Obwohl uns unser Testrechner auf Intels Sandy Bridge Basis uns erstaunliche 4 Jahre die Treue hielt und selbst bei 4K-Aufgaben (zwar am Limit jedoch) immer noch passable Leistung bot, beschlossen wir dennoch einmal eine neue Plattform für unsere Test-Erfahrungen einzurichten.
Grund dafür ist unter anderem, dass wir das Gefühl haben, dass wir mit 1x PCIe 2.0 x16 doch gelegentlich Grafikkarten “unter Wert” betrachten. Außerdem bietet Intel mit den neuen Haswell-E Modellen endlich 6 Kerne für einen akzeptablen Preis und sogar ein leicht übertaktbares 8 Kern-Modell, das in der Performance weitaus teurere Xeon-Modelle hinter sich lassen dürfte.
Gleichzeitig interessiert uns natürlich auch, wie groß der praktische Mehrgewinn gegenüber unserem betagten Core i7-System dann tatsächlich ist und welche Hardware-Anforderungen für 4K-Bearbeitung überhaupt sinnvoll sind. So auch die noch nicht geklärte Frage, ob denn PCIe x16 3.0 wirklich so viel mehr in anspruchsvollen GPU-Videoanwendungen bringt, oder ob nicht doch eventuell sogar PCIexpress 2.0 x8 ausreichen würde. Diese und noch einiges mehr an Fragen wollen wir in den nächsten Wochen angehen, und dafür lohnt sich dann schon etwas neue Hardware…
Unsere Komponenten
Gegenüber unserem letzten Ansatz den Rechner einfach bauen zu lassen, haben wir dieses mal wieder selber zum Schraubenzieher gegriffen und es auch gleich bereut. Der Einkauf und die Recherche der Einzelteile erwies sich mal wieder als wahrer Zeiträuber, weil immer wieder einzelne Teile nicht lieferbar sind, dann die Versandkosten an jeder Ecke zuschlagen und wir zeitgleich auch noch gegen den stark steigenden Dollar ankämpfen mussten, der Ende Januar fast jeden Tag eine deutliche Preiserhöhung bedeute. Wir hatten jedoch gegenüber einem PC von der Stange einen speziellen Wunsch, den wir so nicht bei einem Assemblierer finden konnten.
Der Rechner sollte möglichst klein werden, damit man ihn bei unserer flexiblen Bürostruktur auch schnell auf und abbauen kann. Auch weil der Ablageschank für den Rechner gerade mal 36 cm tief war, suchten wir ein entsprechend passendes Gehäuse. Gleichzeitig wollten wir aber nicht auf ein volles ATX-Mainboard-Format verzichten, um auch 3er und 4er GPU-Verbünde testen zu können. Doch derart kleine ATX-Vollformat Gehäuse sind sehr selten. Damit fiel unsere Gehäusewahl auf das...
Cooltek G3 PC-Gehäuse (JB G3 S)
Und das erwies sich als ziemlicher Fehlgriff: Aufgrund der kompakten Abmessungen muss man an jeder Ecke dreimal pfriemeln und Kabel dauernd umverstauen. Auch müssen für die Grafikkarten noch PCI-Auslass-Slots herausgebrochen werden, was wir bei einem 70 Euro Gehäuse eigentlich nicht mehr erwarten würden. Die PCI-Stromaschlüsse müssen bedenklich stark geknickt werden um das Gehäuse schließen zu können. Und auch der CPU-Lüfter will weise gewählt (s.u.) und eingepfriemelt werden, da normale Kühl-Konstruktionen zu groß für das Gehäuse sind. Manche Anschlüsse sind nur als idiotisch zu bezeichnen. So wird zwar ein Reset-Knopf verbaut und erwähnt, jedoch ist dieser nicht verkabelt. Der Volume-Regler endet in einem unspezifizierten USB-Mainboard-Anschluss und das eingebaute Display ist nicht programmierbar, sondern zeigt die den nicht veränderbaren, ziemlich stupiden Text: “Home Theater PC by Jonsbo”.
