Überbrücken grosser Entfernungen genommen werden.)
Zu Beginn dieses Abschnitts haben wir auf die Rods und Basisplatte verwiesen als Voraussetzung um überhaupt eine Schärfezieheinrichtung montieren zu können (Ausnahme Kabelbinder – und Dosenöffnerkonstruktionen ;-). Und damit wollen wir den ersten Teil auch beenden:
Entsprechend dem eingesetztem Rod-System muss auch die Schärfezieheinrichtug gewählt werden. Zur Erinnerung: Man unterscheidet drei Standards:15mm Leichtstütze sowie 15 und 19mm Studio-Rod-Systeme. Bei der Wahl des Follow Focus sollte darauf geachtet werden, dass die Komponenten zueinander passen oder der Follow Focus über modular austauschbare Rod-Klemmungen verfügt.

Im zweiten Teil wollen wir nach dieser ersten Übersicht noch stärker auf Details von Schörfezieheinrichtungen fokussieren. Hier soll es dann vor allem um Übersetzungsverhältnisse, Umkehrgebtriebe, Anschlagspunkte, Qualitätskriterien u.a. gehen ...