Mit der SR-11/12 schickt Sony seine dritte Generation der AVCHD-Camcorder ins Rennen. Ein neuer CMOS-Sensor sowie ein neuer Signalprozessor sollen endlich wieder den Anschluss an Canon schaffen. Ob das gelingt?

Wir hatten für diesen Test die SR-12 zur Verfügung, die SR-11 kommt nur mit einer 60 GB (statt 120 GB) Festplatte und ist dafür rund 200 Euro günstiger. Unserer Meinung nach fast der bessere Deal, denn 60 GB reichen schon für über 7 Stunden Video in bester Qualität. Und ein Backup lässt sich an jedem PC oder Mac schnell und einfach erstellen. Mit mehr als einem halben Kilo „Lebendgewicht“ (ca. 650g) ist die SR12 schon einmal nicht auffällig leicht und dazu deutlich voluminöser als das aktuelle AVCHD-Festplatten-Modell HS9 von Panasonic. Es muss ja nicht unbedingt schlecht sein, etwas mehr Camcorder als Masse in der Hand zu tragen, allerdings kommt so der Vorteil des kompakten Überall-Camcorders für die Hosentasche abhanden. Leider nutzt Sony den zusätzlichen Platz auf der Oberfläche kaum für zusätzliche Bedienelemente wie Fokusring oder separate Schalter. Die Bedienung erfolgt bei Sony über den Touchscreen, wobei immerhin ein externes Drehrad für etwas analoges Feeling sorgt (dazu später mehr).
Scharfe Displays
Gleich der erste Kontakt hinterlässt Eindruck: Das Display wirkt deutlich schärfer als die bisher bekannten, typischen HD-Consumer-Displays. Die Erklärung dafür: Sony verbaut laut technischen Daten tatsächlich ein Display mit 1920 x 480 Pixel Auflösung. Das bringt wirklich einen enormen Schärfevorteil und erstmals gelingt das Fokussieren bei einer Consumer-HD-Kamera ohne ständige Zweifel.
Verschlusslos glücklich?
Doch beim zweiten intensiveren Kontakt tritt gleich einer der größten Kritikpunkte der SR-12 deutlich zu tage: Die Verschlusszeit lässt sich nicht (!!) manuell einstellen. Einzige Möglichkeit hier Veränderungen herbeizuführen, sind die Szenen-Presets (wie Sonnenuntergang oder Sport).
Scheinbar will Sony seine Benutzer von so „komplizierten Einstellungen“ wie der Belichtungszeit fernhalten. Verkrüppelte manuelle Bedienungsfunktionen leider auch bei der Konkurrenz in der 1000 Euro-Klasse gang und gäbe. Doch normalerweise gibt es dann doch wieder Tricks, wie man die Automatik zumindest blockiert oder manipuliert. Bei der SR-12 will dies jedoch nicht unbedingt gelingen. So kann man z.B. mittels Color Slow-Shutter zwar die Belichtungszeit auf 1/25s verkürzen und so die Lichtempfindlichkeit der Kamera weiter steigern, nur gibt es keine Garantie, dass die Kamera nicht noch weiter auf 1/12s oder 1/6s schaltet. Kontrolle hat der Anwender hier nicht, ganz im Gegensatz zu Canon, Panasonic oder JVC. Dabei würde ja schon so etwas wie eine Hold-Taste (wie früher üblich) genügen, um sich den Auto-Slow-Shutter kreativ zu eigen machen zu können. So kann man dagegen immer wieder von der Automatik überrascht werden. Schade, wirklich schade.
Bedienung
Ansonsten können wir uns mit der Touchscreen-Bedienung der SR-12 mittlerweile gut anfreunden. Schnell mal Fokuspunkt oder Belichtungsobjekt angetippt und fertig. So schnell findet man an keinem Fokusring die Schärfe oder an einem Blendenring die richtige Belichtung für ein Objekt. Wer will kann dann zusätzlich noch manuell nachjustieren. Allerdings schafft es Sony dann doch wieder für kleine Flucher zu sorgen, da man dem Kunden sinnvolle Zahlenwerte wie Blendenwerte vorenthält.
Ein wirklich schönes Feature ist der Kamera-Kontroll-Ring neben dem Objektiv. Dieser lässt sich mit Schärfe, Blende oder Weißabgleich frei belegen und ist schön schwergängig. Dadurch kann er tatsächlich als nächstbeste Alternative zu einem echten Fokusring überzeugen. Schöner wäre allerdings noch ein zweiter Schalter, der extern die Belegung des Rades ändern kann. So muss man dafür ins Menü und kann in der Praxis eigentlich immer nur einen Parameter fix auf dem Rad „liegen lassen“. Aber besser als nichts ist das allemal.
Auch ansonsten wirkt die Ausstattung nicht gerade schlecht: So gibt es sogar einen echten Sucher sowie einen Kopfhörer- und Mikrofonanschluss, wobei letzterer leider ebenfalls nicht manuell aussteuerbar ist. Was denken sich wohl die Hersteller, wofür man als Anwender einen externen Mikrofonanschluss haben will, wenn man ihn nicht aussteuern kann?
Auf ein neues... AVCHD-SubFormat
Überraschend positiv sah es dagegen bei den erzeugten FullHD-AVCHD-Clips im Editing aus. So waren die Files der Sony SR-12 (gegenüber den Panasonic HS9-Clips) problemlos von vielen Programmen ohne Update (U.a getestet mit Vegas und Edius) lesbar, die schon mit den alten AVCHD-Files in HDV-Auflösung (1440x1080) zurecht kamen. Die Vermutung, dass viele Programme „nur“ an der höheren Datenrate von Panasonics FullHD-AVCHD-Files scheitern, scheint sich daher nicht zu bewahrheiten.
Aus dem Messlabor
Aber was natürlich alle am meisten interessiert: Kommt Sony mit dem neuen Sensor endlich an Canon heran, die seit der HV10 das Feld in Punkto Schärfe deutlich dominieren. Um es kurz zu machen: Fast. Und um es lang zu sagen...

