Auch Canon bietet 2010 mit der HF R Serie im Preisbereich von 500 Euro einige HD-Camcorder an. Was haben die neuen Modelle von ihren großen Geschwistern geerbt? Oder noch interessanter: Was nicht?
Die Modelle
Neuland bei Canon: Die kleine R Serie (HF R106, HF R16 und HF R18) hat keine direkten Vorgänger. Canon bedient dieses Niedrigpreissegment 2010 das erste mal und hat hierfür die M Serie noch etwas weiter abgespeckt. Alle Modelle können nur auf Flashspeicher aufzeichnen, wobei die günstigste HF R106 für 479 Euro ausschließlich externe SD(HD)-Karten benutzt. Die HF R16 für 499 bringt dagegen auch 8 GB internen Speicher, die R18 für 599 sogar 32 GB mit.

Ausstattung
Canon setzt bei den HF R-Modellen nur auf einen 1/5,5-Zoll Bildwandler, der schon für die Lichtempfindlichkeit böses ahnen lässt. Der Weitwinkel ist mit 40 mm (kb) ebenfalls sehr gering und auch der Zoom ist mit 20fach in diesem Jahr (2010) für diese Klasse unterdurchschnittlich. Dass auch noch die Datenrate auf 17 Mbit limitiert ist, lässt die Kamera schon vor dem eigentlichen Test gegenüber der Konkurrenz etwas „alt“ aussehen. Canon hat dazu auch kein Filtergewinde integriert, dafür gibt es immerhin einen automatischen Objektiv-Verschluss.
Bildstabilisator und Display
Der Bildstabilisator korrigiert Bildwackler rein elektronisch, was sich im Vergleich zu teureren Camcordern durchaus negativ bemerkbar macht. Der optionale, aktive Modus lässt das Bild dabei nicht so weich schwimmen, wie bei den großen Geschwistern. Das Display der Canon löst mit gerade einmal 112.000 Pixel sehr gering auf und beschneidet das Bild dazu unnötigerweise am Rand.
Bedienung
Canon spart bei seinen Einstiegsmodellen leider auch drastisch bei der Bedienung. So gibt es nur eine Programmautomatik und einen Kino-Modus sowie diverse Szenen-Presets, um nach Situation zu filmen. Blenden-Priorität oder Verschluss-Priorität wie bei den großen Modellen findet man nicht. Auch die sonst Canon-typischen Einstellmöglichkeiten der Kamera-Charakteristik fehlt in der kleinen R-Serie. Es gibt nur noch 4 Presets (Kräftig, Neutral, Gering Schärfen, sowie Hautton Soften). Da es keinen Touchscreen gibt, muss der Anwender alle Funktionen über den Joystick ansprechen, was gerade beim Fokussieren nicht sehr gut funktioniert. Das unscharfe Display ist hierbei leider auch keine große Hilfe.
Was fehlt
Wie auch bei fast allen anderen 500 Euro-Camcordern vermisst man Mikrofon- und Kopfhöreranschlüss, Zubehörschuh, Belichtungshilfen wie Zebra- oder Histogramme oder auch einen Sucher.
Am Rande: PAL-Aufnahmen
Canon hat erkannt, dass es durchaus für manche Anwender noch interessant sein kann, in PAL-Auflösung zu arbeiten. Die HF R-Serie bietet dabei (wie auch die großen Schwestern) zwar keine direkte SD-Aufnahme, jedoch ist eine Konvertierung innerhalb der Kamera möglich, solange das Modell auch einen internen Speicher besitzt. Dann können nämlich von dort ausgewählte Videos auf die SDHC-Karte kopiert und simultan auf PAL-Auflösung herunterskaliert werden. Die wählbare Datenrate liegt dabei bei maximal 9 Mbit/s.
Die Wandlung findet dabei übrigens in Echtzeit statt, jedoch niemals schneller. Um also 40 Minuten Material zu konvertieren, muss eben diese Wartezeit auch einkalkuliert werden, bevor die Kamera wieder für andere Anwendungen eingesetzt werden kann. Die Qualität der Konvertierung gelingt je nach Material sehr gut bis gut. Nicht zuletzt deshalb erweist sich dieses Konzept von Canon gegenüber Sonys direkter MPEG2-SD-Aufnahme insgesamt als deutlich flexibler, da man sich nicht schon bei der Aufnahme zwischen SD- oder HD-Auflösung entscheiden muss.
Aus dem Messlabor
Der Schärfeverlauf der Canon HF R18 zeigt einen dicken Bauch, was auf eine deutliche, künstliche Nachschärfung schließen lässt. Gleichzeitig endet er jedoch relativ früh.

Im ISO-Testbild finden sich die klassentypischen Skalierungsartefakte, aber auch die deutliche Nachschärfung fällt sofort ins Auge.

Bei der Farbauflösung gibt sich die kleine Canon dagegen sehr unauffällig. Der Farbpegel-Verlauf ist ruhig und wirkt sehr ausgeglichen, was keine bösen Farb-Überraschungen erwarten lässt.

Das Objektiv verzeichnet trotz geringem Weitwinkel sichtbar. Hier bieten einige Konkurrenten seit diesem Jahr deutlich mehr.

Bei viel Licht, wirken die Farben der Canon eher dezent und keinesfalls übertrieben. Wer es knalliger mag, findet sogar noch ein Preset für kräftige Farben im Menü.

Bei Schwachlicht bricht die Bildqualität der Canon HF R deutlich ein. Dies ist vor allem auf den kleinen CMOS-Sensor zurückzuführen, der nicht auf eine Backside Illuminated Technologie zurückgreifen kann. Zwar sieht das Automatik-Bild nicht sooo schlecht aus, jedoch ist die Kamera hier schon bei 1/25 Sekunde Belichtungszeit.

Der Störgeräusch-Verlauf ist ausgesprochen gleichmäßig. Neben den ungefilterten Höhen sind vor allem auch die ungefilterten Bässe eher selten anzutreffen.

Fazit
Wenig Weitwinkel, kleine Sensoren, mageres Low-Light-Verhalten und kaum manuelle Funktionen lassen kaum einen Grund erkennen, weshalb man sich für eines der kleinsten Canon-Modelle bei einem Budget von 500 Euro entscheiden sollte. Vor zwei Jahren hätte man mit einem solchen Funktionsumfang im HD-Camcorder-Segment in diesem Preisbereich noch punkten können, aber die Zeiten haben sich schnell geändert. Das ist besonders schade, denn Canon könnte es sicherlich besser. Hier gibt es sogar schon digitale Fotoapparate, die in diesem Preisbereich der rundere Camcorder wären. Hoffen wir, dass Canon endlich sein Know-How aus dem Fotobereich mit dem Videobereich poolt und bald wieder für echte Innovation sorgt, wie es die Firma gerade erfolgreich im DSLR-Bereich vormacht.