Test Sony FDR-AXP33 - Alles anders mit 4K?

Sony FDR-AXP33 - Alles anders mit 4K?

4K, kleiner Sensor, Balanced Optical Steady Shot und Beamer. Mit diesem wilden Feature-Mix geht Sony auf die Jagd nach der Camcorder-Käufergunst in 2015...

// 10:09 Mi, 13. Mai 2015von

Die Verkaufzahlen von Camcordern kennen seit vielen Quartalen nur noch eine Richtung: Nach Unten. Wurden vor einigen Jahren noch in Deutschland über eine halbe Million Modelle pro Jahr abgesetzt, hat sich diese Zahl mittlerweile auf geschätzte 100.000 Stück reduziert. Die Gründe hierfür dürften vielfältig sein: Auf der einen Seite kann mittlerweile praktisch jedes Smartphone auch filmen. Zwar meist in eher bescheidener Qualität, aber für das Groß der Anwender offensichtlich ausreichend gut. Auf der anderen Seite gibt es die qualitätsbewussten Filmer, die Wert auf hohe Dynamik, gutes Low Light-Verhalten und beizeiten sogar auf eine flexible Objektivauswahl legen. Diese Filmer bevorzugen entsprechend große Sensoren, die man eher in vielen Fotoapparaten und speziellen Großsensor-Filmkameras vorfindet. Diesen Anwendern bietet sich mittlerweile auch schon in Preisregionen unter 1.000 Euro eine spannende Auswahl an diversen Modellen, um zu beeindruckenden Ergebnissen zu gelangen.



Sony FDR-AXP33
Sony FDR-AXP33


Camcorder für rund 1.000 Euro, wie der Sony FDR-AXP33 haben es daher mittlerweile besonders schwer, zwischen diesen Stühlen mit speziellen Funktionen zusätzliche Käuferschichten anzusprechen.





Vorteile

Ein Sony-Exklusivmerkmal ist seit ein paar Generationen der beeindruckende Balanced Optical Steady Shot Bildstabilisator. Wie bei einem Gimbal ist dabei die komplette Optik incl. Sensoreinheit beweglich gelagert. Die Kamera erfasst laufend die Bewegungsdaten der Kamera und Micro-Motoren korrigieren permanent in Echtzeit die Lage des Sensors incl. Optik. Das Ergebnis der Stabilisierung ist tatsächlich bemerkenswert und den meisten anderen integrierten Stabilisierungssystemen deutlich überlegen. Allerdings bleibt beim Filmen aus der Hand die Kamera auch nie wirklich ruhig, sondern sie schwimmt permanent leicht korrigierend vor sich hin, wie auf lauer See.



Ein weitere Punkt ist die einfache Bedienung von Camcordern. Tatsächlich findet sich wohl jeder Anwender, der älter als 25 Jahre ist, mit der Bedienung eines Camcorders sofort zurecht: Display raus, Aufnahmeknopf unter dem Daumen und los gehts. Gerade um einmal der Oma oder einem Passanten eine Kamera für einen schnellen Moment in die Hand zu drücken wird die Aufnahme so eher gelingen, als mit einem Smartphone.



Da der Sensor von Camcordern relativ klein ist, ist auch die Schärfe in der Regel kein Problem. Die Kameras liefern eher zu scharfe Abbildungen, als dass ein Bildbereich einmal versehentlich unscharf wird. Hinzu kommt, dass die Hersteller in der Regel mit künstlicher Nachschärfung noch zusätzlich nachhelfen, was das Bild in unseren Augen jedoch schnell sehr unnatürlich wirken lässt. Durch die kleinen Photodioden des Sensors besitzt das Bild auch keine sonderlich große Dynamik. Schatten sind detailarm, Lichter brennen früh aus. Da jedoch auch Handys mit ihren kleinen Sensoren eine ähnliche Bildästhetik besitzen, wird dieser nachgeschärfte, kontraststarke Look von vielen Anwendern mittlerweile sogar als modern wahrgenommen.







