Diese Saison steht im Zeichen der (Prosumer-)Fotokameras, die den HD-Camcordern Konkurrenz machen möchten. Für sie sprechen ihre relativ großen Sensoren und die meist besseren Optiken (vor allem natürlich bei DSLRs), doch nicht so gelungen ist aus Sicht der Videografen meist die Bedienung. Auch die Canon PowerShot SX1 IS, eine Superzoom-Fotokamera mit fest verbautem Objektiv, ist da keine Ausnahme...
Eckdaten zur Kamera

Vorab sei gesagt: wir widmen diesen Test rein der Videofunktion der Kamera, insbesondere dem HD-Modus. Aufgenommen werden -- wie bei der Canon EOS 5D MKII – in H.264 komprimierte QuickTime-MOVs mit einer Auflösung von 1920×1080 Pixeln bei einer hierzulande ungünstigen Bildwiederholrate von 30 Bildern pro Sekunde (progressiv). Über die Datenrate geben weder die Kamera noch Canon Angaben, erst der QuickTime-Player verrät die beachtlichen gut 40 Mbit. Die maximale Filmlänge wird mit 4 GB (in Daten) oder 1 Stunde angegeben, doch Vorsicht: letzteres gilt nur für die Aufnahmen in NTSC (640x480). HD-Takes können nicht länger als 29 min. 59 sec. werden.
Anders als das billigere Schwestermodell Powershot SX10 IS (die kein HD-Video aufnehmen kann) ist diese Kamera mit einem CMOS ausgestattet. Der DIGIC 4 Sensor ist mit 1/2.3 Zoll recht ordentlich, jedoch nicht außergewöhnlich groß. Das Objektiv ist dagegen mit seinem videorelevanten Brennweitenbereich von 29 - 580 mm extrem weitwinklig -- so etwas sucht man bei Camcordern bis auf wenige Ausnahmen vergeblich. Der maximale optische Zoom ist 20-fach.
Praktisch ist das 2.8" TFT Display im 16:9-Format (Auflösung 230.000 Pixel): es ist ausklapp- und schwenkbar, somit ist das Arbeiten mit der Kamera zumindest in dieser Hinsicht an die Handhabung von Camcordern angelehnt. Auch einen Sucher bringt die SX1 mit, er löst mit nur 148.000 Pixel jedoch nur sehr grob auf.

Aufgezeichnet wird auf SD/SDHC-Karte, als Anschlüsse stehen HDMI, USB, A/V out zur Verfügung. Der Listenpreis beträgt 569 Euro, Straßenpreise beginnen bei etwas unter 500 Euro.
Bedienung und Einstellungsmöglichkeiten bei Video
Für Videoaufnahmen gibt es rechts neben dem Sucher einen eigenen Auslöser. Wird dieser betätigt, zeichnet die Kamera Video auf, egal welcher Modus per Radschalter ausgewählt ist. Allerdings werden dann uU. im Display mehr Optionen angezeigt, als man tatsächlich einstellen kann. Nur wenn die Kamera im Videomodus eingestellt ist, werden ausschließlich solche Parameter eingeblendet, die sich beeinflussen lassen -- und das sind nicht sehr viele.
Wie bislang bei der Canon MkII (Abhilfe soll eine neue Firmware schaffen) sind auch hier die manuellen Einstellungsmöglichkeiten in Sachen Video stark begrenzt: Blende, Shutter und ISO werden von der Kamera automatisch gewählt. (Der Work-around mit einem anderen Objektiv mit Blendenring kann hier ja auch nicht angewendet werden, da die Optik fest verbaut ist). Zwar läßt sich per AE-Speicher oder über eine Belichtungskorrektur die Helligkeit einer Aufnahme regulieren – drückt man die entsprechende Taste erscheint ein Balken im Display und das Motiv kann mit dem Drehrädchen heller bzw. dunkler eingestellt werden. Ein für bildgestalterische Zwecke kreativer Umgang mit der Blende – Stichwort Schärfentiefe – muß jedoch ausbleiben. Die Kamera neigt im übrigen dazu, im Filmmodus den ISO-Wert höher anzusetzen als im Auto-Fotomodus, was oft ein deutliches Bildrauschen zur Folge hat.
Ein Weißabgleich läßt sich dagegen manuell ausführen, diverse übliche Presets stehen auch zur Verfügung. Die Funktion läßt sich schnell ansprechen über die Function-Set Taste (dort an erster Stelle zu finden).

Das Objektiv bietet keinerlei Ringe, gezoomt wird über einen kleinen, drehbaren Zoomregler vorne am rechten Griff. Der Fokus kann über das bereits angesprochene Drehrädchen rechts neben dem Display manuell justiert werden, auch während der Aufnahme. Allerdings läßt sich zumindest im Filmmodus die Schärfe nicht gut bestimmen, da die Lupe, die sich im Fotomodus als Fokus-Hilfe einblendet, hier fehlt. Die AF-Speicherung, also das Arretieren des Autofokus auf eine Position, kann natürlich dennoch hilfreich sein. Der Autofokus arbeitet jedoch nicht immer 100% zuverlässig, kommt etwa gelegentlich ins schwimmen, wenn das Umgebungslicht nicht ganz optimal ist, vor allem (aber nicht nur) bei Aufnahmen im Telebereich.
Bildqualität – aus dem Meßlabor
Bei den Messungen kam es im Videomodus zu einem sonderbaren Phänomen: In Bildteilen mit hohem Schwarz-Weiss-Kontrast tauchten immer wieder schwarze Punkte auf. Hier ein unvergrößerter Ausschnitt aus zwei Testaufnahmen.
-°VF=canon_pixelfehler#300#200
Worauf diese Pixelfehler zurückzuführen sind, ist ungeklärt. Bei der gemessenen Auflösung schlägt sich die Canon ansonsten gar nicht einmal schlecht. Sie liegt zwar nicht an der FullHD-Grenze, ginge jedoch als guter Mittelklasse-HD-Camcorder durch.

