Als wir im letzten Frühjahr (2008) einige Hersteller fragten, wie sie denn das Zusammenwachsen von Fotoapparat und Camcorder sehen, gab es unisono nur eine Antwort von Panasonic, Sony und Canon: Die Geräteklassen sind zu verschieden, um beide Geräte zu vereinen. Was dann passierte dürfte jedem slashCAM-Leser bekannt sein: Erst kam Nikon, anschließend doch Canon und nun sind plötzlich auch Panasonic und Sony im Boot zu finden...

Ausstattung
Ähnlich wie Canon mit der SX1is stattet auch Sony das aktuelle Superzoom-Modell DSC-HX1 mit einer HD-Videofunktion aus. Und wie es scheinbar (noch) in diesem Preisbereich sein muss, findet man auch die üblichen Begrenzungen vor. Das fängt schon bei der Formatwahl an: Es gibt es nur 30p-Aufzeichnung (keine hierzulande üblichen 25p oder 50i). Dazu ist das maximale Aufnahmeformat nicht in FullHD, sondern erfolgt statt mit 1920 nur mit 1440 Horizontal-Pixeln bei maximal 12 Mbit/s. Alternativ kann die Kamera auch im Format 720p30 (6 Mbit/s) oder VGA (3 Mbit/s) fürs Web aufzeichnen. Eine weitere Beschränkung: Ein erzeugter Clip darf maximal 29 Minuten oder 2 GB groß sein, je nach dem welcher Fall früher eintritt.
Der CMOS-Sensor ist mit 1/2,4-Zoll noch nicht groß genug, um einem 35mm-Adapter zu ersetzen, was gerade die Canon EOS 5D auszeichnet. Dafür klingt die weitwinkelige 28mm (kb) G-Lens für Camcorder-Besitzer doch ziemlich verlockend. Zumal die Kamera einen Ladenpreis deutlich unter 500 Euro besitzt. Zum Anschluss von HDMI, Analog und auch USB besitzt die Kamera einen proprietären Anschluss. Die notwendigen Adapter sind jedoch im Lieferumfang enthalten.
Bedienung
Über ein Drehrad wird die HX1 in den exklusiven Movie-Modus versetzt. Einstellungen aus den anderen Foto-Modi können also nicht übernommen werden, da in diesen die Film-Funktion nicht zur Verfügung steht. Die kreativen Möglichkeiten während des Filmens sind bescheiden. Es lässt sich nur der Weissbgleich sowie die Belichtungskorrektur von -2.0EV bis + 2.0EV einstellen. Dazu kann man zwischen manuellem und Auto-Fokus wählen. Der manuelle Fokus ist allerdings nur über ein Drehrad sehr ungenau einzustellen. Ein Fokusring um das Objektiv fehlt genauso wie Hilfsmittel (z.B. Peaking oder Expanded Focus). Die gewählte Belichtungszeit wird ebenso wie der aktuelle Blendenwert dem Benutzer vorenthalten.
Böse Zungen würden wohl behauten, dass gegenüber Sonys Semiprofi-Camcordern wie der HDR-XR520 also eigentlich gar kein so großer Unterschied besteht. Gegenüber Camcordern mit ernst zu nehmender Bedienung allerdings schon.
Vorschau
Wer von der Arbeit mit einem externen Vorschaumonitor träumt, sollte sich nicht von dem HDMI-Output blenden lassen. Solange man nur die LiveView-Vorschau benutzt kann man zwar ein Bild via HDMI (oder auch analog) aus der Kamera herausleiten. Sobald man aber die Aufnahme-Taste drückt, wird der Output abgeschaltet. Das Display selbst ist dabei nur von begrenzter Hilfe. Die ca. 200.000 Pixel können einer scharfen HD-Darstellung nicht gerecht werden. Ambitionierte Camcorder-Filmer freuen sich sicherlich über den Sucher, nur ist dieser auch nicht merklich schärfer als das Display.
Ebenfalls nicht zu früh sollte man sich über die Custom-Key-Taste freuen: So kann man diese zwar frei belegen, jedoch stehen nicht gerade viele Funktionen im Movie-Modus zur Auswahl. Im Speziellen sind dies verschiedene Messmodi der Belichtungs-Automatik (Bildmitte oder ganzes Bild), Weissabgleich, oder Lächelauslösung. Das war´s auch schon.
Foto-Spezialitäten
Auch wenn wir die Kamera in erster Linie wegen der Videofunktionen unter die Lupe genommen haben, gab es dennoch zwei Funktionen, die uns das Gerät als Fotoapparat durchaus schmackhaft erscheinen lassen:
Die Panorama-Funktion erlaubt es, die Kamera nach dem Auslösen einfach um 180 Grad zu schwenken. Dabei fügt die Kamera die dabei automatisch geschossenen Fotos von selbst zu einem Panorama zusammen. Das macht Laune und funktioniert erstaunlich gut, solange sich im Motiv große Objekte nicht zu stark bewegen.
Ebenso ein ziemlich cooles Feature ist die Möglichkeit automatisch von einem Motiv mehrere Aufnahmen hintereinander zu machen. Die Kamera errechnet dann aus diesen Aufnahmen ein saubereres Bild, das tatsächlich deutlich weniger Bewegungsunschärfe oder Low-Light-Rauschen enthält. Wer ohne Stativ schnell saubere Product-Shoots machen will, kommt hier zu beachtlichen Ergebnissen.
Aus dem Messlabor
Natürlich wollten wir auch weiteres mal wissen, wie viel Videoqualität man denn in dieser Preisklasse von Sony erwarten darf. Dafür schleiften wir die Kamera durch unser Messlabor:
Die DSC-HX1 weist bei der Auflösungsmessung keine schlechten Werte auf. An die Spitzenliga aktueller AVCHD-Camcorder kommt sie allerdings nicht heran.

