Nach dem ersten Eindruck der GH3 noch mit der 0.5er Firmware und der offiziellen Testlabormessung liegen nun unsere Einschätzung zum Verhalten der Panasonic GH3 in der Praxis vor. Da schon recht viel über die GH3 auf slashCAM berichtet wurde, haben wir uns hier vor allem auf die neuen Funktionen gegenüber der GH2 konzentriert.
Technische Daten
Wie bereits der Vorgänger GH2 verfügt die GH3 ebenfalls über einen 16 MP CMOS-Sensor. Panasonic hat sich also trotz neuen Sensors dazu entschieden, die MP-Zahl nicht zu erhöhen, was grundsätzlich erstmal als gute Nachricht für die Videofunktionalität gewertet werden sollte. Allerdings handelt es sich nicht mehr um einen Multi-Aspect-Sensor von Panasonic wie noch beim Vorgänger. Mit dem neuen Sensor geht ein anderes Cropverhalten einher, das wir im Abschnitt „Cropfaktor GH3 vs GH2“ beleuchten.
Aus technischer Perspektive die wichtigsten Neuerungen dürften das robuste und gut verarbeitete Magnesiumgehäuse, die All-I Codierung, die OLED-Sucher und Monitoreinheiten sowie die externe Erweiterbarkeit (Kopfhörer, Wifi, System-Mikro, Blitz-Synchro und Hochformatgriff) darstellen. Blickt man auf die technischen Einzeldaten sieht man überall behutsame Verbesserungen. Hierzu zählen 6 B/s Serienbildfunktion (Vorgänger 5), bessere Zeitlupenfunktion bei Videos (40%), reaktiverer Touchscreen, neues Menüdesign und neue Timecodeoptionen. Die auffälligste Neuerung betrifft die Ergonomie und das Bedienlayout womit wir unseren Praxis-Einschätzung auch eröffnen wollen:
Ergonomie
Wir waren bereits bei der GH2 ziemlich begeistert, wieviel Bildkontrolle auf Knöpfe und Schalter nach außen geführt wurde. Die GH3 schafft sowohl in diesem Punkt als auch in der allgemeinen Ergonomie noch einmal eine Steigerung. Das grössere Gehäuse ( 392g GH2 vs 470g GH3 bei 124 x 89,6 x 75,8 mm vs 132,9 x 93,4 x 82,0 mm) mit seiner deutlich besseren Daumenaufnahme und Handkeilausformung gewährleistet auch einen besseren Winkel zum Auslöser als noch beim Vorgänger. Auch die neue Platzierung der WB, ISO und Belichtungskorrekturtasten sorgt für einen schnelleren Zugriff auf diese Bildparameter.

Gleiches gilt für die Neuerung der Blenden- und Verschlußzeitenbedienung: Die Führung von Verschlusszeit und Blende auf Daumen- und Zeigefingerrad wie bei vielen ausgewachsenen DSLRs. Hinzu kommen die 7 frei belegbaren Funktionstasten (zwei davon auf dem Touchscreen-Display) sowie die 3 von der GH2 bereits bekannten Custom Settings C1-C3.


In Sachen nach Außen geführter Funktionen bewegt sich die GH3 - wie die GH2 zuvor - im Spitzenfeld aktueller Systemkameras und lässt darüber hinaus viele DSLRs hinter sich. Vom Layout her gibt es kaum etwas zu kritteln an der GH3 – sehr saubere Arbeit hier von Panasonic. Einzig die Bedienung des Klappdisplays bei gleichzeitigem Betrieb eines Kopfhörers empfanden wir noch als verbesserungswürdig - Grund: Der OLED -Monitor lässt sich dann auf Grund des Kopfhörerkabels nicht mehr uneingeschränkt verschwenken bzw neigen.

