Frage von josephb:Hallo zusammen,
eine kleine Filmproduktionsfirma möchte ein paar Erklärfilme bei mir beauftragen und gegen Aufpreis sämtliche Nutzungs- und Weiterbearbeitungsrechte an den Illus, Animationen und Sound (soweit möglich) sowie die offenen Dateien haben.
Es geht nach deren Aussage nicht darum, dass sie mit meinen Illustrationen und Keyframes endlos Kohle scheffeln wollen. Sondern sie wollen die Möglichkeit haben, Updates oder Korrekturen die von Kundenseite in paar Monaten oder Jahren kommen, selbst durchführen zu können.
Wobei sie natürlich auch die Illus und manche Animationsloops etc. als Grundlage für andere Filme verwenden könnten wenn ich alle Rechte hergebe. Können ja umgehen mit AE.
Dazu kommt noch, dass ich die Dateien noch sauberer und nachvollziehbarer benennen und aufbereiten muss als ich es nur für mich allein machen würde ;)
Ich dachte daher schon daran es aufzuteilen:
A) Offene Daten nur für Korrekturen an den bestehenden Filmen zum Aufpreis X
B) Nutzung der Daten für komplett neue Filme zu nem höheren Aufpreis Y
Dass es mehr kostet ist ihnen klar, die Firma ist sympathisch und ich würde gerne mehr mit denen zusammenarbeiten. Das heißt, ich will nicht melken sondern angemessen und nachvollziehbar dafür vergütet werden.
Google gibt zu dem Thema nicht viel her, in der Designbranche sind die Vergütungen für so was meist utopisch (2–4facher Faktor des Honorars im AGD etc.), aber als Argumentationsgrundlage ganz gut.
Für Option A) sagt mein Bauch Folgendes zu den Aufschlägen auf das Werkvertrags-Honorar in %:
100% –> rechtlich evtl. fair, aber irgendwie übertrieben
50% –> nur noch halbwegs fair, der Firma aber vielleicht immer noch zu teuer
30% –> Entgegenkommen meinerseits
Für Option B):
200% –> wenn die Firma die Aussicht hat damit Reibach zu machen
100% –> halbwegs fair
50% –> großes Entgegenkommen meinerseits
Was meint Ihr dazu, habt Ihr so was mal gemacht?
Cheers
Joseph
Antwort von blickfeld:
Brachenüblich ist wirklich ein Buyout von einem vielfachen des normalen Preises. Also sind 2-4 x schon ok. Außer Du hast es schon mit deinem Tagessatz drin.
Aber im Endeffekt musst Du es wissen.
Antwort von Peppermintpost:
hey Joseph,
ich verstehe dein Dilema gut, und ich finde es hängt massgeblich damit zusammen wie du dich verkaufst.
Also berechnest du so einen Auftrag wie ein Freelancer also du nennst deinen Tagessatz und sagst es kostet so viel wie ich Tage damit beschäftigt bin, d.h. jede Korrekturrunde wird bezahlt.
Oder berechnest du "ein Film erstellen kostet Summe x" wobei es dann dein Problem ist wie lange es dauert.
Das sind meiner Meinung nach zwei vollkommen unterschiedliche Vertragsmodelle, und die sind letztendlich auch ausschlaggebend ob buyouts gerechtfertigt sind oder nicht.
Wenn ich z.B. einen Freelancer buche einen Film zu machen, und er fragt mich ob er das auch zu Hause machen kann, dann erwarte ich am Ende nicht nur den Film, sondern natürlich auch alle offenen Projekt Daten um ggf Änderungen selber durchführen zu können, bzw das noch anderweitig zu nutzen. Sollte mir der Freelacer mit Verwertungsrechten und Buyouts kommen, ist die Diskussion für mich sehr schnell vorbei, weil ich dann einfach sage: "Sorry, ne du kannst nicht von zu Hause arbeiten". Problem gelöst, weil wenn er bei mir arbeitet habe ich ja alle Dateien sowieso auf meinen Rechnern. Bei einem Freelancer geht also der Schuss sofort nach hinten los.