Viele dieser Hürden hatten wir zwar erwartet und billigend in Kauf genommen, aber das zeitliche Bastel-Ausmaß, bis wir den Rechner das erste mal hochfahren konnten, übertraf mit über drei Stunden (statt der üblichen 45 Minuten) unseren Zeitplan spürbar. Kompakte Ausmaße haben natürlich ihren Preis, doch der Lohn unserer Mühen war anschließend nicht einzufahren: Denn die Hersteller-Angaben für die Abmessungen stimmten schlichtweg nicht. Die 35,1 cm Gehäusetiefe sind bei uns 35,6cm, doch dazu kommen aber auch noch der herausstehende Lautstärkeregler und die rücktseitigen, PCI-Schacht-Halter aus Metall, die ebenfalls überstehen und nicht in die Maßangaben aufgenommen wurden. Somit kommt das Gehäuse auf ca. 37cm Tiefe und unsere Schranktür ging nicht mehr zu. Da wir vor dem Einbau das Gehäuse nicht vermessen hatten (weil wir nicht mit falschen Hersteller-Angaben gerechnet hatten), war guter Rat teuer. Wenn der Rechner sowieso nicht in den Schrank passt hätten wir auch ein deutlich besseres Gehäuse für unser Geld bekommen. Doch ein Umtausch mit den schon herausgebrochenen PCI-Blenden wäre sicher schwer. Was uns aber noch viel mehr Unmut bereite, war die Aussicht auf mindestens weitere drei Stunden Rück- und Umbau in ein neues Gehäuse. Nachdem auch sonst keine vergleichbaren ATX-Gehäuse mit weniger als 36cm Gehäusetiefe gefunden haben, haben wir uns entschlossen das Gehäuse erst einmal zu nutzen und später weiter zu sehen, wenn wir wieder mehr Bastellaune haben. Schließlich lohnt sich das Selberbauen wirklich nur, wenn man dafür auch etwas erhält, was man nicht von der Stange bekommt. In unserem Fall ging diese Rechnung für einen praktisch verstaubaren Workstation-Rechner leider um ein paar versprochene Millimeter nicht auf. Uncool, Cooltek.
Raijintek Pallas
Auf der Suche nach einem passen Lüfter sind wir beim Raijntek Pallas gelandet. Die Testberichte im Netz schätzen die erstaunliche Kühlleistung bei bemerkenswerter Laufruhe des Lüfters. Tja. Unser Lüfter ist zwar kein Brüllwürfel, aber nach dem Einschalten gibt er bei ruhendem Desktop schon durchaus vernhembares Brumm-Sirren von sich. Dieses ist im Gegensatz zum Gehäuse-Lüfter und der Grafikkarte in Idle-Modus durchaus wahrnehmbar und für normale Anwender sicherlich störend. Nachdem bei uns oft die GPUs hochfahren und auch die CPU manchmal extrem gefordert wird, sind wir einen gewissen Geräuschpegel gewohnt, jedoch würden wir diesen Lüfter niemandem als leisen Lüfter empfehlen. Ob er sich beim Overclocking ganz passabel schlägt, wenden wir in einem folgenden Test klären.
Gigabyte GA-X99 UD4
Das Gigabyte GA-X99 UD4 sagte uns gleich aus mehreren Gründen zu. Ersten hatten wir bei früheren Boards immer sehr gute Erfahrungen mit Gigabyte gemacht und die Modelle dieses Herstellers sind meistens fair bepreist. In unserem Fall interessierte uns am Board noch der direkte x8/x8/x8/x8-Betrieb der PCI Slots, den wir für ein paar kommende Tests gut gebrauchen können. Unter anderem lassen sich hiermit 3 GPUs für Resolve (und auch in kommenden GPU-Anwendungen) mit gleicher Busgeschwindigkeit einsetzten und es gibt noch einen weiteren freien x8 Slot für eine Preview-Karte (solange der Prozessor 32 Lanes hat).
Diesmal wurde unsere Freude allerdings deutlich getrübt. Nach ca. 3 Wochen problemlosen Betriebs blieb das Board über Nacht mit jedem Neustart mehrfach hängen und es war praktisch nicht mehr möglich ins Bios zu gelangen. Daraufhin fanden wir im Netz zahlreiche Anwender, die ähnliche ungelöste Probleme mit dem Hochfahren hatten. Selbst nachdem uns ein Bios Flash nach ca. 1,5 Stunden Geduldsspielerei gelang verhielt sich das Board kaum besser. Overclocking ist seitdem äußerst mühselig, da sich das Board oft sehr beharrlich weigert mit erhöhten Prozessorfrequenzen zu starten. Selbstredend auch, wenn K-Prozessoren verbaut sind. Wirklich eine zeitraubende Enttäuschung.
Wer das Board auch besitzt und mit ähnlichen Problemen kämpft, für den haben wir noch einen Hinweis zu teilen: Mit dem zum Zeitpunkt dieses Artikels aktuellen BIOS F12 funktioniert das Booten gerade wieder einigermaßen (in 9 von 10 Fällen), wenn man bestimmte USB-Ports beim Hochfahren unbestückt lässt. Als subjektiv problematisch scheinen sich besonders die USB 2.0 Ports an der Rückseite und die herausgeleiteten Front-Ports zu erweisen. Schuld könnte auch eine ältere Logitech- USB-Maus tragen. Seitdem wir sie gegen eine drahtlose Version ausgetauscht haben und sowohl Tastatur als auch Maus über die hinteren USB3.0 Ports betreiben, bootet der Rechner fast immer.