Und wer mit dem eingebauten Mikrofon aufnehmen möchte (was wir bei keiner Video-DSLR für ambitioniertere Projekte empfehlen), der sollte die Finger von den Blenden bzw. Verschlußzeitenrädern lassen, denn die Rasterung überträgt sich deutlich auf das Gehäuse und damit das Mikrofon während der Videoaufnahme. Clever gelöst ist hingegen das Aussteuern der Audiopegel während der Aufnahme, die via Touchscreen-Regler zuverlässig und leise gepegelt werden können.
Doch das große Bild der Panasonic GH3 Ergonomie ist eindeutig: Eine für ambitionierte Nutzer und gerade auch für manuelle Bedienung hervorragend ausgelegte Video-DSLR.
Stellt sich die Frage, wie eine GH5(?) in Zukunft beschaffen sein könnte – ein Paar Kleinigkeiten fallen uns dann doch noch ein: Eine elegante XLR-Adapter Lösung (wir sind hier schon sehr gespannt auf die Sony Alpha 99 + XLR Adapter) würde auch der GH-Serie gut stehen und wieso nicht noch konsequenter die Trennung zwischen Video- und Fotofunktion? Ein Schalter der die gesamte Kamerabedienung von Foto- auf Videogerät umlegt: Dann liesse sich sicherlich auch noch eine Zebra- und Peakingfunktion unterbringen … ok, wir schweifen ab ... also zurück zu den Fakten.
Panasonic GH3 Videoformate und Speicherplatz
Wer sich einen Überblick über die Speicheranforderungen der einzelnen Videoformate der Panasonic GH3 verschaffen möchte, dem sei die folgende Grafik angeboten:

WIFI
Einer der Trends auf die Photokina 2012 war klar die Bestückung der DSLR und Systemkameras mit WIFI Komponenten. Auch die GH3 hat eine WIFI Einheit integriert bekommen und aktiviert diese auf Knopfdruck (Fn1).
Zusammen mit der kostenlosen Smartphone Lumix Link App (für Android und iOS) lassen sich diverse Remote-Funktionen ausführen: Kameraauslösung via Smartphone inkl. diverser Kameraeinstellungen, Videos lassen sich remote starten (allerdings nicht beenden oder previewen) und es lassen sich Bilder live zum TV, Smartphone, Tablet oder Laptop streamen (Teather) oder später auswählen und via WIFI verschicken, drucken etc.

Auch wenn die Wifi Verbindung gelegentlich etwas wackelig war und sicherlich auch die Kamerabatterie ordentlich leersaugen dürfte, hat uns das Experimentieren mit der WIFI Funktion Spaß gemacht (und als „Spaßfaktor“ sollte man die Funktion auch verstehen) – so gesehen ist sie dann auch eine willkommene Bereicherung im Funktionsumfang von Panasonics Flaggschiffmodel.
Die Bedienung via Lumix-Link-App war unkompliziert und der Funktionsumfang gut. Gerne hätten wir natürlich auch eine Videovorschau während der Aufnahme bzw. Videostreamingfunktionalitäten gesehen, aber der gegebene WIFI Funktionsumfang dürfte dem derzeitigen Stand der Geräteklasse entsprechen. Von daher also keine Kritik von unserer Seite sondern ein Nice to Have.
Cropfaktor GH3 vs GH2
Wie bereits im Vorfeld bekannt wurde, besitzt die GH3 keinen Multi-Aspect Sensor, wie die GH2 ihn noch besaß. In der Videopraxis ergibt sich damit für den Ausschnit eine deutlich spürbare Brennweitenverlängerung. Also ein höherer Cropfaktor als bei der GH2 und damit auch weniger Weitwinkelabdeckung beim Gebrauch der gleichen Weitwinkeloptik. Oder positiv formuliert: Eine etwas stärkere Telewirkung. Die GH3 verliert also etwas Weitwinkel und gewinnt etwas Tele.
Da wir grundsätzlich für den Filmbereich eher Weitwinkel als Tele schätzen, empfinden wir diese neue Ausrichtung der GH3 eher als Manko im Vergleich zum Vorgänger. Telespezialisten dürfen sich hingegen freuen. Beim Versuch den 14er Weitwinkelausschnitt der GH3 mit der gleichen Optik an der GH2 in Einklang zu bringen, landen wir ungefähr bei 15-16mm. Aus einem knapp 28er Bildausschnitt auf KB gerechnet wird also so ungefähr ein 30er.
Auf den ersten Blick mag dies als Zahl nicht wirklich viel erscheinen – vergleicht man jedoch die maximalen Bildausschnitte der GH3 mit der GH2 bei realen Motiven wird daraus eine deutlich spürbare Verknappung des Weitwinkels, die gross genug ist, um wichtige Bildelemente nicht mehr hinreichend abzubilden. Auf diesen Umstand ist bislang wenig hingewiesen worden. Hier ein entsprechender Vergleichsshot zur Bildfeldabdeckung:

