Nun hat auch einmal eine ALEXA Mini LF einen kurzen Abstecher in unsere Redaktion machen können - und uns damit die Möglichkeit eröffnet, einmal eine echte 4K Kamera aus dem Hause ARRI unseren Sensor Betrachtungen zu unterziehen.

Zur Erinnerung: Obwohl ARRI seit einem Jahrzehnt den Markt für professionelle Cinekameras klar dominiert, handelt es sich bei der immer noch aktuellen ALEXA um eine Kamera mit S35-Sensor, der eine maximale horizontale Auflösung von 3,2K ausgeben kann. Erst die bald ausgelieferte ALEXA35 wird einen neuen S35 Sensor mitbringen, der wirklich native 4K-Aufnahmen ermöglicht, da dieser Sensor eine horizontale Auflösung von 4,6K besitzt.
Wer also mit einer ARRI Kamera "echtes 4K" aufzeichnen wollte, musste bislang zu den großformatigen LF-Modellen greifen, die zwei nahtlos nebeneinander platzierte Sensoren nutzen und die Chipfläche damit auch nahezu verdoppeln.

Möglich ist dies beim ARRI ALEV 3 Sensor, weil dieser aus zwei getrennten Schichten besteht: Einem Sensor-Board mit den Senseln/Photosites und ein zweites Board, auf dem die Analog/Digital Wandler sitzen.
Rolling Shutter
Gerade weil der Sensor ja aus zwei Sensor-Boards zusammen"gesticht" wird, hat uns das Rolling Shutter Verhalten der Arri Mini LF ganz besonders interessiert. Denn zu unserer Überraschung ändert sich die Auslese-Richtung über die zwei Sensorflächen nicht, obwohl die zwei Sensorboards ja um 90 Grad gedreht sind. Der Sensor verhält sich trotz seiner zwei Oberflächen unauffällig wie aus einem Guss, auch eine Sprungstelle zwischen den beiden Komponenten ist in der Messung nicht erkennbar.

Im Open Gate Modus (4.448 x 3.096 Sensel) kann die gesamte Sensorfläche in 10,6 Millisekunden ausgelesen werden. Bei typischen nicht anamorphen 4K-Auflösungen kann man mit entsprechend verkürzten Zeiten rechnen. Beispielsweise in LF 4,3K 16:9 UHD mit 2.430 Zeilen landet man bei ca. 8 Millisekunden. Dies war bis vor kurzem noch einer der bestmöglichen Werte für einen Large Format / Vollformat Sensor. Im Consumer Bereich fand man vergleichbare Werte bisher nur bei einer Sony A7SIII oder einer Canon EOS R3, im professionellen Bereich sahen wir ähnliche Werte bisher bei einer Sony FX3 und FX6.
Allerdings hat sich Sony mit der 8K Venice 2 mit 2,1 bis 3,9ms -je nach ausgelesenen Zeilen- kürzlich die aktuelle Performance Krone geangelt. Gerade für die Postproduktion können besonders kurze Auslesezeiten wichtig sein, da hiermit das Tracking zuverlässiger arbeiten kann.
4K Debayering
Die Arri LF besitzt bei allen Frameraten ein identisches Debayering. In der höchsten Open Gate Auflösung 4448 x 3096 schafft sie dabei "nur" Frameraten mit bis zu 40 Bildern pro Sekunde. In 2,39:1 Breitbild mit 1856 Zeilen kann der Sensor bei dieser Breite mit bis zu 60 fps ausgelesen werden. Für unser 4K Debayering besitzt sie in diesen Modi mit 4,4K Horizontalpixeln eine ausreichende Reserve für ein qualitätssteigerndes Oversampling (gegenüber einem 1:1 Readout):

Feinste Details gehen in diesem Fall beim Downsampling in Resolve unter, allerdings genügt die Reserve, um unerwünschte Artefakte fast vollständig zu unterdrücken. Das Bild wirkt dadurch -wie für eine Alexa zu erwarten- sehr "cinematisch" und nicht übertrieben scharf.
Auch mit viel Kontrast in der Post werden kaum Artefakte sichtbar:

Sonstiges
Bei dem Anspruch an Perfektion überraschten uns allerdings die eingeschränkten Möglichkeiten der Fokusvergrößerung mit dem ARRI MVF-2 Viewfinder. Maximal 200 Prozent Vergrößerung sind bei einem OLED-Display mit 1920 x 1080 Bildpunkten in unseren Augen definitiv zu wenig, um feine 4K-Details zuverlässig beurteilen zu können. Selbst weitaus günstigere Konkurrenten erlauben mittlerweile 4x oder 8x-Vergrößerungsfaktoren, die auch in nicht eindeutigen Fokus-Situationen eine sichere 4K Schärfe-Beurteilung ermöglichen.
Fazit
Bei den Rolling Shutter Werten und beim Debayering erlaubt sich die ALEXA Mini LF keine Schwächen und liefert erwartungsgemäß eine amtliche 4K-Bildqualität ab, die man in professionellen Produktionen von ARRI erwarten kann und darf. Dass die an sich sehr guten Rolling Shutter Werte von Sony kürzlich mit der Venice 2 / 8K kassiert wurden, belegt nicht nur, dass sich die Konkurrenzsituation in den letzten Jahren deutlich verschärft hat, sondern auch, dass der erfahrungsgemäß sichere Abstand von ARRI zur Konkurrenz kleiner wird. Womit wir uns die größte offene Frage noch für einen separaten Artikel aufheben: "Wie hältst du es mit der Dynamik?". Dazu gibt es in kürze hier einen direkten Dynamik-Vergleich zur Venice 2 zu sehen und zu lesen...