Was anderes ist es wenn ich mit einer anderen Firma zusammen arbeite, ich also nur der Vermittler bin. Dann nehme ich den Film erst dann ab, wenn mein Kunde ihn abnimmt, und tut er es nicht, dann können die sich von mir aus die Finger blutig arbeiten, ich zahle keinen Pfennig mehr, weil ich nur einen Festpreis für ein gewisses Endergebniss zahle. Wenn aber zusätzlich zum Endergebniss (fertiger Film) noch weitere Leistungen verlangt werden (Setups, weiterreichende Verwertungsrechte etc.) dann ist mir natürlich klar das diese auch zusätzlich bezahlt werden müssen.
Das wiklich grosse Dilema in dem wir heute mehr denn je stecken ist, das Firmen andere Firmen oder Freelancer buchen und das für sie jeweils beste aus beiden Welten wollen. Also ich buche dich als Freelancer und hab damit die kompl Rechte an deiner Arbeit und bekomme jedes Setup und Detail, gleichzeitig will ich aber natürlich einen Festpreis der sich an einer Freelancer Tagesgage orientiert, aber Änderungen wälze ich auf den Freelancer ab und bezahle sie nicht gesondert weil er ja eine Produktionsfirma ist.
Das ist natürlich alles Gagaland, aber viele versuchen es immer wieder und werden auch oft genug fündig. In Amerika ist dieses System inzwischen so weit pervertiert, das die Leute Geld bezahlen um an einem Projekt mitmachen zu dürfen.
Ich glaube der einzig echte Tip für dich kann nur sein, versuche ein Gefühl zu entwickeln wie sehr man dich verarschen will, und wie weit du dieses Spiel mitmachen möchtest. Du kennst deinen Kunden und deren Budgets am besten und solltest dich daran ausrichten. Das sie mit deiner Arbeit Geld verdienen wollen ist ja gut und richtig, du must aber am Ende auch noch davon leben können.
Antwort von Peppermintpost:
noch eine kleine Ergänzung.
Ich will es nicht nur düster sehen. Es gibt natürlich auch Kunden die ein echtes Interesse an einer Zusammenarbeit haben, weil sie dich/deine Arbeit schätzen. Die werden dann auch entsprechend fair mit dir umgehen und dir sagen wenn sie ein gutes Budget haben und "good will" einfordern wenn sie es nicht haben.
Langfristig sind das die einzigen Kooperationen die beide Seiten glücklich machen. In Deutschland gibts aber noch ein paar Firmen die so denken.
Antwort von srone:
ich würde genau 100% vom endpreis als buyout fordern, denn das wäre genau der preis, den es kostet es noch einmal zu machen.
lg
srone
Antwort von josephb:
Vielen Dank für Euren Input – werd mir das alles mal durch den Kopf gehen lassen!
Antwort von klusterdegenerierung:
Ich will Dir das ja nicht madig machen, aber was mir bei aller Nettigkeit komisch aufstößt, sind so Begrifflichkeiten wie wollen wir dann vielleicht in einem Jahr erneuern.
Wer fährt heute noch ein Jahr lang den gleichen kram.
Ich hatte auch direkt daran gedacht, das die sich damit knowhow einkaufen könnten, denn in Deiner Arbeit ist ja auch alles vergraben!
Das heißt die können, wenn sie es vorher nicht konnten, darauf rückschlüße ziehen wie die Illu gemacht ist, die Keyframes gesetzt werden, wie das mit dem Schnitt läuft etc.
Anschließend bekommt ein günstiger und kreativer Praktikant einen Premiererechner oderso und nimmt Deine Arbeit als Basis für neue Projekte, die dann nicht mehr Du machst sondern er.
Habe ich alles schon erlebt, kommt selten vor, gibt es aber!
Für die ist das dann wie der Sourcecode eines echt geilen Themes bei envato, nur das die, dann die hundertprozentigen Rechte daran haben.
Du solltest sie vielleicht gut kennen oder ihnen vielleicht auch mal die ein oder andere Frage stellen, die Dir da mehr Klarheit gibt.
