Test Angel dir den externen Ton – Boss Micro BR

Angel dir den externen Ton – Boss Micro BR

Das Geheimnis des guten Video-Tons ist eigentlich einfacher als viele denken: Man muss nur versuchen mit dem Mikro an die gewünschte Schallquelle möglichst nah ranzukommen. Leichter gesagt als getan, wenn der Camcorder nur ein internes Mikro hat...

// 11:23 Di, 15. Mai 2007von

Selbst wenn viele Hersteller jetzt sogar 5.1-Raumklang-Mikrofone in ihren Camcordern verbauen, ein passables Klangbild bekommt man mit einem internen Camcorder-Mikro praktisch niemals hin. Das liegt daran, dass mit dem Mikrofon -so gerichtet es auch sein mag- meistens ein paar Meter zur Schallquelle überbrückt werden müssen. Auf diesem Weg gibt es eine Menge "Athmo" oder Raumhall, der mitgenommen wird. Und nicht nur das: Die meisten Camcorder haben auch entweder ein sirrendes Laufwerk oder neuerdings sogar Lüfter, deren Motorengeräusche ausgefiltert werden müssen. Daher weisen die meistens internen Mikros eine deutliche Delle im Frequenzgang um die 10 KHz auf.




Externer Mikro-Eingang als beste Lösung?

Die Lösung ist auf den ersten Blick ein zusätzlicher Mikrofon-Eingang. Doch selbst dieser ist bei neueren Modellen kein Garant für eine manuelle Aussteuerungsmöglichkeit. Noch dazu ist es oft hinderlich, wenn ein langes Tonkabel beim Filmen aus dem Camcorder hängt. Außerdem ist der Kameramann dann automatisch für die Aussteuerung zuständig, was nicht unbedingt zur „Bildkonzentration“ beiträgt.



Profis nutzen in der Regel einen separaten DAT-Recorder am Set. Dieser wird von einem Mitarbeiter bedient, der den gewünschten Ton mitangelt. Das bedeutet, er versucht über einen Galgen (=einer Stange mit Halterung) mit dem Mikrofon so nahe wie möglich an die Schallquelle heranzukommen, ohne dass das Mikro im Bildausschnitt sichtbar wird.


Da das hantieren mit DAT-Bändern auch Profis schlaucht, findet im professionellen Umfeld gerade die längst fällige Umstellung von DAT auf Flash statt, allerdings hat dies nicht viel an der Preisgestaltung verändert: Professionelle Field-Recorder kosten nach wie vor meist 600 Euro und mehr.



Wir haben uns gefragt, ob man nicht billiger an eine professionelle Lösung kommen kann. Und siehe de, es geht, wenn man nur etwas sucht. Eigentlich sollten auch einfache MP3-Player mit Aufnahme-Funktion für diese Aufgabe gewappnet sein, jedoch fanden wir keine günstigen Geräte mit gutem Mikrofon-Vorverstärker auf dem Markt. Wie so oft findet man solche Funktionen eher in Musikerkreisen.





Vorhang auf

 Der Boss Micro BR ist kaum größer als ein PDA, beherbergt aber ein voll digitales Vierspur-Studio.
Der Boss Micro BR ist kaum größer als ein PDA, beherbergt aber ein voll digitales Vierspur-Studio.


Der Boss Micro BR ist eigentlich ein ultraprotabler, digitaler Vierspurrecorder, der ungefähr so groß wie ein PDA ist und mit 2 AA-Mignon-Batterien betrieben werden kann. Mit gerade mal 13,6 x 8,1 x 2,1 cm bei 150 Gramm kann man dieses Gerät auf jeden Fall immer auf Verdacht zu einem Dreh mitnehmen... Das wichtigste ist jedoch, dass er über ein externes Mikrofon auf SD-Karte in astreiner Tonqualität aufzeichnen kann und dabei noch über ein separates Pegelrädchen sowie eine Ausssteuerungsanzeige verfügt. Damit erfüllt er das Hauptkriterum eines waschechten Fieldrecorders, kostet im Versand aber gerade einmal knapp 200 Euro.



Uns interessierte natürlich die Frage, ob die zahlreichen integrierten Zusatzfunktionen (Multitrack, Multieffekt, Tuner etc.) bei der Bedienung als reines Aufnahmegerät hinderlich sind. Doch das sind Sie glücklicherweise nicht sonderlich. Hat man sich einmal in die grundsätzliche Funktionalität des Gerätes eingearbeitet, gelingt der spontane Aufnahmestart ca. zehn Sekunden nach Einschalten des Gerätes. Befindet sich das Gerät im Aufnahme-Bereitschafts-Modus, startet die Aufnahme sogar schon nach ein paar Millisekunden...