Sucher und Monitor
Sowohl die Suchereinheit als auch der Klappmonitor wurden bei der GH3 im Vergleich zum Vorgänger mit höherer Auflösung versehen. Während beim OLED Sucher nun 1.744K Auflösung zur Verfügung stehen (bei GH2 1.533K Auflösung) fällt der Unterschied beim Klappdisplay deutlicher aus: Bei der Panasonic GH3 stehen nun 614K Pixel zu Verfügung (bei der GH2 waren es noch 460K gewesen). Entsprechend fällt auch unser Urteil hinsichtlich der Funktionalität aus.

Das manuelle Fokussieren mit dem OLED-Monitor der GH3 fällt uns leichter als mit dem der GH2. Die gestiegene Auflösung und das kontrastreichere Display wirken sich hier spürbar aus: Klarer Vorteil für die GH3. Beim Sucher sehen wir eher eine Patt-Situation zwischen Vorgänger und aktuellem Model. Gefühlt fällt uns sogar das Fokussieren mit dem Sucher der GH2 einen Tick leichter. Ob dies an einer veränderten Okularlinse liegt oder einfach auf andere Vertrautheit mit der GH2 zurückzuführen ist, können wir nicht zweifelsfrei klären. Die Unterschiede sind jedoch eher marginal und hier sollte jeder selbst sein Urteil fällen. Da die meisten GH3-Filmer sowieso eher mit dem Klappdisplay als mit dem Sucher unterwegs sein dürften, sehen wir in der Summe die Bildkontrolle die GH3 auf jeden Fall vor der GH2.
Audio
Im Audiobereich hat sich bei der GH3 eine ganze Menge getan. Bereits erwähnt hatten wir die ziemlich geschickt gelöste Audio-Aussteuerung via Touchscreen-Regler, der sich während der Aufnahme bedienen lässt. Hierfür aktiviert man auf dem Touchscreen-Monitor auf der rechten Seite die Touchscreen-Funktionen beim Kamerasymbol, bzw. dem danach folgenden Mikrofonsymbol. Man erhält nun einen vertikalen Slider, mit dem sich lautlos der Aufnahmepegel des Mikrofons während der Aufnahme einstellen lässt.

Ebenfalls zu den neuen wichtigen Funktionen in Sachen Audio ist neben dem Kopfhörereingang als Miniklinke nun auch der zweifach abhörbare Ton. Hierfür lässt sich im Menü „Kopfhörerton“ zwischen „Realtime“ und „Rec Sound“ wählen. Auch Panasonic bietet ein externes Stereo-Shotgun-Mikrofon (DMW-MS2) als Spezialzubehör zur GH3 an. Der Clou hierbei ist, dass sich dessen Aufnahmecharakteristik aus dem Menü der GH3 selbst zwischen „Stereo“ und „Shotgun“ einstellen lässt. Das Panasonic Mikro haben wir noch nicht testen können – aber in den weiten des Netzes sollten entsprechende Reviews nicht lange auf sich warten lassen. Auf jeden Fall schön zu sehen, dass Panasonic hier eine interessante Option anzubieten hat.
An den Audio-Kerndaten hat sich zum Vorgänger nichts geändert. Aufgenommen wird mit 48 KHz Linear PCM bei 16 Bit.
HDMI-Out
Am HDMI-Out der Panasonic GH3 haben wir zwei „cleane“ 1080er Signale empfangen können: 1080/50i und 1080/50p -– etwas was bsp. die ebenfalls zur Photokina vorgestellten Nikon D600 und Canon EOS 6D bis Dato nicht schaffen. Ein 24p Signal wollte auch bei Einstellung auf „Auto“ im Ausgangsmenü der Panasonic GH3 nicht gelingen – weder unser Monitor noch der angeschlossene Ninja 2 zeigten 24P an. Wir gehen also davon aus, dass lediglich 1080/50i und 1080/50p für externe Aufzeichnungszwecke ausgegeben werden. Immerhin erfreulich, dass beide Signale während der internen Videoaufnahme stabil nach außen bleiben und dass sich Menü-Grafiken wahlweise dazu- oder ausschalten lassen.