Die SR12 zeigt bei der Schärfe einen deutlichen Zugewinn gegenüber den Vorgängermodellen aus eigenen Haus und liegt mit gut 70 Prozent schon sehr nahe an Canons aktueller Technologie.

Im ISO-Chart sieht man mit bloßem Auge eine sehr gute Auflösungsleistung. Eine derart natürliche Schärfe gab es bisher von Sony in der 1000-Euro-Klasse noch nie. Gegenüber Canon ist der Abfall zwar noch messbar, aber sonst nur noch im Direktvergleich mit bloßem Auge sichtbar.

Bei der Farbauflösung hat Sony ebenfalls einen großen Schritt nach vorne gemacht und spielt nun auch hier in der obersten AVCHD-Liga mit.

Bei guter Beleuchtung liefert die SR-12 saubere Farben ohne Ausfransungen und eine sehr natürliche Abstimmung. Hier gibt es nichts zu meckern.

Selbst im Lowlight ist die SR-12 einen Tick schärfer und bunter als in dieser Klasse eigentlich üblich. Das bewahrt sie jedoch nicht vor Rausch- und Chroma-Fahnen.
Fazit
Mit der SR-12 ist Sony ein großer Wurf gelungen. In der Bildqualität wurde der Abstand zu den Kassenbesten von Canon fast nivelliert und bei der Bedienung gibt es viele Alleinstellungsmerkmale (Kamera-Kontrollring, Fokussieren und Belichten über Touchsceen, hochauflösendes LCD), die man bei der Konkurrenz schlichtweg (noch) nicht findet. Würde Sony hier dem Anwender noch manuelle Verschlusszeiten sowie sinnvolle Zahlenwerte in die Hand geben, wäre diese Kamera wirklich rund. Aber dennoch sind wir sehr versucht, der SR-11 den Kauftipp der 1000 Euro-Klasse zu verpassen. Wir wollen nur noch abwarten, wie sich die HF10/100 von Canon dagegen schlagen wird.