Ich möcht noch sagen, dass das was Peppermint geschrieben hat vollkommen richtig ist und es oft die sind mit denen man lange gute Geschäfte macht, bei denen man auch mal die einen oder anderen abstriche macht und nicht immer nur nimmt.
Aber da sollte man sich dann aber schon sicher sein.
Wenn Du im übrigen Arbeitslos werden willst, kannst Du Dich immer super auf den AGD berufen und den Leuten deren Bayoutvorstellungen vortragen. Die leben auf einem anderen Stern, mit deren Kalkulationen machst Du für jeden Kunden genau nur "1" Job!
Allerdings kann ich Dir auch überhaupt keine Preise nennen, da ist Peppermint bestimmt der erfahrenste von uns!
Viel Glück! :-)
Antwort von Peppermintpost:
@Kluster
danke für die Blumen, aber Joseph hat gerade den Link zu seiner Seite gepostet, schau dir mal die Qualität und Komplexität der Projekte an. Das geht m.M. nach deutlich über den Status ich setze mal schnell einen Freelancer dran hinaus. Was er da anbietet ist auch eine kompl. Filmproduktion. Ich glaube wie man sowas kalkuliert weis er besser als ich.
@Joseph
jetzt wo ich eine Idee habe was du machst glaube ich du kannst da recht entspannt sein, selbst wenn da jemand den Gedanken hat ich setze da selbst für billig mal schnell einen Prakti dran wird der Schuss deutlich nach hinten los gehen. Wenn ich in einem deiner Projekte rumwerkeln müsste, selbst unter der Prämisse alles Setups sind sauber und ordentlich organisiert, dann brauche ich bestimmt einen Tag nur um das Projekt im Detail zu durchschauen, dazu kommt dann der After Effects System Immanente Scheiss das die Master Timeline sowieso immer aussieht wie zugemüllt, und wenn ich es dann endlich entwirrt hätte, dann muss ich ja auch noch deinen Style treffen und die Änderungen einbauen die da zu machen sind. Also wenn es um mehr geht als ein Datum oder Preis zu ändern, dann bekommt doch jeder das grosse Kotzen in so einem komplexen Projekt eines anderen rumzufuhrwerken. Und mal ernsthaft, es gibt super viele AE Operator, das ist klar, aber richtig viele gute gibts nicht und sehr gute wie dich schon garnicht.
Ich wäre an deiner Stelle sehr entspannt, würde 50% Aufpreis berechen, und denen viel Spass beim sammeln von Erfahrungen wünschen. Hat dann ja auch für deinen Kunden einen Lerneffekt. ;-)
Antwort von srone:
...und sehr gute wie dich schon garnicht.
Ich wäre an deiner Stelle sehr entspannt, würde 50% Aufpreis berechen, und denen viel Spass beim sammeln von Erfahrungen wünschen. Hat dann ja auch für deinen Kunden einen Lerneffekt. ;-)
leider zu sehr schnäppchen, nimm 100%, das entspannt mehr.
lg
srone
Antwort von josephb:
@ Peppermint:
Freut mich, dachte nicht dass auch gleich so gutes Feedback zu meinem Portfolio rausspringt ;)
@ alle:
Danke für die Beiträge. Bin mir sicher dass mich die Firma nicht voller Absicht über den Tisch ziehen wird. Dafür sind die zu sympathisch und die Connections hier in der Gegend alle zu eng. Da steckt kein Geschäftsmodell oder so dahinter.
Ich werd noch mal nachhaken, was da unter "spätere Korrekturen" fällt. Und dann versuchen festzusetzen, dass der Tarif anders aussieht wenn auf Basis des von mir entwickelten Stils / Konzepts / Daten neue Filme produziert werden, wobei "neu" natürlich auch ein schwammiger Begriff ist.
Und ja, letztendlich ist es immer ne Bauchentscheidung, abhängig vom Auftraggeber, Job und der Situation an sich.
Ich hab ja auch Interesse an langfristiger Zusammenarbeit, alles andere ist meist anstrengender und macht weniger Spaß.
Schöne Grüße aus Augsburg!
Joseph