Die Everio GZ-MG330 dürfte für JVC im SD-Bereich 2008 ein großer Verkaufserfolg gewesen zu sein. Eine einfache, sehr kompakte Kamera, die vor allem durch ihren günstigen Laden-Preis und die bunte Farbauswahl des Gehäuses viele Anhänger gefunden hat. 2009 scheint JVC diese Erfolgsformel nun auch auf den HD-Bereich anwenden zu wollen. Die Everio GZ-HD300 wiegt gerade mal 10 Gramm mehr, ist ähnlich kompakt und wird ebenfalls in vielen Farben angeboten.
Das kleine Modell GZ-HD300 hat „nur“ eine 60 GB-Platte, wird aber dafür in mehreren Farben (blau, rot und schwarz) angeboten. Die große GZ-HD320 mit 120 GB-Platte gibt es dagegen ausschließlich in schwarz. Die Optik ist mit 20 fach-Zoom deutlich für Urlaubsfilmer ausgelegt, der Weitwinkel fällt -wie kaum anders zu erwarten- dementsprechend mager aus. Ambitionierte Filmer scheinen nicht gerade als Zielgruppe in Frage zu kommen, denn es gibt keinen Zubehörschuh oder Anschlüsse für Mikrofon oder Kopfhörer. Die Handschlaufe ist nur als schmales, verlängerbares Band ausgelegt. Dadurch kann man unterwegs auch den Camcorder am Handgelenk baumeln lassen. Im Gegenzug bietet diese Konstruktion beim Filmen für unseren Geschmack zu wenig Gegenspannung auf die Tragehand.

Trendwende: Größere Bildwandler
Der Bildwandler bietet rund 3.05 Megapixel, wobei Standbilder dennoch nur maximal 1920 x 1080 groß werden können. Gegenüber dem letztjährigen, kleinsten HD-Modell (JVC GZ-HD10) wurde der CMOS-Sensor der Everio GZ-HD330 von 1/4,5 auf 1/4 Zoll vergrößert. Schön, dass viele Hersteller nun wieder in Richtung größere Sensoren marschieren. Leider wurde jedoch nicht gleich der1/3-Zoll-Chip vom letzten Topmodell GZ-HD40 übernommen, der sich seinerzeit im Bildtest mehr als passabel geschlagen hatte.
Beim gewünschten Videoformat hat man nicht mehr die Wahl zwischen MPEG2 und AVCHD. Dafür tritt JVC in die Fußstapfen Canons und unterstützt nun auch den AVCHD High Level 4.1 mit bis zu 24 Mbit Datenrate. In dieser maximalen Qualitätsstufe finden dann immerhin noch 5.5 Stunden Videomaterial auf der integrierten 60 GB Festplatte Platz. Alternativ kann man Videos (jetzt sogar in höchster Qualitätsstufe) auf eine microSD(HC)-Karte schreiben. Laut Anleitung darf diese bis zu 8GB groß sein.
Laser Touch - Ouch!
Die Bedienung der Kamera erfolgt größtenteils über JVCs „Laser Touch Operation“ Leiste, bei der man durch vertikales darüber-streiche(l)n, durch die Menüenträge navigieren kann. Berührungen signalisiert die Leiste mit einem Leuchtlicht, das unweigerlich an die Front des Computer-Autos KI.T.T. aus der Fernsehserie Knight Rider erinnert. Für viele Anwender wohl eher das Gegenteil von modern oder cool. Abgesehen von dieser subjektiven Assoziation sorgte diese „Streichelleiste“ bei uns in der Praxis immer wieder für Probleme, da man auch nach einiger Eingewöhnungszeit immer mal wieder am gewünschten Menüpunkt vorbei schlittert, man schießt sozusagen über das Ziel hinaus. Eine ergonomische Innovation ist diese Bedienungstechnik in unseren Augen daher nicht.
Manuelle Funktionen
Dennoch bietet das Menü im manuellen Modus neben den üblichen Einstellungen für Weißabgleich auch die zwei wichtigsten Film-Parameter an: Die Verschlusszeit kann frei zwischen 1/2 und 1/4000 Sekunde gewählt werden. Die Blende bietet dagegen keine aussagekräftigen Werte und kennt auch keine Trennung von der Signalverstärkung (Gain). So lässt sich die Helligkeit nur grob mit 13 Werten zwischen +6 und – 6 einstellen. Dazu sind diese Einstellungen wieder einmal so ungeschickt im Menü vergraben, dass man sie auch nicht sehr praktikabel nutzen kann. Das gilt auch für den manuellen Fokus, der über den Laser Touch Slider nicht sonderlich feinfühlig reagiert. Sehr professionell gibt es zwar eine Focus Assist Funktion, die das Bild schwarz/weiss mit bunten Kanten darstellt, jedoch lässt sich diese wegen den eben genannten Ergonomieproblemen nicht sonderlich gut nutzen: So muss man diese immer erst tief im Menü aktivieren. Schöner wäre eine automatische Aktivierung, sobald man den manuellen Fokus benutzt.
Auch der digitale Bildstabilisator „hält“ weniger als sein Name verspricht und sorgt nicht gerade für ruhige Bilder beim Filmen aus der Hand. Das haben wir auch bei JVC schon besser gesehen.
Eine obligatorische Gesichtserkennung wurde nun ebenfalls integriert und funktioniert ebenso gut oder schlecht wie bei der Konkurrenz. Bei schwierigen Motiven, wie beispielsweise ein dunkles Gesicht vor einem hellen Fenster lässt sie sich schon leicht leicht aus dem Tritt bringen.
Nachbearbeitung
Die nachträgliche Bearbeitung der AVCHD-Files ist unauffällig. In unserem Test konnten die Files problemlos gelesen und bearbeitet werden. Selbst die neuen 24 Mbit/s machten keine Probleme. Einen progressiven Aufnahme-Modus gibt es übrigens nicht, es wird ausschließlich im Zeilensprungverfahren mit 1080i50 aufgezeichnet. Für die Ausgabe via HDMI bietet die Kamera dennoch noch die Option das Material auf das progressive 1080p50-Format hochzuskalieren.
Bildqualität
Was einmal wieder die meisten Leser am brennendsten interessieren dürfte ist die Bildqualität, und da gibt es nach der GZ-HD40-Überraschung im letzten Jahr leider nicht so Gutes zu berichten. Die GZ-HD300 liefert auch bei gutem Licht allenfalls ein durchschnittliches HD-Bild ab, das sich trotz hoher Datenrate nicht an der Systemgrenze von FullHD bewegt.