Probleme gibt es immer mit der späteren Zuordnung und Synchronisation des separaten Tons. Da die einzelnen Dateien mit FAT32 auf der SD-Karte landen, sollte es jedoch ein leichtes sein, diese einfach aufgrund des Zeitstempels der Datei schön zuordnen zu können. Einfach nur eine Digitaluhr zu Szenenbeginn mitfilmen und schon ist Ordnung im Chaos. Doch Pustekuchen:


Der Boss Micro BR speichert bei der Aufzeichnung weder Uhrzeit noch Datum der Aufnahme, was ein späteres Auffinden der Aufnahmen unnötig erschwert. Also nach wie vor analoge Probleme. Zu allem Überfluss landen die Aufnahmen in einem Boss-Spezial-Format auf der SD-Karte. Um daraus WAV oder MP3-Dateien zu machen, benötigt man noch einen (immerhin) kostenlosen Konverter von der Webseite des Unternehmens.







Integriertes Mikrofon

Für die spontane Tonaufnahme ist bereits ein kleines Mikrofon in das Gerät integriert. Dieses klingt nicht einmal schlecht, jedoch ist das Gehäuse nur mäßig gegen Berührungsschall gedämpft. Jede Bewegung des Gerätes wird daher gnadenlos mit aufgezeichnet. Wer das Gerät dagegen irgendwo fest platziert, bekommt so schon mal eine ziemlich gute Athmo.


Der eigentliche Einsatzzweck sind dagegen Aufnahmen mit einem externen Mikrofon. Leider bietet der Micro BR hierfür keine XLR-Eingänge, sondern nur eine Mini-Klinke ohne echte Phantom-Speisung. Da man aufgrund der Größe des Geräts und dem möglichen Batteriebetrieb das Verbindungskabel zum externen Mikrofon jedoch kurz halten kann, hatten wir bei Testaufnahmen mit keinerlei Störungen zu kämpfen.





Sonstige Qualitäten

Ich persönlich halte das Thema-XLR- und bessere Tonqualität übrigens für stark übertrieben. Wenn man nicht gerade neben einer starken Störquelle steht, hat man in 99 von 100 Fällen auch keine Probleme mit einem einfach abgeschirmten Kabel. Allerdings (und das ist auch eine klare Schwäche dieser MicroBR-Lösung) bietet XLR einfach eine höhere mechanische Stabilität. Nach tausendmal Stecker-Rein-Raus ist eine Miniklinke oft schon ausgeleiert, ganz zu schweigen, wenn mal eine echte Zugbelastung auf ein Kabel kommt. Dann bricht schon mal eine ganze Buchse aus dem Gerät. Jedoch lässt sich eine gewisse Zugentlastung selber zusammenschustern (und sei es durch einen festgeklebten Miniklinke auf XLR-Adapter).



Über ein einfaches XLR-Miniklinke-Adapterkabel lässt sich leicht eine Zugentlastung realisieren, was die eingebaute Buchse schont.
Über ein einfaches XLR-Miniklinke-Adapterkabel lässt sich leicht eine Zugentlastung realisieren, was die eingebaute Buchse schont.


Trotz dieser „unprofessionellen“ Bauweise des Gerätes, interessiert uns natürlich die Klangqualität, und die ist tadellos. Der Micro BR liefert ein extrem ausgeglichenes Klangbild mit ausgesprochen wenig Rauschen. Wie bereits erwähnt, trägt zum soliden Workflow die manuelle Aussteuerungsmöglichkeit über ein separates Drehrad bei. Wer so Ton angelt, bekommt auf jeden Fall einen bessere Aufnahme, als sie jemals ein internes Camcorder-Mikro liefern kann.





Fazit

Gegen professionelle Fieldrecorder kann der Boss Micro BR erwartungsgemäß nicht ganz anstinken. Wer jedoch etwas Lernaufwand für der Bedienung und etwas Bastelarbeit für die Zugentlastung nicht scheut, kann auch mit dieser günstigen Lösung ausgesprochen gute Ergebnisse erzielen. Mittlerweile ist mit dem ZOOM H-4 jedoch ein starker Konkurrent auf dem Markt aufgetaucht, der sogar bei ähnlichem Funktionsumfang XLR-Eingänge und andere Vorzüge bietet. Der Ladenpreis liegt hier mit 350 Euro allerdings deutlich über dem Micro BR. Doch kürzlich hat die Firma Zoom auch noch ein kleineres Gerät ohne XLR in der Preisklasse des Boss Micro BR (ZOOM H-2) für Sommer/Herbst angekündigt. Es riecht also stark nach fallenden Preisen für gute Flash-Fieldrecorder...



 Der ZOOM H-4 bietet für mehr Geld, einen ähnlichen Funktionsumfang plus XLR. Der  ZOOM H-2 wird dagegen der erste Digitalrecorder mit einem Listenpreis unter 200 Euro, allerdings ohne XLR.
Der ZOOM H-4 bietet für mehr Geld, einen ähnlichen Funktionsumfang plus XLR. Der ZOOM H-2 wird dagegen der erste Digitalrecorder mit einem Listenpreis unter 200 Euro, allerdings ohne XLR.

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