Nachteile

Führt man sich diese Punkte als Vorteile vor Augen, so ist die Sony FDR-AXP33 definitiv gelungen, jedoch gibt es ein paar Punkte in der Praxis die uns persönlich dennoch stark stören: So erlaubt die Kamera ein weiteres mal nicht, die wichtigen Parameter einer Szene manuell einzustellen. Eine manuelle Kontrolle gibt es nur über Verschlusszeit ODER Blende, jedoch nicht über beide Werte gleichzeitig. Sobald man den Shutter fixiert, regelt die Kamera die Blende automatisch. Fixiert man dagegen die Blende regelt die Kamera den Shutter. In der Folge greift die Kamera immer automatisch ins Bild ein, wenn sich die Lichtverhältnisse ändern, was oft nicht erwünscht ist und immer sehr amateurhaft aussieht. Es bleibt uns ein Rätsel, warum Sony weiterhin daran festhält, einem Camcorder für 1.200 Euro keine manuelle Bild-Kontrolle zu gönnen. Selbst bei den meisten günstigen Fotoapparaten und Smartphones ist dies mittlerweile möglich, obwohl es dort weitaus weniger Nachfrage nach manueller Kontrolle beim Filmen geben dürfte.



Das alles wirkt umso undurchschaubarer, weil Sony mit den übrigen Funktionen des Topmodells doch offensichtlich auch semiprofessionelle Filmer ansprechen will: Zur Bildkontrolle gibt es Zebra und Peaking, zum manuellen Fokussieren einen mehrfach belegten Objektivring mit Display-Lupe. Selbst eine Tonpegel-Anzeige, für den frei pegelbaren Mikrofon-Anschluss und eine Kopfhörerbuchse (beides Miniklinke) sind vorhanden. Alles Funktionen, auf die der Automatik-Familien-Filmer wohl kaum wert legt.



In 4K (UHD mit 3840 x 2160) beherrscht der FDR-AXP33 Datenraten von 60 oder 100 MBit/s. Für letzteres ist eine UHS-I U3 Speicherkarte obligatorisch. Das deutsche Modell kann dabei nur 24 oder 25 fps aufzeichnen. 50 oder 60 fps in 4K bleibt somit erst einmal in der teureren Camcorderlinie vorbehalten. Etwas unverständlich, da gerade 50 oder 60 Hz für Familienfilme am heimischen Fernseher wegen der Bewegungauflösung ein starkes Kaufargument wären.



Ebenso unverständlich der 24p-Modus. Hierfür muss die Kamera neu gestartet werden und (!!) die SDXC-Karte neu formatiert werden. Grund dafür, dass man 24 und 25p-Clips nicht mischen kann, dürfte die fehlende Möglichkeit sein, beide Formate gleichzeitig in der Kamera wiederzugeben. Dass im 24p-Modus der nur von absoluten Profis geforderte 1/48s Shutter vorhanden ist, macht die Zielgruppendefinition dieser Kamera noch etwas skuriler. Zur Verteidigung muss man jedoch erwähnen, dass der direkte Konkurrent, die Panasonic HC-VX878 sogar nur einzig 25p bei 72 Mbit unterstützt.





Integrierter Beamer mit SD-Auflösung

Wie schon die meisten Vorgänger, hat auch die FDR-AXP33 wieder einen Beamer im Display-Deckel - ein weiteres Alleinstellungsmerkmal von Sony Camcordern. Dieser ist jedoch mit der 4K-Aufzeichnung nicht mitgewachsen sondern besitzt immer noch die gleichen Eckdaten, wie beim Vorgängermodell des letzten Jahres (HDR-PJ810): Also 50 Lumen bei 854 x 480 Pixeln Auflösung. Somit weit entfernt von 4K oder FullHD-Wiedergabe. Noch nicht einmal der frühere Fernsehstandard SD-PAL kann damit mit voller Auflösung wiedergegeben werden, weil es statt 576 nur 480 Linien Auflösung gibt, die gerade mal für Wide-NTSC genügen.



Für Familien höchst praktisch wäre es da wohl, wenn der Projektor von der SD-Karte Filme abspielen könnte. Damit wäre im Urlaub der Camcorder für das Familien-Minikino perfekt geeignet. Doch die Kamera kann nur wiedergeben, was sie auch selber aufgezeichnet hat. Vom PC kopierte Files auf SD-Karte? Leider Fehlanzeige. Wer den Projektor dennoch fürs Urlaubs-Kino nutzen will, kann immerhin den Mini-HDMI-Input hierfür nutzen. Doch dann braucht man auch wieder einen externen Zuspieler und nur wenige Smartphones haben einen HDMI-Output...



Ende April 2015 hat sich Sony übrigens entschlossen, ein ansonsten baugleiches Modell (FDR-AX33) ohne Beamer für 200 Euro weniger Listenpreis auch in Deutschland anzubieten. In unseren Augen ein guter Schritt, da nur wenige Anwender tatsächlich einen praktischen Einsatzzweck für den integrierten Beamer zu sehen scheinen.