Der Blick auf das ISO-Chart zeigt in feinen Strukturen farbige Moiré-Störungen, die gerne bei Kameras mit hoher Pixeldichte auftreten.

Die Farbauflösung ist dagegen nicht zu beanstanden und liegt am Auflösungs-Limit vergleichbarer HDV-Camcorder. Bei echter FullHD-Auflösung mit 1920 Pixel wäre theoretisch noch etwas mehr drin.

Die verbaute Sony G-Linse weist zwar eine sichtbare Tonnenverzeichnung auf, liefert aber auch einen anständigen Weitwinkel-Bereich, von dem viele Camcorder nur träumen können.

Bei der Farbwiedergabe liefert die HX1 ein sehr stimmiges Bild ab. Sie zeigt sehr schöne, klare Farben, die nicht übertrieben abgebildet werden.

Bei wenig Licht rauscht die Kamera sehr stark, deutlich stärker als wir von einem Exmor-Sensor mit so großer Bildfläche erwarten würden. Ein Grund dafür könnte zwar die hohe Pixeldichte sein, jedoch zeigt Sonys aktuelles AVCHD-Topmodell HDR-XR520, dass man bei ähnlicher Pixeldichte auch sehr lichtstarke Camcorder bauen kann. Immerhin bleibt der Farbanteil erstaunlich hoch.

Die Aufnahmefähigkeiten der HX1 sind eher bescheiden. Das integrierte Mikro liefert sehr stark beschnittene Höhen bei durchschnittlichem Rauschverhalten.

Fazit
Vor zwei Jahren wäre eine solche Kamera noch der Überknaller gewesen, als selbst mittelmäßige HD-Camcorder kaum unter 1.000 Euro zu haben waren. Gegenüber günstigen AVCHD-Modellen bietet die HX1 heute jedoch nur unaufällige Bildqualität, schlechtes Low-Light-Verhalten, sowie sehr eingeschränkte Bedienungsmöglichkeiten. Beneidenswert bleibt jedoch der große Weitwinkelbereich, den man bei Camcordern unter 2.000 Euro so nicht findet.