LEPA MaxBron 1000W ATX 2.3
Immerhin, beim Netzteil wurden wir (fast) nicht enttäuscht. Dabei haben wir hier zum erstbesten 1000W-Modell gegriffen, das keine vernichtenden Kritiken im Netz hatte. Die 1000W wollten wir vorsorglich integrieren um auch für DUAL/Tripple GPU-Tests genügend Reserven zu haben. Die Effizienz ist für das Geld natürlich nicht Optimal (86%) aber die 80 Plus Bronze Zertifizierung geht für uns schon in Ordnung. Wichtig war uns noch die Unterstützung der "Haswell" C6/C7 Low-Power States, weil wir uns noch daran erinnern konnten, wegen deren Abwesenheit einmal einen Nachmittag mit Fehlersuche verbracht zu haben. Wichtig war uns auch, dass man die Anschlüsse einzeln abnehmen kann (also teilmodular), um nicht unnötige Kabel im Gehäuse zu haben. Doch ein paar Kabel sind dennoch fest angebracht, wobei neben dem sowieso obligatorischen Mainboard-Anschlüssen auch je ein PCI 6- und 8-Pol Anschluss nicht abnehmbar sind. Verzeihbar, denn wer betreibt ein 1000W Netzteil ganz ohne leistungshungrige GPU?
Die Geräusche des LEPA MaxBron 1000W ATX 2.3 liegen im moderaten Bereich. Definitiv nicht unhörbar, aber nicht so deutlich wie unser Prozessorlüfter.
Eine Macke des Netzteils trübt unseren Eindruck dann doch noch ein wenig: Beim Anschalten flog in einem Büro-Stromkreis immer die (flinke B16) Sicherung. Dies haben wir schon öfter mit anderen starken Netzteilen erlebt (auch mit bekannteren Marken wie Be Quiet) und hierfür gibt es auch diverse Tricks um das Problem zu umgehen (Einschaltstrom-Begrenzer, trägere Sicherungen (C16) oder lange Stromzuleitungen) jedoch gefällt es uns natürlich am besten, wenn man mit diesem Problem erst gar nicht zu kämpfen hat.
Samsung EVO 840 1TB
Als SSD kam in unserem Testsystem erst einmal eine Samsung SSD 840 EVO mit 1TB zum Einsatz, die schon im alten Testsystem verbaut war. Leider zeigt sich bei dieser nun tatsächlich nach ca. 6 Monaten der EVO-Fehler, dass ältere Files immer langsamer gelesen werden. Es gibt zwar ein Firmware-Update, jedoch löst dieses das Problem nur temporär. Ob wir die SSD im System behalten hängt nun davon ab, ob Samsung das Problem noch in den Griff bekommt, oder seine Altkunden im Regen stehen lässt.
Sonstiges
Aktuell haben wir das System erst einmal mit 16 GB DDR4-RAM ausgestattet, weil wir bis auf wenige Fälle in After Effects in unseren Tests selten volle 16 GB gebraucht haben. Wir halten uns die Option jedoch noch offen auf 48 GB zu gehen, da wir noch 4 freie RAM-Slots haben.
Zusammen mit allen Lüftern im aktuellen System (Netzteil, 2 GPUs, Gehäuse und CPU) bleibt unser System dennoch noch unter dem Geräuschpegel, den wir von typischen Workstations wie HP kennen. Wir erwarten jedoch, dass sich dies noch im Laufe der Zeit ändern wird.
Wir haben früher schon einige Rechner geschraubt, aber mit so viel Hindernissen wie diesmal hatten wir nicht gerechnet. Wir haben jetzt zwar einen ganz passablen neuen Testrechner, jedoch hat dieser noch so viele kleine Macken und Ecken, dass wir uns nicht zufrieden auf Schultern klopfen können. Immerhin rennt er stabil, wenn er mal läuft, aber noch mehr Zeit in das Gerät zu stecken scheint uns total abwegig. Mit den Macken leben? Mal sehen was da kommt. Aktuell würden wir bis auf das RAM für keine der von uns gekauften Komponenten eine Empfehlung aussprechen. Aber jetzt lassen wir erstmal alles so wie es ist, damit wir euch sehr bald mit frischen Erkenntnissen über CPU und GPU-Leistung fürs 4K-Editing berichten können.