Test Sony Vegas+DVD 7.0e

Sony Vegas+DVD 7.0e

"Long time no see, Vegas". Seit Version 5.0 gab es keine Vegas-Review mehr auf slashCAM. Das hatte weder Grund noch Methode, schlicht die Muse wollte ob der vielen erhältlichen Schnittprogramme nicht so recht einkehren. Was sich hiermit jedoch wieder geändert hat.

// 09:54 Fr, 18. Mai 2007von

Vor fast acht Jahren wurde Vegas Pro von einer Audio-Software-Schmiede namens SonicFoundry auf den Markt geworfen. Eigentlich als Audio-Multitracker zu SoundForge geplant, erhielt das Programm auch Videoschnittfähigkeiten und damit später auch den Beinahmen „Video“. Noch später fiel dieses Addendum wieder und die Softwarefirma wurde von Sony aufgekauft (oder war es andersrum?).


Mittlerweile wird auch der DVD Architect 4 in dem Softwarepaket hinzugepackt, weshalb das ganze nun Vegas+DVD heißt. Geblieben ist auf jeden Fall ein dickes Stück Videoschnittsoftware, das seit jeher seine Stärken in einer hundertprozentigen Windows-Unterstützung und dort besonders im Audio-Bereich ausspielen konnte.





Sony Vegas+DVD 7.0e : titel


Nun liegt das Programm bereits in seiner siebten Inkarnation vor und da stellt sich natürlich die Frage, wie sich dieses Softwarepaket im Vergleich zu aktuellen Schnittprogrammen schlägt.





Installation

Wie bereits erwähnt, unterstützt Sony mit Vegas praktisch jede aktuelle Microsoft-Technologie. Wir kennen kaum ein anderes Programm, das sich so „konsequent“ an die Bedienungsrichtlinen von Microsoft hält. Das schlägt sich auch in den notwendigen Komponenten nieder: Während der Installation wurden unter anderem das Dot-Net-2.0-Framework, die Visual C++ 2005 Runtime sowie der SQL Server Desktop (für den Sony Media Manager) gefordert. Auf Wunsch lädt das Setup diese Dateien automatisch aus dem Internet nach und installiert diese auf dem System. Ohne Aktivierung stellt das Programm nach 30 Tagen die Zusammenarbeit ein. Dafür lassen sich auch mit der DemoVersion in diesen 30 Tagen viele Funktionen des Programms in Ruhe ausprobieren. Nur lizenzpflichtige Codecs können dabei nicht genutzt werden. Dennoch schade: Schnittprogramme, die auch ohne Aktivierung auskommen muss man mittlerweile mit der Lupe suchen.





Die Oberfläche

Die Oberfläche erinnert mehr an ein klassisches Multitrack-Audio-Programm, denn an einen Schnittspezialisten. Mittlerweile bieten auch andere Video-Applikationen diese Art der gemischten Audio/Video-Timeline-Darstellung (u.a.: Magix VideoDeluxe). Allen Programmen hat Vegas jedoch ein ultraflexibles Bedienungskonzept voraus, das ebenfalls der Bus-Terminologie aus der Tonstudio-Technik entlehnt ist: Effekte lassen sich an diversen Stellen im Signalfluss einbinden. So kann ein Effekt ebenso auf einen Teilclip wie auf einen gesamten Track wirken. Wer beispielsweise eine Farbkorrektur oder einen Rahmen auf sein gesamtes Projekt legen will, kann dies über einen einzigen Effekt auf dem Master-Signal erreichen. Flexibler kann man Effekte kaum handhaben. Die Einstellung der Effekte ist dabei ebenfalls gut gelöst. Wie bei professionellen Programmen entstehen aus Effektkombinationen Filterlisterlisten, in denen sich jeder Parameter jederzeit ändern lässt. Jeder Parameter ist dabei über Keyframes animierbar, Veränderungen werden „schnellstmöglich“ im Vorschaufenster sichtbar.



Die Oberfläche von Vegas will erst einmal gelernt sein. Erst dann lässt sich mit der üppigen Funktionalität auch sinnvoll etwas anfangen.
Die Oberfläche von Vegas will erst einmal gelernt sein. Erst dann lässt sich mit der üppigen Funktionalität auch sinnvoll etwas anfangen.




Die Effektauswahl im visuellen Bereich wirkt dabei ziemlich erlesen. Dabei gilt auch hier das Motto Qualität statt Quantität. Anstatt die Auswahl mit unzähligen (und meist unnützen) Spezial-Effekten zu füllen, findet man hier eine solide Grundauswahl an Basiseffekten mit zahlreichen Parametern, die das Nachbauen von beliebigen Effektkombinationen gestatten. Eigene Parameter-Einstellungen lassen sich als Presets speichern, die direkt von den jeweiligen Filtern aus zugänglich sind.



