Panasonic hat mit seiner 6K- (und demnächst ProRes Raw) fähigen S1H vorgelegt, Canon hat soeben seine EOS R5 mit interner 8K RAW Aufnahme vorgestellt und die in Kürze anstehende Sony Alpha 7SIII dürfte nicht weniger beeindruckende Spezifikationen zur Verfügung stellen. Was verraten uns diese Kameras über eine State-of-the Art DSLM/DSLR in 2020? Wie wäre sie (realistischer Weise) ausgestattet?

8K Videoaufnahme
Wir sind uns ziemlich sicher: Hätten die Olympischen Sommerspiele dieses Jahr in Japan stattgefunden, hätten wir deutlich mehr von 8K gehört. Und vielleicht wäre es genau die richtige Dosis Ruhm und Glanz gewesen, um einem neuen Auflösungsstandard zum schnelleren Durchbruch zu verhelfen - zumindest im asiatischen Raum. Doch wie dem auch sei: 8K dürfte so oder so kommen - auch wenn es derzeit etwas länger dauern sollte ...

Die soeben neu vorgestellte Canon EOS R5 steht mit ihrer 8K Fähigkeit für das derzeit Machbare in Sachen Videoauflösung bei DSLMs. Sollte sich Canon bei der R an den 4-jährigen Produktzyklus seiner 5er DSLR Reihe halten, ist man sicherlich nicht schlecht beraten, 8K für die nächsten 4 Jahre anbieten zu können – auch wenn derzeit hier vom Temperatur-Management her Kompromisse eingegangen werden müssen (s.a. Kapitel Temperatur-Management).
Aktuell dürften viele Videouser zwar bestens mit gemäßigten Oversampling-Auflösungen oberhalb von 4K bedient sein (6K halten wir derzeit für den Sweet-Spot), aber: Die Referenz lautet derzeit klar: 8K.
KI-Autofokus
Immer höhere Auflösungen bei Vollformatsensoren stellen hohe Anforderungen an die Fokussierung. Die Relevanz von zugleich verlässlichen wie intelligenten Autofokussystemen wächst. Die aktuell besten AF-Systeme tracken Augen auch über weite Distanzen sicher, lassen sich nicht von kurzzeitig abgewandten Gesichtern aus der Ruhe bringen, bieten per Push-Button die gezielte Auswahl eines Auges an sowie fliegende Wechsel per Joystick von einer Person zur anderen.
Darüber hinaus agieren die besten derzeit verfügbaren AF-Systeme leise, um Audioaufnahmen nicht zu stören und bieten jederzeit manuelle Override-Funktionen. Auch wenn bei den aktuell besten AF-Systemen stets Sony und Canon (zurecht) an erster Stelle genannt werden, sei hier nochmal explizit darauf hingewiesen, dass Nikon bei seiner Z-Serie derzeit das beste manuelle Overriding im Video-AF-Betrieb im Angebot hat.

Blickt man über den Tellerrand der DSLM/DSLR Sparte hin zu expliziten Video-Kameras stellen intelligente KI-unterstütze AF-Systeme, die Personen speichern und wiedererkennen können, das derzeit Machbare dar. In Zeiten von Gesichtserkennungsalgorithmen, die in falschen Händen schnell üble Überwachungsszenarien ermöglichen können, zugegeben unheimlich - aber es sind letztlich die selben Systeme, die in Zukunft für noch verlässlicheres Personen- und Objekttrackings auch für DSLMs sorgen werden.
Hier liegt noch viel Potential, das wir in naher Zukunft „zu Gesicht“ bekommen werden.
Aktuell dürfen wir uns an AF-Systemen erfreuen, die das Potential haben, in (eher noch überschaubaren) Dreh-Situationen einen Fokus-Puller zu ersetzen.
Linearer manueller Fokus
Auch beim Thema manuelle Fokuskontrolle tut sich einiges bei der neuen Generation der TOP-DSLR/DSLMs. Von uns schon lange eingefordert und jetzt endlich realisiert: Lineare, manuelle Fokuskontrolle bei AF-Focus-by-Wire Optiken. Vor allem Panasonic (S1/S1H) und Canon (EOS R, 1-DX Mark III) haben für ihre AF-Optiken jetzt über die Kamera konfigurierbare lineare Fokussier-Optionen implementiert. Wer einmal damit manuell fokussiert hat, wird nicht mehr zum exponentiell mit der Drehgeschwindigkeit gekoppelten Focus-by-Wire Objektiven zurückkehren wollen. Von daher auf jeden Fall ein Muss für eine State-of-the- Art Video-DSLM 2020. Aber es geht noch weiter:
Canon verbaut seit Jahren bei seinen Dual Pixel AF-Systemen eine auch im manuellen Betrieb (und auch bei vielen rein manuellen Optiken zuschaltbare) Fokuskontrolle. Leider fehlt bei Canon (und auch bei Panasonic) eine hier noch zuschaltbare Suchervergrösserung während der Aufnahme. Fujifilm und Sony bieten diese – kommen jedoch nicht an die manuelle Fokussierhilfe von Canon heran. Damit ist für uns klar: Unsere Referenz-DSLM hätte aus beiden Welten das beste: Eine während der Videoaufnahme zuschaltbare Suchervergrösserung und eine Canon-ähnliche Fokussierhilfe.
10 Bit H.265 oder RAW?
Die maximale Bittiefe von intern aufgenommen RAW-Formaten bei DLSM/DSLRs liegt derzeit bei 12 Bit und stellt damit auch für uns die Referenz dar. Allerdings würden wir hier den Anwendungsfall unterscheiden wollen, denn komprimiertes RAW dürfte für Werbung, CGI-Shots und andere kürzere Bewegtbild-Formen sehr gut passen - für Doku-Formate, Reportage, Interviews etc. hingegen weniger. Letztere dürften eine saubere 10 Bit (Log) Implementierung mit gemässigteren Datenraten eher als Referenz sehen.