Neben punktartigen Artefakten erkennt man auf dem ISO-Chart im Kreis auch leichte Moiré-Störungen. Damit liegt die Kamera ungefähr auf dem Niveau von Einsteiger-AVCHD-Cams.

Die Farbauflösung der Canon ist sehr sauber und liegt nur etwas unter der möglichen 4:2:0-Auflösung von FullHD-Video.

Die SX1IS neigt im maximalen Weitwinkel zu einer merklichen Tonnenverzeichnung. Nicht allzu gravierend, allerdings hätten wir vom Objektiv-Profi Canon eigentlich mehr erwartet.

Im Videomodus liefert die SX1IS schöne, im Vergleich zu Canon Videokameras schon sehr peppige Farben, die sich auch in FullHD sehen lassen können.

Bei wenig Licht liefert die Canon dagegen praktisch kein verwertbares Bild mehr ab. Es ist sehr dunkel und von einer sichtbaren Rasterstruktur durchzogen.

Hier noch ein ausgespieltes Standbild aus einem Clip in voller Auflösung
CMOS-bedingte Rolling Shutter-Bildfehler sind natürlich beispielsweise bei schnellen Schwenks deutlich zu sehen.
Sound
Die Canon SX1 nimmt den Ton über zwei kleine, links und rechts über dem Objektiv platzierte Stereomikrofone auf – je nachdem wie die Kamera beim Arbeiten in der Hand liegt, kann es durchaus mal passieren, daß ungünstigerweise ein Finger davor rutscht. Ein externes Mikro kann ebenso wie Kopfhörer nicht angeschlossen werden. Letzteres wäre praktisch, denn immerhin läßt sich der Ton manuell auspegeln. Dies muß folglich ausschließlich über die Anzeige erfolgen. Auch kann ein Filter für Windgeräusche an- oder ausgestellt werden.

Anders als bei Camcordern, bei denen der Zoom seine Arbeit weitgehend lautlos verrichtet, sind bei der SX1 Motorgeräusche zu hören (logischerweise auch in den Clips), falls während der Aufnahme gezoomt wird. Zwar sollte man ja im Normalfall die Finger vom Zoom lassen, aber beispielsweise bei Aufziehern oder einem kriechenden Heranholen eines Motivs in leiser Umgebung hätte man also ein Surren in der Aufnahme.
Was die Tonqualität betrifft, so rauscht das integrierte Mikrofon der Canon SX1 IS stark. Immerhin werden im Gegenzug die Höhen nur moderat beschnitten.

Besonderheiten
Bezüglich der Ausgabe auf externen Monitor bzw. TV heißt es in den Produktinformationen: "Die Full HD-Movies können über den HDMI-Ausgang per optional als Zubehör erhältlichem HDMI-Kabel auf einem HD-Fernseher wiedergegeben werden", wer jedoch meint, somit sei ein Preview während der Aufnahme möglich, wird enttäuscht. Im Aufnahme-Modus kappt die Kamera jede Verbindung zur Außenwelt. Somit steht dem Videografen auch dieser Weg zur Schärfebeurteilung nicht zur Verfügung.
Praktisch und unpraktisch zugleich ist die Stromversorgung. Sie erfolgt mittels vier Batterien des Typs AA. Solche kann man immer zusätzlich dabei haben, sie sind jedoch nicht sonderlich umweltfreundlich, sofern man nicht wiederaufladbare Akku-Batterien einsetzt. Ungünstig ist vor allem, daß eine Anzeige über verbleibende Power fehlt. Wir hatten für diesen Test nur handelsübliche No-Name-Batterien zur Hand und mit diesen überzeugte uns die Laufzeit nicht. Kaum hatten wir uns einige Zeit durch die Menüs gescrollt, um herauszufinden, was sich dort so finden läßt, sowie einige kurze Testclips gemacht, blinkte schon die Low battery Anzeige. Nach Einklappen des Displays ließ sich die Lebenszeit deutlich verlängern, sie bleibt jedoch hinter der vergleichbarer Camcorder zurück und läßt sich vor allem nicht durch ein Upgrade des Akkus verlängern. (Canons Ni-MH NB4-300 Batterien sollen laut Spezifikationen jedoch mehr als doppelt so lange halten als andere.) Über einen optional erhältlichen AC Adapter (CA-PS700 ) kann die Kamera an das Stromnetz angeschlossen werden.
Am Rande erwähnt sei schließlich noch die Möglichkeit, während des Filmens ein Foto zu schießen durch Betätigung des Fotoauslösers; die Videoaufnahme wird dann kurz unterbrochen (sic!), indem statt Bewegtbild ca. 10 Schwarz-Frames in die Videodatei geschrieben werden. Ein geradezu spektakulär sinnloses Verhalten...
Fazit
Bei guten Lichtverhältnissen macht die SX1 ganz ansehnliche HD-Videos (von dem im Testlabor entdeckten Pixelfehler, der unter Realbedingungen vermutlich niemandem auffallen dürfte, einmal abgesehen). Anspruchsvolle Videofilmer werden sich dennoch von dieser Kamera eher nicht angesprochen fühlen – keine manuelle Kontrolle im Videomodus, schlechtes Lowlight-Verhalten, ebenfalls unterdurchschnittliche Audioqualität sind große Minuspunkte. Einzig der große Weitwinkel ist wirklich interessant.