Miller ist bislang eher im englischsprachigen Raum mit Stativen und vor allem seinen Fluidköpfen verbreitet. Wir hatten den aktuellen Miller Fluidkopf CX2 für 75mm Halbschale (Traglast 0-8 kg) zum Test in der slashCAM Redaktion. Wir wollten wissen, ob das Miller-System eine Alternative zur etablierten Sachtler-Konkurrenz darstellt. Hier unsere Einschätzungen:
Wenn man sich mit Miller Fluid-Stativköpfen beschäftigt, muss am Anfang die Frage stehen: Und wer hat´s erfunden?
Die Australier! Der australische Ingenieur Robert Eric Miller bekam 1946 in Australien und 1949 in den USA das erste Patent für fluidgelagerte Stativköpfe zugesprochen. 1954 gründete er seine Firma Miller Camera Support, deren Hauptsitz sich nach wie vor in Sydney befindet (Sachtler wurde 1958 von Wendelin Sachtler bei München gegründet. W.S. entwickelte 1958 den ersten Kreiselkopf, der Schwungmassen zur Stabilisierung von Stativkopfbewegungen nutzte).
Heute sind fluidgelagerte Stativköpfe nicht mehr aus der Film- und Videoproduktion wegzudenken - und Miller hatte hierbei einen entscheidenden Anteil - auch wenn in Deutschland/Europa der Name Sachtler fast schon synonym für hochqualitative Fluid-Köpfe genutzt wird.
Wie gut also ist das „Original“ von Miller in Form des aktuellen CX2 Fluidkopfs zusammen mit dem Miller Sprinter II Carbon Stativ?
Miller CX2 - Verarbeitung
Die Verarbeitung des CX2 Stativkopfs von Miller bewegt sich insgesamt auf erfreulich hohem Niveau.

Beim ersten in die Hand nehmen vermittelt der CX2 Stativkopf Solidität und Robustheit. Die Fluid-Cartuschen befinden sich im Metallgehäuse integriert – entsprechend ist der Hauptkörper des CX2 auch aus Metall gearbeitet. Ebenfalls positiv fällt beim ersten Ausprobieren der äußerst solide Handgriff auf, der deutlich breiter (und für uns damit ergonomisch angenehmer) konstruiert wurde als bei der Konkurrenz wo er häufig recht schmal ausfällt.
Dämpfung und Counterbalance werden beide über große umlaufende Räder eingestellt, die ein klar definiertes Feedback bei der Rasterung geben und ebenfalls ergonomisch sinnvoll angeordnet wurden. Einziger Kritikpunkt hier zur Konkurrenz: Obwohl der Stativkopf insgesamt durch die Metallkonstruktion ein großes Maß an Robustheit vermittelt, wurden die Einstellräder in Kunststoff gehalten. Der Kunststoff vermittelt zwar eine hohe Festigkeit – die Konkurrenz bietet hier jedoch Metallräder (die längere Haltbarkeit für uns zumindest ausstrahlen). Probleme hatten wir mit den Kunststoffrädern des CX2 allerdings keine. Im Vergleich zur Konkurrenz scheinen sie uns sogar noch etwas leichtgängiger und weniger hakelig zu sein.

Der Gesamteindruck der Verarbeitung des Miller CX2 Stativkopfs ist sehr gut. Wie lange der CX2 auch im mehrjährigen Alltagsbetrieb besteht, haben wir nicht testen können. Hier würden wir auf die von Miller weltweit gegebene 3-Jahresgarantie vertrauen.
Miller CX2 – Counterbalance
Zu den Besonderheiten des Miller CX2 Fluid Stativkopfs gehört seine in 16 (!) gerasterten Stufen einstellbare Counterbalance. Der CX 2 besitzt hierfür ein großes umlaufendes Rad, das über jeweils 8 CB-Stufen verfügt und via orangenem CB-Plus Schalter in einen Plus-Modus geschaltet werden kann, bei dem weitere 8 Stufen zur Verfügung stehen.
Der CB-Plus-Schalter ermöglicht hierbei eine maximale CBS-Ausnutzung bei gleichzeitig sehr guter Ergonomie. Eine Klasse Sache.

Die einzelnen CBS-Rasterstufen sind klar definiert und bieten auch haptisch vorbildliches Feedback. Trotz oder gerade wegen ihrer Ausführung in Verbundwerkstoff hatten wir kein einziges Mal einen hakeligen Betrieb bei der Einstellung – weder beim Dämpfungs- noch beim Counterbalance Rad.
Miller gibt für die Counterbalance des Miller CX2 ein Spektrum von 0-8 kg an. Gerade der Null-Bereich stellt im Vergleich zur Konkurrenz ein echtes Alleinstellungsmerkmal dar. Wer bei zunehmend leichter und mobiler werdenden Systemen gerade auch den System-Bereich 0-2 kg mit einem Fluidkopf abdecken möchte, findet mit dem CX2 eine qualitativ hochwertige Option.
Wie bei allen von uns bislang getesteten Stativsystemen würden wir auch beim Miller CX2 bei der maximalen Traglast 1-2 kg für den praxisrelevanten Einsatz abziehen. Bei einer auf 8 kg geriggten Ursa Mini inkl. Zeiss CP.2 85mm Optik, Mattebox, Followfous, V-Mount Akku etc. kommt die Counterbalance des CX2 an ihre Grenze. Reduzieren wir das Kamera-Gewicht auf 7kg wird die Ursa Mini noch in jeder Position gut gehalten.
Miller CX2 - Dämpfung
Sowohl für die horizontale als auch die vertikale Dämpfung stellt der Miller Compass X2 jeweils 3 gerasterte Dämpfungsstufen (+ Null) zur Verfügung. Wir ziehen sowohl bei der Counterbalance als auch bei der Dämpfung gerasterte Stufen (im Gegensatz zu ungerasterten Systemen) auf Grund ihres schnelleren Handlings vor.