Die Flexibilität der Oberfläche hat leider ein kleines ästhetisches Manko:


Die Bedienung ist geradezu streberhaft an die Windows Graphical-User Guidelines angelehnt. Allerdings nicht an die von Vista, sondern eher an die von Windows95. Daher macht die Berührung des Programms nicht so richtig Laune. Sozusagen, das genaue Gegenteil vom liebevoll-coolen Apple-Style mit viel Sinn für kleine Details. Vielmehr eine echt trockene Oberfläche ohne irgendwelche Schnörkel. Aber was soll´s? So wird man wenigstens nicht vom wesentlichen abgelenkt.



Wer mit dem Programm effektiv arbeiten will, muss sich bei der Bedienung etwas umgewöhnen. Gerade das Trimmen will erst einmal studiert und dann probiert sein. Hat man sich aber einmal an Ziffernblock und Trimmfenster gewohnt, lässt sich definitiv angenehm schnell mit dem Programm schneiden, zumindest soweit es die Performance zulässt...





Performance

Und genau dies führt uns schon zu einem der schwächsten Punkte von Vegas. Die Performance des Programms liegt einfach spürbar unter dem Klassendurchschnitt. Man kann zwar die Vorschau auf geringere Formate herunterschrauben, um mit HD halbwegs flüssig arbeiten zu können. Die Konkurrenz schafft hier jedoch deutlich mehr.


Im Gegenzug bietet das Programm bei der Vorschau ziemlich feine Optionen: Wer eine günstige HD-Preview über einen zweiten Monitor an der Dual-Head-Grafikkarte plant, bekommt in keinem anderen Programm so viele Einstellungen zu Gesicht. Die Timeline selbst ist übrigens ebenfalls extrem format-tolerant. Was andere Hersteller als besonderes Feature bewerben, ist bei Vegas seit langem Gang und Gäbe: Einfach alle Formate in die Timeline werfen, egal ob PAL oder NTSC, SD oder HD. Selbst noch so krumme Frameraten frisst und verarbeitet das Programm klaglos. Da wundert es auch nicht, dass das Sony-eigene XDCAM-Format in allen Finessen schon seit geraumer Zeit unterstützt wird. Panasonics DVCPRO bleibt dagegen in allen Variationen außen vor.



Wer einen zweiten Monitor an der Grafikkarte zur Vorschau nutzen will, findet hier jede Menge Einstellmöglichkeiten.
Wer einen zweiten Monitor an der Grafikkarte zur Vorschau nutzen will, findet hier jede Menge Einstellmöglichkeiten.





AVCHD

Eine Besonderheit zeigte sich bei AVCHD: Files, die von Sony-Handycams stammten, konnten problemlos in Vegas importiert werden, AVCHD-Dateien von Panasonic werden dagegen als unbekanntes Format abgelehnt. Doch abgesehen von diesem Problem macht die Arbeit mit AVCHD sowieso keinen Spaß. Die sowieso schon mäßige Performance des Programms brachte unser Testsystem (P4 EE, 3,2 GHz, 1 GB Ram, GF7600GT, 256MB) praktisch zum Stillstand. In der Vorschau kamen wir beim reinen Abspielen eines unbearbeiteten Sony-AVCHD-Clips auf ca. 2 Bilder pro Sekunde.


[UPDATE]


Scheinbar mag Vegas Intels HyperThreading-Technologie nicht besonders: Nachdem wir bei unserem Testsystem HyperThreading abgeschaltet hatten (was dann einem Pentium D840 entspricht), stießen wir auf etwas bessere Werte: So bekamen wir bei seitenkorrekter AVCHD-Vorschau in Vollauflösung nun ca. 6 FPS zu sehen. Diese Vorschauleistung lies sich noch auf bis zu 21 FPS steigern, wenn man auf eine Viertelbild-Vorschau mit quadratischen Pixeln umschaltete.


Dennoch liegt die Performance damit immer noch deutlich hinter gut optimierten Engines (wie z.B. von Pinnacle).


[UPDATE-Ende]






Doch Liebe fürs Detail?

Eine Liebe zum Detail zeigt das Programm dennoch, allerdings ist diese rein technischer Natur:


Egal, ob man seinen Video-Normpegel zwischen den RGB16-235 haben will oder dass die Aspect-Ratio bis auf die vierte Nachkomma-Stelle stimmt - bei Vegas hat alles seine hundertprozentige Korrektheit. Ein weiteres Beispiel sind die Curves der Color-Correction oder Masken. Beide lassen sich wie sonst nur in weitaus teureren Compositingprogrammen (und in Blender!) detailliert über Splines einstellen. So kann man noch an zig weiteren Stellen bemerken, dass jede Funktion immer mathematisch absolut korrekt implementiert wurde. Offensichtliche Geschwindigkeits-Trickerseien, die oft auf ungenauen Festkomma-Berechnungen basieren, sucht man vergeblich. Alle Bildberechnungen scheinen im Fließkomma-Genauigkeit und oft sogar im Subpixelbereich stattzufinden. Dies schlägt sich direkt in einer hohen Effekt-Qualität nieder. Allerdings dürften (wenn überhaupt) nur Profis diese Qualitäts-Unterschiede wirklich bemerken. Der Preis dafür ist wahrscheinlich (die bereits erwähnte) schlechte Echtzeit-Performance.