Bei der gemessenen Auflösung kommt die neue JVC nicht an das Klassenniveau der Konkurrenz heran. Die Kontrastdifferenzierung endet schon bei ca. 65 Prozent des theoretischen Maximums.

Schon mit bloßem Auge erkennt man in den Ringen starke Moiré-Störungen. Auch Artefakte finden sich hier- und da (z.B. am Ende der vertikalen Trompete).

Die Farbauflösung ist dagegen nicht zu beanstanden und geht vielleicht nur einen Tick zu früh in die Knie. Dieser Effekt dürfte in der Praxis jedoch kaum relevant sein.

Die Everio neigt im maximalen Weitwinkel zu einer Tonnenverzeichnung, die jedoch nicht sonderlich gravierend ausfällt.

Bei gutem Licht stören vor allem die chromatischen Verschiebungen bei satten Farben (vor allem rot). So franst die Farbe an Objekträndern gelegentlich etwas aus, was auch ungeschulte Augen auf den heutzutage messerscharfen HD-Displays durchaus wahrnehmen können. Auch unsere Testschallplatte wird von einem mysteriösen Blauschleier umgeben.

Im Schwachlicht muss sich der 1/4-Zoll-Sensor den Gesetzen der Physik geschlagen geben. Trotz relativ niedriger Pixeldichte reicht die Fläche einfach nicht aus, um hier irgendwie positiv zu überraschen. Das Bild wirkt trübe und unscharf. Dafür sind entsprechende Low-Light Artefakte auch weniger ausgeprägt, als bei der schärferen Konkurrenz.

Bei der Störgeräuschen ist die Everio nur Mittelmaß, dafür lässt sie die Höhen auch ohne starken Beschnitt passieren.
Fazit
Der Versuch eine eine ausgezeichnete FullHD-Qualität mit kleinem Sensor und kleinem Objektiv in ein so kleines Gehäuse zu packen ist auch anderen Herstellern bis heute noch nicht vollständig geglückt. Am ehesten könnte man Sony mit der HDR-TG3 hier noch als echten Konkurrenten erwähnen, die in der Bildqualität tatsächlich auch besser abschneidet, dafür aber nicht ganz so viel manuelle Kontrolle bietet. Doch selbst der Vorteil die manuellen Möglichkeiten der GZ-HD300 sind durch unergonomische Hindernisse nur schwer zugänglich. Auch die neue Panasonic HDC-HS20 versucht in diesem Preisbereich zu punkten und bietet noch bessere manuellen Zugriff auf relevante Parameter. Eines gilt jedoch für all diese Mini-Modelle: Solange es nicht auf das letzte Quäntchen Gewicht und Größe ankommt, bekommt man schon für 1-200 Euro mehr deutlich bessere Bildqualität. Aktuell besonders bei den Vorjahresmodellen, wenn auch nicht unbedingt in so bunten Gehäusevariationen.
Einen Überblick über alle technischen Daten der GZ-HD300 findet Ihr natürlich in