Mit den drei Dämpfungsstufen sind wir zusammen mit der fein aufgelösten CBS mit unterschiedlichen Kameragewichten gut ausgekommen. Das Niveau der Dämpfung bewegt sich auf angenhem hohem Niveau. Auch bei Telebrennweiten ist das Nachfedern beim Abstoppen von horizontalen Schwenks minimal und bewegt sich auf Klassenniveau.
Miller CX2 - Kameraaufnahme
Die Kameraaufnahme des Miller CX2 Stativkopfs ist als Sideloader ausgeführt. Sie besteht aus der mit zwei Schlitzen unterteilte Kameraplatte und der dazugehörigen Stativkopf-Aufnahme. Der Sideloader-Mechanismus funktionierte bei unseren Tests ohne Probleme. Ein deutliches Klacken bietet hierbei ein gut vernehmbares Feedback.

Eine optisches Feedback wie bei anderen Systemen fehlt jedoch. Dafür lässt sich die Kameraplatte des CX2 egal mit welcher Seite auf die Stativaufnahme setzen. Dies hat den Vorteil, dass man bei der Montage der Kameraplatte nicht darauf achten muss, in welche Richtung man sie montiert.

Weniger gefallen hat uns bei der Kameraplatte des CX2, dass die Schrauben in einer Schiene mit einem recht hohen Rand laufen, Man kann sie damit nicht per Hand erstmal „warm“ anziehen, sondern muss sie gleich von der ersten Drehung ab mit einem Schraubenzieher montieren, was die Montage etwas fummeliger macht. Zudem haben wir eine Skala auf der Kameraplatte vermisst.
Miller CX2 – Gewicht
Beim Thema Gewicht hat der CX2 unserer Meinung noch etwas Luft nach oben - oder besser gesagt nach unten: 2.73 kg haben wir inkl. Schwenkarm und Kameraplatte beim Miller CX2 gewogen.
Zum Vergleich: Der Sachtler der FSB 8 wurde von uns mit 2,42 kg gewogen (bei max 10 kg offizieller Traglast). Der Manfrotto Nitrotech N8 liegt inkl. Arm und Kameraplatte bei 2.35 kg.
Damit ist der Miller CX2 Stativkopf (leider) spürbar schwerer als die Konkurrenz.
Miller Sprinter II – Arretierung
Das Miller Sprinter II Stativ in Carbonausführung ist vom Aufbau her ein klassisches 2-Stage Stativ mit „HS Dual Action“ Verschlüssen (ähnlich Speedlock) bei 30 kg Traglast. Das Dual Action System unterteilt sich in jeweils 2 Griffe, mit denen gezielt die obere oder untere Sektion arretiert werden kann.

Die Arretierung arbeitete bei unseren Tests problemlos und auf hohem Festigkeitsniveau. Die Ausführung der Kunststoff-Verschlüsse empfanden wir allerdings als etwas zu dünn. Diese biegen sich beim Öffnen und Schließen erstmal etwas bevor sie die Kraft weiterleiten. Hier würden wir uns in Zukunft eine stabilere Ausführung wünschen.
Das Sprinter II bietet einen ergonomisch gelungenen, seitlichen Tragegriff, mit dem es sich vergleichsweise gut ausbalanciert transportieren lässt, wenn man gerade nicht die Stativtasche nutzt.
Die Torsionssteifigkeit des Sprinter II würden wir als sehr gut bewerten. Wir hatten keine Probleme bei horizontalen Schwenks mit ausgeprägtem Flex – auch nicht bei maximaler Dämpfung.
Miller Sprinter II – Gewicht
Auch beim Stativ liegt das Gewicht des Miller Sprinter II etwas oberhalb vergleichbarer Bezugsgrößen. Gemessen haben wir inkl. Griff und Mittelspinne 4,19 kg. Zum Vergleich: Das Sachtler Flowtech 75 liegt bei 3,59 kg (ebenfalls inkl. Griff und Mittelspinne – bietet dafür aber „nur“ 20 kg maximale Traglast).
Wenn wir die 30 kg Traglast auf Sachtler Seite zum Vergleich matchen wollen, müssen wir zur 100mm Flowtech Ausführung greifen. Hier haben wir (allerdings ohne Tragegriff) 4,13 kg gewogen und landen damit in etwa auf dem Niveau des Miller Sprinter II.
Das bedeutet dass die Miller-Komponenten sowohl meim Stativkopf als auch beim Stativ eine Gewichtsklasse schwerer wiegen als ihre Sachtler-Pendants.
Fazit
Der Miller CX2 Fluidkopf punktet mit einem Fluid-System auf hohem Niveau. Gut gefallen haben uns die leichtgängige 16-stufige Counter Balance-Rasterung und die konsequente Abdeckung auch von Leichtgewichts-Setups. Daher empfehlen wir das Miller CX2 Sprinter II 2-Stage Carbon System für all diejenigen, die sowohl mit Leichtgewichts- als auch mit schwereren Setups (bis ca. max.7 kg) unterwegs sind.
Wer hingegen auf der Suche nach eher leichteren Stativ-Setups ist oder keine Minimaltraglasten von 0-2 kg benötigt, dürfte woanders eher fündig werden. Und auch wer mit begrenztem Budget unterwegs ist, dürfte sich bei diesem Miller-Setup etwas schwerer tun, zumal die UVP. für das Miller CX2 Sprinter II 2-Stage Carbon System bei recht stolzen 2.274,- Euro liegt.