Das gibt es selten zu sehen - sogar die Curves-Farbkorrektur arbeitet mit Splines.
Das gibt es selten zu sehen - sogar die Curves-Farbkorrektur arbeitet mit Splines.


Im Profibereich muss sich Vegas dennoch Kritik bei der internen Verarbeitung gefallen lassen, denn der Farbraum ist auf 8 Bit beschränkt. Durchgehende 10 Bit-Verarbeitung wie bei manchen Konkurrenten und vielen Profilformaten üblich sind mit dem Programm nicht möglich.






Audio

Der ehemalige Hersteller Sonic Foundry hatte sich vor allem in der professionellen Soundszene einen guten Namen gemacht. Programme wie „Sound Forge“ und der Loop-Sequenzer „Acid“ sind sicherlich auch manchen Videoanwendern ein Begriff und nun ebenfalls im Firmenbesitz von Sony. Aus diesem Grund ist es auch nicht verwunderlich, dass eine weitere Stärke des Programms in der Audiosektion verborgen ist. Während Konkurrenzprogramme diesen Teil der Videonachbearbeitung immer noch stiefmütterlich behandeln, befriedigt Vegas Video auch die höchsten Ansprüche professioneller Soundtüftler. So kann das Programm intern mit bis zu 24 Bit und 96 Khz Samplingrate rechnen. Die mitgelieferten Audio-Effekte unterstreichen die hochgesteckten Erwartungen: Alle Filter, vom Hall über Equalizer bis zum Kompressor klingen extrem sauber und sind als „absolut studiotauglich“ zu bezeichnen.



Im Audio-Bereich macht Vegas kein anderes Schnittprogramm etwas vor - 5.1-Mix kann z.B. direkt in der Timeline erfolgen.
Im Audio-Bereich macht Vegas kein anderes Schnittprogramm etwas vor - 5.1-Mix kann z.B. direkt in der Timeline erfolgen.


Unseres Wissens nach wie vor einzigartig in einem Videoprogramm: Man kann die Phasenlage jeder einzelnen Spur ändern. Wer beispielsweise eine Szene mit mehreren Mikrofonen aufgenommen hat, kann hiermit wirkungsvoll die berüchtigten Phasenauslöschungen umgehen. Summa Summarum kann man mit Sicherheit behaupten, dass nach wie vor kein anderes Videoschnittprogramm an die Audioqualitäten von Vegas herankommt.





Stabilität

Einen wichtigen Beweis tritt Vegas außerdem an: Denn es zeigt, dass ein solide programmiertes Windows-Programm auch ziemlich stabil sein kann. Uns stürzte das System während des Tests jedenfalls kein einziges Mal ab.





DVD-Authoring

Vegas+DVD hat ja offensichtlich seinen Namen um den mitgelieferten DVD-Architect erweitert. Hierbei handelt es sich um eine vollständige DVD-Authoring-Suite inklusive Scripting-Möglichkeiten. Da es sich bei diesem Test jedoch um einen Schnittprogramm-Test handelt, werden werden DVD-Architect einmal gesondert unter die Lupe nehmen.






Fazit

Ein gemächliches, aber solides Universal-Arbeitstier trifft als Beschreibung auf Vegas eigentlich ziemlich genau zu. Das Programm ist ein ziemlich üppig ausgestattetes Schnittsystem, das an jeder Ecke fasziniert und überrascht. Im produktiven Einsatz läuft es ausgesprochen stabil und beim Funktionsumfang gibt es kaum etwas zu entdecken, was Vegas nicht kann. Schon alleine die Überlagerungsfunktionen, die bei Premiere seit der Pro Version 1.0 verschwunden sind, sind ausgesprochen nützlich. Durch seine flexiblen-Effektmöglichkeiten, sind jedoch selbst komplette Compositings bis zu einem gewissen Grad realisierbar. Und auch im Audiobereich gibt es nach wie vor kein Schnittprogramm, das mit dieser Funktionalität mithalten kann. Die Effektqualität ist dabei sowohl im Video- als auch im Audiobereich über alle Zweifel erhaben. Keine Frage, mit Vegas lassen sich professionelle Ergebnisse erzielen, solange man mit 8-Bit-Videoformaten arbeitet. Dennoch will uns das Programm nicht vollständig vom Hocker reißen: Denn die Performance ist (wahrscheinlich wegen der genauen Effektberechnung) unterdurchschnittlich. Und dadurch macht das schneiden von HD-Material mit dem Paket einfach wenig Laune. Wer dies jedoch verschmerzen kann und bereit ist, sich etwas in die Bedienphilosophie von Vegas einzuarbeiten wird mit einem Schnittsystem belohnt, dessen Funktionsumfang praktisch keine Konkurrenz hat. Panasonic-AVCHD und DVCPRO-Anwender sind als potentielle Kunden allerdings offensichtlich ausgeladen.


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