Von daher darf unsere State-of-the-Art DSLM gerne beides beherrschen: Einerseits ein modernes, komprimiertes 12 Bit Raw-Format und andererseits ein Dank Oversampling sauber skaliertes und höher komprimiertes 10 Bit Log Format in H-265. Da dies zumindest mit derzeitig verfügbaren Sensoren wärmetechnisch kein ganz einfaches Unterfangen darstellt, haben wir als nächsten Punkt in unserer Top-DSLM/DSLR Liste auch „Temperatur-Management“ aufgenommen.
Für die Aufzeichnung wären duale Kartenslots Pflicht - als Aufzeichnungsmedium würden sich kompakte CFexpress Karten anbieten.
Temperatur-Management
Wer mit aktuellen Sensoren Auflösungen oberhalb von 4K 10 Bit oder Raw intern aufzeichnen möchte, steht als Kamerahersteller vor der Herausforderung, die Wärme vom Sensor bestmöglich abzuleiten. Wer auf eine passive Kühlung ohne elektr. Lüfter setzt, gewinnt eine etwas höhere Wetterfestigkeit und einen leisen Kamerabetrieb, muss jedoch eine Kameraabschaltung nach Erreichen einer kritischen Temperatur inkl. Abkühlphase in Kauf nehmen.
Wer umgekehrt einen aktiven Lüfter verbaut, gewinnt längere Betriebszeiten, muss jedoch bei der Wetterfestigkeit und bei den Betriebsgeräuschen mit Abstrichen leben.
Unsere State-of-the-Art Video-DSLM würde beides beherrschen, wobei wir uns hier durchaus Konzepte mit und ohne aktive Kühlung gut vorstellen können. Mit aktiver Kühlung wären lange 12 Bit RAW Aufnahmen sowie stärker komprimierte 10 Bit H.265 Formate oberhalb von 6K möglich. Ohne aktive Kühlung sollte trotzdem ein längerer 10-Bit Log Modus möglich sein und für 12 Bit Raw müsste man mit den kürzeren Aufnahmelimits auskommen.
Elektronischer Sucher, Belichtung und HDMI-Out
Bei den Sucherauflösungen hat sich bei den DSLMs mit den letzten Kameragenerationen erfreulich viel getan. Wir schätzen DSLM-Sucher nicht nur wegen der vielen, optional einblendbaren Zusatzinformationen, sondern auch als ergonomisch sinnvoller dritter Kontaktpunkt am Körper.
Die besten elektronischen DSLM-Suchersysteme lösen derzeit mit knapp 6 Mio Bildpunkten (5,8 Mio = Panasonic S1H) auf und bilden damit die aktuelle, OLED-basierte Referenz.
Und da zu Sucher auch Belichtungsanzeigen gehören, hätte unsere State-of-the-Art DSLM neben zuschaltbarem Waveform, Zebra und Histogramm auch eine False-Color Anzeige. Immer wieder erstaunlich in unseren Augen, dass kaum Hersteller diese bislang implementiert haben. Und dies gilt ebenso für das Thema HDMI Anschluß in Standardgröße.s
Wir verstehen durchaus, dass Micro- und Mini-HDMI Anschlüsse bei der Gehäusegröße kompaktere Bauformen erlauben, aber: Unserer Erfahrung nach sind die kleinen HDMI-Anschlüsse anfälliger für Wackelkontakte und Signalfehler. HDMI selbst ist im professionellen Kamerabereich wegen seiner fehlenden Zugsicherung schon eher problematisch. Umso wichtiger empfinden wir hier die robustere, größere HDMI-Variante. Panasonic ist hier derzeit allein auf weiter Flur …
Am HDMI-Out darf dann gerne auch ein externes RAW-Signal optional geschaltet werden. Da wir professionelle DSLMs in der Regel auch mit einem externen Monitor betreiben, stellt ein paralleles RAW-Recording eine willkommene Option dar, die vielleicht dann auch das interne Recording der Kamera (wärmetechnisch) entlasten darf.
Vollformat und IBIS
Bei der Sensor-Bestückung stehen Vollformat-Sensoren derzeit an erster Stelle. Und hier interessiert uns weniger eine möglichst knappe Schärfentiefe, sondern vor allem die mögliche Farbtiefe und der Belichtungsspielraum. Oder anders ausgedrückt: Käme eine DSLM mit einem APS-C oder sogar Micro Four Thirds Sensor auf den Markt, deren Dynamik das Potential aktueller Vollformat-Sensoren überträfe, wäre eine solche Kamera ein ernstzunehmender Kandidat für eine Top-Video-DSLM. Doch derzeit bieten die größeren Vollformat-Sensoren hier die höhere Leistung.
Vollformat-Sensor profitieren in der Regel noch stärker von einer guten, kamerainternen Stabilisierung, weil sie - zumindest bisher - oft anfälliger für Rollig Shutter Problematiken waren. Dies scheint sich zwar aktuell gerade ein wenig zu ändern, aber eine gute Sensorstabilisierung bringt in so vielen Situationen noch zusätzliche Vorteile - nicht zu letzt auch im Verbund mit manuellen Optiken – dass eine hochwertige Sensorstabilisierung auf jeden Fall Teil unserer Referenz-DSLM sein müsste.
Aktuelle DSLMs wie der Canon EOS R5 und die Panasonic S1H bieten hier bereits sehr gute Sensorstabilisierungssysteme.
Maximale Bildraten
Mit jeder videofähigen DSLM/DSLR-Generation werden die maximal möglichen Frameraten weiter nach oben geschraubt.
Derzeit liegt die Referenz bei voller Sensorauslesung bei 4K bereits bei 120 fps. Damit dürften bereits sehr viele Slow-Motion Szenarios sehr gut bedient werden. Mehr ist natürlich stets willkommen aber eine komplette Vollformatsensorauslesung mit 120 fps trägt bereits weit und wäre damit auch klare Mindestanforderung an unsere Referenz-DSLM 2020.
XLR-Audio
Tatsächlich hatten wir in 2020 noch mehr Kamerahersteller auf dem Schirm gehabt, die XLR-Audio-Lösungen für ihre Vollformat-DSLMs anbieten. Derzeit sind es- wie in den Jahren zuvor - lediglich Sony und Panasonic die XLR-Adapter via Blitzschuh für ihre Vollformat-DSLMs anbieten. Wir schätzen hieran vor allem das kompakte Setup sowie die Möglichkeit manuell extern per Drehknopf die Audiolevel schnell einzustellen (und hierfür nicht erst ins Menü tauchen zu müssen.

