Im Oktober 2009 hat Sony seiner erfolgreichen EX1 ein „generalüberholtes“ Schwestermodel an die Seite gestellt mit dem Namen EX1R. Bei den Neuerungen wurde vielfach auf die Anregungen und Erfahrungswerte von EX1-Anwendern zurückgegriffen. Herausgekommen ist eine EX1 mit u.a. verbessertem Schalter-Layout, DVCAM Aufzeichnung, HDMI-Out und One-Push Slow-Mo bzw. Quick-Motion Aktivierung.
Sensor, Objektiv und Signalverarbeitung sind gleich geblieben, so dass die Videoqualität erwartungsgemäß jener des Vorgängers EX1 gleicht.

Handling
Die offensichtlichsten Veränderungen der Sony XDCAM EX PMW-EX1R gegenüber der EX1 betreffen die Ergonomie des rechten Handgriffs sowie das generelle Schalter-Layout. Vielen EX1-Nutzern war eine starke Linkslastigkeit der EX1 unangenehm aufgefallen, die nur unzureichend (schnell ermüdend) durch den mit einer Schlaufe versehenen rechtsseitigen Handgriff zu kontrollieren war. Hier hat Sony deutlich nachgebessert. Der Griff ist sehr viel besser ausgewölbt (größer) und die Halteschlaufe verläuft stabiler über den Handrücken (anderer Winkel). Zusammen mit den unterschiedlichen Rasterstellungen des Handgriffs ergibt sich so deutlich mehr Stabilität. Wer also viel mit Handkamera arbeitet, wird den überarbeiteten Griff zu schätzen wissen. Ebenfalls neu am Handgriff präsentiert sich der Auto-Iris Knopf.

Gleiches gilt für fast alle rückseitigen Schalter. Was uns bei unserem Test der EX1 negativ in Erinnerung blieb, war der sehr schwergängige On/Off Schalter auf der Rückseite, der vielfach mit so großem Kraftaufwand verschoben werden musste, dass man versehentlich von „CAMERA“ nach „MEDIA“ oder umgekehrt rutschte, obwohl man eigentlich in die Mittelposition „OFF“ wollte. Dies ist nun deutlich (zweifach) verbessert worden: Einerseits mit einem insgesamt sehr viel leichtgängigeren Schiebeschalter und andererseits mit einem zusätzlich integrierten Lock-Schalter. Jetzt absolut sichere Bedienung.

Zum neuen Schalterkonzept gehört ebenfalls die farbliche Hinterlegung der Schalter in Hellorange, welche das Ablesen der jeweiligen Schalterstellung bedeutend einfacher macht. Gerade bei der Vielzahl von relativ kleinen Schaltern auf begrenztem Raum, wie es bei der EX1 und EX1R typisch ist, macht eine solche Farbkodierung durchaus Sinn.
Ebenfalls neu in Sachen Schalter-Platzierung ist das „Zurückholen“ des Menü-Aktivierungs-Schalters von der linken Gehäuse-Seite (EX1) zur Rückseite neben das Menü-Rad (EX1R). Zum einen macht er hier mehr Sinn, zum anderen musste der alte Menü-Knopf dem neuen S&Q Schalter weichen. Letzterer bringt zwar keine neue Zeitlupen- oder Zeitraffer-Funktion mit, stellt jedoch eine Abkürzung für deren Aktivierung zur Verfügung. So muss man jetzt nicht mehr in die Tiefen des Menüs abtauchen, sondern kann direkt Zeitlupen- oder Zeitrafferaufnahmen aktivieren. Das Verändern von Bildraten während der Aufnahme (Over-/Undercranking) ist weiterhin (leider) nicht möglich.

Ausgetauscht wurde darüber hinaus die S-Video-Schnittstelle gegen HDMI, welche sich nun zusammen mit allen anderen Videoschnittstellen (Komponenten-OUT, A/V-OUT) rechts abgesetzt auf der Rückseite, oberhalb des SDI-OUT befindet.