Doch es kommt noch etwas besser: Die Menü-Overlays wie Histogramm, Audiopegel, Quickmenü, Horizont etc. lassen sich bei Bedarf auch nur auf dem internen Klappdisplay anzeigen. Bei diesem Setup wird also ein cleanes Full HD HDMI-Signal nach außen geleitet, während alle wichtigen Einstellungen auf dem Klappdisplay kontrolliert werden können. Das ist sehr clever von Panasonic gedacht und unterstreicht noch einmal die Videoausrichtung der GH3.
Das wahre Leben

Alle Aufnahmen wurden mit unserer Testoptik Panasonic Lumix 14-42mm im Standard Bildprofil gemacht.
Der Schwenk zeigt die Stärke der Panasonic GH3 - eine sehr gute Schärfeleistung - und kaschiert gleichzeitig einen möglichen Schwachpunkt: Minimal stärkeres Moiré als beim Vorgänger GH2. Würde weniger Schnee auf den Dächern liegen, könnte man hier u.U. Moiréartefakte sehen. So muss man sagen: Die GH3 hat hier etwas Glück gehabt – ein sauberes Bild:
Signifikante Unterschied zwischen dem 72 Mbit/s All-I, IPB und dem AVCHD Material konnten wir beim Betrachten nicht entdecken. Wie bereits bei der Canon EOS 5D Mark III sehen wir zwar Vorteile beim Schnitt auf der Timeline, bzw. bei der Postproduktion aber kaum bei der aufgenommenen Videoqualität. S. hierzu auch hier
Im Autofokusverhalten hat sich im Vergleich zum Vorgänger ebenfalls eher wenig verändert. Nachwievor eines der besten Autofokusansprechverhalten im Video-DSLR Bereich. Trotzdem gelingen die besten Schärfeverlagerungen immer noch per Hand.
In Sachen Lowlight können wir zumindest bei den Nachtaufnahmen ebenfalls kaum einen Unterschied zum Vorgänger feststellen. Auch das Bildrauschen bei höheren ISOs ist kaum zwischen GH2 und GH3 zu unterscheiden.
Fazit
Die GH3 trifft auf ein seltsames Marktumfeld. Zum einen hat es von den großen VideoDSLR Vertretern Canon und Nikon nicht den erhofften Sprung in der Videoqualität in 2012 gegeben. Zum anderen sind neue Player wie die BMD Cinema Camera aufgetaucht, die genau jenes Indie-Segment mit überragender Bildqualität bedienen, das zuvor so attraktiv für viele GH2-Filmer gewesen ist - und dies in einem Preisrahmen der auch für Indies interessant sein dürfte.
Die GH3 ist also einerseits in der Video-Bildqualität wenn überhaupt nur marginal besser als der Vorgänger aber operiert in einem Marktumfeld, in dem die gebotene Leistung immer noch zur Führung ausreicht. Die GH3 ist also nicht besser als der Rest – der Rest ist einfach derzeit nicht so gut wie er sein könnte, wenn er wollte.
Die GH3 ist zugleich die beste Video-DSLR im 1.000,- Euro Segment und kein großer Sprung in der Bewegtbildqualität - seltsame Zeiten
Aber eine Video-DSLR funktioniert nicht nur über das alleinige Kriterium Videoqualität, sondern ebenso über Ergonomie, Audiofunktionen, Monitorqualität und Zusatzfunktionen. In all diesen Bereichen hat die Panasonic GH3 deutlich zugelegt. Ob dies reicht, um auf eine GH3 umzusteigen muss jeder für sich selbst entscheiden.
Wer neu in den Video-DSLR Bereich einsteigt, erhält mit der Panasonic GH3 die beste Video-DSLR ihrer Preisklasse. Wer noch schärfer kalkulieren muss und trotzdem keine Abstriche bei der Videoqualität hinnehmen möchte, greift zur gebrauchten GH2.
Die UVP der Panasonic-DMC-GH3 beträgt 1.199,- Euro
Soweit unsere Überlegungen rund um die Praxis der GH3 - es wird wohl auch dies nicht der letzte Text zur GH3 gewesen sein ...