Alternativ liesse sich auch eine Mini-XLR Implementierung vorstellen, wie sie Blackmagic Design an seinen aktuellen Pocket Cinema 4K und 6K Kameras verbaut hat.
Ein Kopfhörer-Ausgang via Miniklinke versteht sich von selbst – auch wenn wir hier seit längerem gespannt auf drahtlose Lösungen warten, die mit geringen Latenzzeiten eine weitere Monitor-Funktion für Audio böten.
Unsere Top 10 Video DSLM-Funktionen 2020
Zusammengefasst sähe unsere Referenz-DSLM 2020 in Sachen Spezifikationen wie folgt aus:
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1. Vollformat-Sensor inkl. Sensorstabilisierung 2. 8K-fähiger Sensor mit 8K Videoaufnahme inkl. sauberem 4K Fullsensor Downscale 3. KI-basierter Autofokus inkl. intelligenter Gesichtserkennung/Speicherung 4. Linear schaltbare, manuelle Fokus by Wire Funktion inkl. Fokusvergrösserung/Assist während der Videoaufnahme 5. 10 Bit H.265 LOG Aufnahme mit gemässigter Datenrate (400-800 Mbit/s) via H.265 und internes, komprimiertes 12 Bit RAW 6. cleveres Wärmemanagement optional mit aktiver Kühlung 7. Sucherauflösung mit mind. 6 Mio Bildpunkten und False-Color Option 8. Standard HDMI Out inkl. 10-Bit Log und min. 12 Bit RAW Output 9. 120 fps Full-Sensor Readout 10. XLR-Audio-Adapter via Blitzschuh |
Soweit unsere - zugegeben subjektive - Auswahl an Top-DSLM-Funktionen 2020 - was steht auf eurer Liste?