Aus Zeitgründen haben wir bereits einen ersten Teil des Alpha 6300 Testberichts veröffentlicht. Im diesem zweiten Teil wollen wir noch auf ein sehr spezielles Phänomen in den Schatten des Codecs eingehen. Außerdem haben wir uns die Überhitzungproblematik und die Akkulaufzeiten angesehen. Hierzu sollte man vorab auf jeden Fall erwähnen, dass die Elektronik und der Sensor der Alpha 6300 in einem spritzwasser-geschützen Gehäuse residieren, was die Kühlung ziemlich aufwändig gestalten dürfte. Im Gegensatz zu typischen Cinekameras findet man an der Sony keine Lüftungschlitze und man hört auch keine auffälligen Lüftergeräusche. Im Netz kursieren viele Videos und (Blog-)Berichte, die von einer schnellen Überhitzung der Kamera zu berichten wissen, wenn man in 4K filmt. Daher wollten wir es auch einmal ausprobieren und haben bei einer Zimmertemperatur von 23 Grad versucht die Kamera zu einer Hitzepause zu nötigen.
Hitzeprobleme?
Im Netz wird berichtet, dass der Akku einer der Haupthitze-Erzeuger zu sein, darum haben wir absichtlich im Akku-Betrieb getestet. Außerdem soll die Kamera schneller überhitzen, wenn das Display nicht ausgeklappt ist, weshalb wir es eingeklappt ließen.

Dennoch gelang es uns zwei volle 29:50Min-Clips ohne Hitzewarnung am Stück zu erzeugen. Erst der dritte Clip wurde dann nach 14 Minuten mit der Hitzewarnung abgebrochen. Übrigens wirklich knapp bevor der zum Start vollgeladene Akku ebenfalls leer gelaufen wäre. Der Akku war übrigens auch nach der Warnung nicht sonderlich heiß. Dennoch kann es wahrscheinlich auch etwas helfen, im Zweifelsfall zwischen zwei Takes einfach mal einen warmen gegen einen kühlen Akku zu tauschen.
Bei höheren Außentemperaturen oder besonders wenn die schwarze Kamera in der Sonne steht dürfte die Hitzepause deutlich früher auftreten. Wer jedoch nicht 74 Minuten am Stück filmen will und bei der Außentemperatur unter 23 Grad bleibt, dürfte bei typischer szenischer Arbeit mit gelegentlichen Drehpausen daher kaum Überraschungen erleben. Bei einer Doku in der Wüste würden wir uns dagegen nicht auf die Alpha 6300 verlassen.
Schwarze Kanten
Bei der näheren Betrachtung einiger Testbilder ist uns eine Bildeigenheit der A6300 aufgefallen, die wir nach wie wie vor nicht hundertprozentig erklären können. Zuerst tippten wir auf einen Zeilen-Versatz im Chomakanal, nun denken wir eher, dass es sich um eine Art (nicht abstellbare) Kontrastaufsteilung an Objektkanten handelt. Vielleicht ist es aber auch ein ungewollter Downscaling Effekt. Bevor wir uns noch länger darüber schriftlich auslassen hier einmal unser ISO-Testchart in S-Log3 abgefilmt:

Dies ist eine pixelnative Abbildung, die wir zur folgenden Diskussion mit Pixelwiederholung in Photoshop auf 200 Prozent aufblasen:

Den hier auftretenden Effekt haben wir schon bei anderen Sony Kameras gesehen, jedoch ist er uns noch niemals so stark aufgefallen wie bei der Alpha 6300. Vor allem beim Filmen in S-Log 2 und 3 scheint es in den Schatten sehr deutliche Sprungstellen in der 8 Bit-Quantisierungstabelle zu geben, die laut Log-Formel hier jedoch nichts verloren haben. Das komische ist, dass in den verschieden eingefärbten Flächen durchaus feine Farbnuancen aufgezeichnet werden. Auf den zweiten Blick scheint es so, also würde die Kamera sich bei größeren Flächen einmal für die Grundhelligkeit einer Fläche entscheiden, und dann so etwas wie ein einheitliches Farbniveau für die ganze Fläche wählen. Vielleicht eine Art übertriebene Noise Reduction, die das Dynamik-Verhalten bei Messcharts hochtreibt? Doch auch das trifft den Punkt letztendlich nicht. Nach weiteren Testaufnahmen würden wir am ehesten darauf wetten, dass Sony hier eine Art negative Kantenanhebung im Luma-Kanal macht. Beim einem starken Übergang von Hell nach Dunkel wird die dunkle Kante noch dunkler gemacht. Dies passiert trotz heruntergeregelten Details in den Bildprofilen.
Nachdem Sony ja eine Menge Nachschärfungsparamter anbietet, haben wir hier noch ein paar Tests gemacht, sind aber nicht weiter gekommen. Nachdem sich die Nachschärfung ja zwischen -7 und +7 einstellen lässt, dachten wir, dass sich hier vielleicht hinter der Mittelstellung das wahre Abschalten der Nachschärfung versteckt, sozusagen die Mitte zwischen “dunkler” und “heller” Nachschärfung. Leider war dem nicht so. Auch in den noch tiefer gelegenen Detail-Eistellungen lassen sich 5 verschiedene Typen eines als “B/W-Balance” bezeichneten Parameters einstellen. Doch auch auch diese Typen hatten keinen Einfluss auf den Effekt.
Als Workaraound könnte man sich auch damit behelfen, den Schwarzwert der Aufnahme tiefer zu legen. Wenn das schwarz selber schon sehr tief liegt, sollte die abgesenkte Kante ja kaum tiefer liegen können. In der Theorie würde man sich damit allerdings den genormten Log-Gamma-Verlauf verbiegen und schiebt die Schwarztöne dazu in einen Bereich, der in 8 Bit kaum noch Quantisierungsstufen aufweist. Also das Gegenteil von dem was man sich durch eine 8 Bit Log-Aufnahme zu Gewinnen erhofft. Probiert haben wir es trotzdem und haben es in S-Log 3 trotzdem nicht geschafft in der Kamera den Schwarzwert so abzusenken, dass er auf den Niveau der künstlichen Kante liegt. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Kantenaufsteilung in den Schatten erst nach der internen Anwendung der Log-Kurve passiert. Und dass die Anpassung des Schwarzwertes jedoch vor der Log-Codierung stattfindet. Was einerseits sinnvoll wäre, weil damit eben genau nicht der Log-Verlauf verändert werden kann. Aber auch blöd, weil der Anwender so nicht in der Kamera dieses Verhalten nicht beeinflussen kann.
An dieser Stelle mussten wir abbrechen, da a) die Kamera schon wieder weiterziehen musste und b) wir nicht allzuviel Zeit in einen Workaround investieren können. Abschließend können wir jedoch noch einen Gedanken auf den Weg geben. Falls wir persönlich in der Praxis mit diesem Problem zu kämpfen hätten, würden wir versuchen in der Postproduktion alle Töne unter dem Schwarzpegel von S-Log zu separieren und diese anschließend auf den Log-Schwarzpegel anheben. Dies dürfte das Bild an den entsprechenden Stellen deutlich natürlicher wirken lassen.
Abschließendes Fazit
Nachdem wir kurz davor die Blackmagic Micro Cinema Camera im Testlabor hatten, fällt ein typisches Sony-Manko bei diesem Test besonders ins Auge: Und zwar, dass man bei Sony fast immer mit digitalen Bildeingriffen konfrontiert wird, die irgendwie unnatürlich wirken und die sich meistens gar nicht oder nur mit viel Rechereche abschalten lassen. Sei es das Wachs-Haut Problem der A7s, das seltsame Rauschverhalten der FS5 oder wie in diesem diesem Fall die dunklen Kanten im Log-Superblack-Bereich der Alpha 6300.
Bei Blackmagic wirkt das Bild nicht nur wegen RAW einfach natürlicher, sondern es wird offensichtlich nur sehr wenig digital eingegriffen. Diese Unterschiede treten bei normalen Motiven nur subtil zu Tage, sorgen aber dennoch dafür, dass das Sony-Bild oft irgendwie digital und steril ohne analoges Flair wirkt.
Auch die Auslesezeiten des Rolling Shutters sind extrem lang und die Display- und Sucher Lupen-Funktion können das manchmal sehr wichtige letzte Quäntchen 4K-Schärfe im Videomodus nicht darstellen. All dies trübt den Einsatz der Kamera aus der Hand. Am Stativ für den szenischen Einsatz kann die Kamera dagegen nicht ihren faszinierenden Formfaktor richtig ausspielen. Da man aktuell für 600 Euro mehr im Internet schon eine A7s bekommt, empfiehlt sich diese aufgrund des größeren Sensors deutlich mehr für einen cinematischen Filmeinsatz mit einem externen 4K-Recorder. Auch eine Panasonic GH4 mit einem aktiven 0,64x SpeedBooster landet in dieser Preisregion und hat beispielsweise ein deutlich besseres Rolling Shutter und Hitze-Verhalten bei ähnlichen Run-And-Gun-Abmessungen. Dazu bietet letztere auch einen Kopfhöreranschluss.
Dennoch darf man die Kamera für 1250 Euro auch richtig gut finden, wenn die genannten Punkte bei dem persönlichen Workflow nicht stören. Internes 4K Recording auf voller Super 35 Sensor-Fläche gibt es (nach Samsungs NX1-Exit) sonst nirgendwo so günstig. Dabei wird das Bild sogar prinzipiell sauberer heruntergerechnet, als bei den meisten, deutlich teureren Sony Pro-Kameras. Dazu bietet die A6300 Einstellmöglichkeiten zum Abwinken sowie die aktuell spannendste Mount, die nicht nur zahlreiche Objektiv-Adaptionsmöglichkeiten bietet, sondern per Focal Reducer sogar auf Kleinbild-Vollformat-Ästhetik getrimmt werden kann. Das Low-Light-Verhalten ist ebenfalls bemerkenswert und mit einem passenden Prime-Objektiv wie z.B. einem Sigma 30mm/1.4 kommt man zudem schnell zu einer Cine-Ästhetik die wirklich kompakt ausfällt. Mit unter 700g Komplettgewicht hätte man hier schon eine nette 4K Rebel-Cam, zu der der aktuelle Preis allerdings nicht so ganz passen will.
Der starke Dollar spielt aktuell grundsätzlich gegen die Käufer in Europa und nachdem das Erdbeben in Japan anscheinend die Kamerabranche doch härter getroffen hat ursprünglich angenommen, erwarten wir aufgrund der angespannten Liefersituation zudem nicht, dass der Preis der Sony Alpha 6300 in nächster Zeit deutlich nachgeben wird.