Neben dem Display (das selber auch weiterhin mit 921.000 Pixeln auflöst) gibt es auch einen Sucher. Für mache Anwender sicherlich noch ein wichtiger Grund, zu einem Camcorder zu greifen. Der integrierte Sucher mit Dioptrien-Ausgleich ruckelt allerdings und zeigt dazu die typischen Regenbogenschlieren. In der prallen Sonne mag das besser als nichts sein, aber wer in letzter Zeit die Fortschritte bei OLED-Suchern gesehen hat, für den wirkt der Sucher der FDR-AXP33 schon etwas antiquiert.





Die Bildqualität

Die eigentlichen technischen Daten der Kamera sind weniger auffallend und wirklich typisch für einen Camcorder: Hinter der 10fach Zoom-Optik mit kleinbildäquivalentem 30mm Weitwinkel sitzt ein 1/2,3-Zoll Sensor, der ungefähr einen Crop-Faktor von 7,8 besitzt. Die effektiven 8 Millionen Sensel kann er allerdings nicht für die feinsten 4K-Details nutzen.



Sony FDR-AXP33 - Alles anders mit 4K? : ISO300 4K


Im Gegenteil, die kleinen Sensel des Sensors scheitern wohl an den optischen Grenzen des Objektivs und können feine Details nicht mehr komplett auflösen. In den Ringen des 4K-ISO Ausschnitts kommt es dazu zu falschen Mustern in den Kreisen. Weiters schärft die Kamera für unseren Geschmack etwas zu stark nach, was sich auch leider auch nicht im Menü zurückdrehen lässt.



Low-Light



Bei wenig Licht schlägt die Sensorgröße dann brutal zu: Dunkel und mit wenig Details verschwindet das Bild bei 12 Lux im Rauschen der Dunkelheit. Interessant ist dabei, dass die Panasonic HC-VX878 hier etwas besser abschneidet, obwohl Sensor-Werte und Objektivöffnung sehr ähnlich sind (Test hierzu folgt in kürze).



Die Sony FDR-AXP33 bei 12 Lux im Automatik-Modus
Die Sony FDR-AXP33 bei 12 Lux im Automatik-Modus




Versucht man sich mit manueller Optimierung (fixer 1/25 Sekunde Shutter sowie manueller Weißabgleich) so wird das Ergebnis kaum besser:



Die Sony FDR-AXP33 bei 12 Lux mit manuellem Weißabgleich und 1/25s Shutter.
Die Sony FDR-AXP33 bei 12 Lux mit manuellem Weißabgleich und 1/25s Shutter.


Kommt dagegen viel Licht ins Spiel, zeigt die Kamera ein typisches 1/2-Zoll Sensor-Bild: Fast schon zu knallige Farben sowie hohe Kontraste dominieren das Bild und lassen sich auch nicht manuell zurückfahren.



Die Sony FDR-AXP33 bei 1200 Lux im Automatik-Modus
Die Sony FDR-AXP33 bei 1200 Lux im Automatik-Modus


Für vollautomatische Familienfilmer trifft so eine Bildästhetik jedoch vielleicht genau den richtigen Nerv...





Fazit

Auf der einen Seite kann Sony in dieser Preisklasse ein paar wichtige Alleinstellungsmerkmale aufweisen, die für ambitionierte Filmer durchaus kaufentscheidend sein können: Vor allem der bemerkenswerte Bildstabilisator sowie überhaupt das Vorhandensein eines Suchers (den wir allerdings nicht so bemerkenswert finden). Auf der anderen Seite vergrault Sony gleichzeitig diese Zielgruppe mit fehlender manueller Kontrolle sowie festen, überschärften Bildprofilen. Der gering auflösende Beamer macht an einem 4K-Modell noch weniger Sinn als bei seinen Vorgängern, weshalb Sonys Entscheidung jetzt doch noch ein beamerloses Modell nachzuschieben, goldrichtig ist. Die Integration von 4K ohne 50p-Modus ist in unseren Augen in dieser Modellklasse eine verpasste Chance.



Da stellt sich für uns die Henne-Ei-Gretchenfrage: Bricht der Camcorder-Markt wohl auch so ein, weil die Hersteller keine echten Innovationen mehr in dieser Produktkategorie hinbekommen. Oder gibt es keine echten Neuentwicklungen mehr, eben WEIL der Markt schon abgeschrieben ist. 4K als alleiniges Zusatzfeature fühlt sich in dieser Geräteklasse auf jeden Fall seltsam an. Besonders weil weder Display, Sucher noch Beamer in der Lage sind, auch nur FullHD in voller Auflösung darzustellen.


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