Bei den Videoformaten sind zwei neue Formate im Vergleich zur EX1 hinzugekommen: Zum einen bietet die EX1R nun auch ein SD-Format in Form von DVCAM an, welches ebenfalls auf die SxS Karten gespeichert wird. Und zum anderen verfügt die Sony EX1R nun auch über das 1440er HQ 35 Mbit/s Format (1440x1080), welches im Verbund mit anderen XDCAM HD Camcordern wie bsp. dem PDW F335 für reibungsloses Zusammenspiel ohne Skalierung sorgt.
Zu den weiteren Neuerungen zählen die 15 sekündige Cach Recording Funktion, eine neue Image Inversion Funktion für die komfortablere Nutzung eines 35mm Adapters, eine verkürzte Startzeit und ein verbesserter Sucher (der Gleiche wie bei der Z5/Z7). Darüber hinaus wurde der Audio Limiter neu angepasst, die Stativaufnahme stabiler gestaltet und letztlich lassen sich Firmwareupgrades nun vom User selbst ausführen.
Aus dem Messlabor
Die Luminanz-Kurve zeigt einen sehr guten Schärfeverlauf der sich sehr linear ohne auffälligen Bauch fast über das gesamte Messspektrum erstreckt. Er endet nur knapp unter dem praktisch erzielbaren Maximum.

Die gemessene, sehr natürliche Schärfe bestätigt auch der Blick auf das ISO-Chart. Aliasing-Artefakte des Bildsensors sind praktisch nicht vorhanden.

Bei der sehr gleichmäßigen Farbauflösung gibt es auch nichts zu bemängeln. Der Farbpegel ist in der Werkseinstellung nicht übertrieben stark eingestellt und verläuft äußerst homogen bis in hohe Frequenzen.

Die Verzeichnung des Objektives ist in Anbetracht des guten Weitwinkels als sehr gut einzustufen.

Die Farbgebung in der Werkseinstellung ist sehr neutral mit hoher Dynamik, ausfransenden Farben oder ähnliches waren nicht auszumachen.

Bei wenig Licht fand die Automatik nicht den von uns gewünschten Schärfepunkt, was wir leider erst zu spät bemerkt haben. Das Low-Light-Verhalten entspricht aber praktisch hundertprozentig der EX1. Es ist immer noch sehr gut, wirkt jedoch im Vergleich zu aktuellen Consumer-Camcordern oder DSLRs bei weitem nicht mehr so revolutionär wie im November 2007, als die erste EX1 vorgestellt wurde. Unseren neuen optimierten Low-Light Test haben wir mit der EX1R noch nicht durchgeführt, weil diese schon vor längerer Zeit durch unser Messlabor gelaufen ist.

Beim Ton fällt vor allem auf, dass die Bässe praktisch ungefiltert durchgelassen werden und auch die Höhen wenig beschnitten sind.

Fazit
Mit der Generalüberholung der EX1 zeigt Sony, wie gut man mittlerweile versteht, auf Kundenwünsche einzugehen. Nahezu alle Kritikpunkte der EX1, vor allem im Bereich Schalter/Ergonomie wurden mit der EX1R adressiert und verbessert. Das verdient Lob. Der Preis der EX1R orientiert sich mit einer UVP von 6664,63 Euro (Netto) am (mittlerweile nicht mehr produzierten) Vorgängermodel EX1.
Doch der Markt hat sich seit den Tagen der Einführung des slashCAM Referenzmodels EX1 verändert. Video-DSLRs schneiden zunehmend große Stücke vom Indie-Filmer-Kuchen ab und Canon hat mit der XF300/305 (allerdings „nur“ 1/3“ Chip) demnächst einen 50Mbit/s 4:2:2 Joker im Spiel. Trotzdem sollte man die EX1R nicht voreilig abschreiben.
In ihrer derzeitigen Form spielt sie immer noch locker in der Topliga in Sachen Lowlight, Handling und Funktionsvielfalt und mit ihrem ½ Zoll Chip gehört sie auch noch zu den „großen“ Kleinen. Allein, die Luft im Prosumer Kamera-Olymp scheint zunehmend dünner zu werden ...