Die Panasonic S1R II ist die größte LUMIX S Weiterentwicklung der letzten Jahre. Während die meisten Video-relevanten Modelle (S1, S1H, S5, S5 II) auf einem recht ähnlichen 6K Sensor Design beruhen, gab es nur mit der S1R vor rund sechs Jahren ein Modell mit 8K Sensor, das jedoch primär für hochauflösende Foto-Anwendung konzipiert war und gar nicht nativ in 8K filmen konnte. Hier unser Praxistest der Panasonic LUMIX S1R II.
Die LUMIX S1R II verfügt nun über einen 44,3MP BSI-CMOS-Sensor sowie einen neuen Signalprozessor, der unter anderem eine native 8K-Aufzeichung mit bis zu 30 Bildern pro Sekunde ermöglicht. Bei der LUMIX S1R II gibt es 8K als 1:1 Readout mit "UHD" 8K (7680x4320) oder nicht ganz normgerecht im 17:9 DCI-Seitenverhältnis, weil die Kamera ihre Zeilenanzahl hierfür auf 4288 reduziert. Dieses ungewöhnliche Format nennt Panasonic dann 8,1K mit einer Auflösung von 8128 x 4288 Pixeln.
Dass die S1R II definitiv auch für Videoanwender gedacht ist, erkennt man bereits an der schieren Fülle der Aufzeichnungsformate in MP4- oder MOV-Containern: H.264/MPEG-4 AVC, H.265/HEVC, Apple ProRes sowie Apple ProRes RAW sind intern in diversen Auflösungen, Frameraten und Bittiefen möglich.
Die Apple Formate sind dabei jedoch auf 5.8K, C4K sowie 3.3K beschränkt. In ProRes RAW findet zudem ein 1:1 Readout statt, der dementsprechend auf eine APS-C/S35-Fläche gecropped ist. In einfachem ProRes (HQ) lässt sich dagegen fast die ganze die Vollformat-Sensorfläche nutzen.

Spannend klingt ein neues Feature namens "Dynamic Range Expansion". Dieses limitiert die maximale Framerate auf 30 fps und erhöht die Rolling Shutter Zeiten, soll aber im Gegenzug die Dynamik beim Filmen von 13 auf 14 Blendenstufen anheben können.
Doch Features und Bildqualität müssen bei Hybridkameras erfahrungsgemäß nicht immer auf höchstem Niveau korrelieren, weshalb wir die S1R II mit Spannung durch unsere typische Test-Prozedur geschleust haben. Mit teilweise überraschenden Ergebnissen.
Rolling Shutter - Panasonic S1R II
Bereits die Rolling Shutter Werte verraten eine Menge über die Signalverarbeitung in der Kamera. So gibt es grundsätzlich drei unterschiedliche Ausleseverfahren, die bei unterschiedlichen Formaten zum Einsatz kommen.
Hier gibt es einmal einen vollen 1:1 Sensorreadout in 8K, der bei einer 17:9-Auflösung von 8128 x 4288 Senseln ungefähr 22,8 Millisekunden beansprucht und nur mit Frameraten von 24-30p funktioniert.
Der 6K-Readout bei fast voller Sensorbreite mit 5760 x 3040 Senseln funktioniert dagegen bis 60p und wird in 15,6 Millisekunden ausgelesen. Mit 100 bis 120p liegt die Auslesezeit schließlich bei 7,4 Millisekunden.
Neben 1:1-Readout-Formaten bietet die Kamera viele 6K/4K-Modis via Downsampling/Lineskipping, wobei wir in den zugehörigen Modi die gleichen Rolling Shutter Zeiten zu Gesicht bekommen:

Beachtenswert ist außerdem die zuschaltbare Dynamikerweiterung, welche die Rolling Shutter Auslesezeiten auf 30-33 Millisekunden erhöht. In diesem Modus kann die Kamera in allen Formaten nur noch bis 30p genutzt werden.
4K Debayering- Panasonic S1R II
Nachdem wir aus Gründen der Praxis und der Vergleichbarkeit nach wie vor das Debayering in 4K betrachten, hat die S1R II mit ihrem 8K Sensor in hohen Auflösungen erwartungsgemäß keine Probleme, hier tadellose Ergebnisse abzuliefern.
Das beste und sauberste 4K-Debayering gibt es bei voller 8K Auflösung:

Schalten wir hier noch die maximal möglichen Stabilisierungsoperationen hinzu verschlechtert sich die Bildqualität in diesem Fall noch kaum, weil die Auflösung noch genug Reserven bereithält: :

In 6K croppt der Sensor leicht und scheint bereits ein leichtes vertikales Binning zu betreiben, im Gegenzug ermöglicht dies Frameraten bis 60fps und immer noch sehr gutes 4K-Debayering:

Schaltet man in 6K noch die maximal möglichen Stabilisierungsoperationen hinzu, verschwinden die feinsten Details bereits, jedoch bleibt das Debayering immer noch gut sowie nahezu artefaktfrei:

Will man mit mehr als 60 fps filmen gehen die Rolling Shutter Werte auf 7,4 Millisekunden herunter und der Sensor zeigt beim Downscaling deutliches Lineskipping, bzw. vermutlich ein vertikales 3x Binning:

Schaltet man in diesem Modus noch die maximale Stabilisierung hinzu, wird das Signal ziemlich unsauber:

Dynamic Range- Panasonic S1R II
Um einen vergleichbaren Eindruck von der Dynamik zu bekommen, richten wir eine konstant beleuchtete Szene immer mit festem Weißabgleich auf 3200K ein. Anschließend tasten wir uns mit Blende und Belichtungszeit an eine Einstellung heran, in der die Haut unseres Puppenkopfes nicht mehr clippt und legen diese Einstellung als ETTR-0 Referenzpunkt fest. Von dieser Einstellung aus blenden wir sukzessive in Schritten von ganzen Blendenstufen ab (primär über die Belichtungszeit und dann - falls anschließend noch weiter notwendig - über ND-Filter oder Blendenring.)
Die hierbei entstehenden Aufnahmen bilden eine Blendenreihe mit jeweils einer zusätzlichen Blendenstufe "Unterbelichtung". Diese Aufnahmen korrigieren wir in Blackmagic DaVinci Resolve wieder zurück auf die Helligkeitsverteilung der ETTR-0 Referenz.
Je besser die Darstellung des Auges in den "höheren" ETTR-Einstellungen, desto besser bewerten wir die Dynamik der getesteten Kamera. Dies macht natürlich vor allem im direkten Vergleich mit anderen Kameras Sinn. Da Standbildaufnahmen der Augen nur eine bedingte Einschätzung ermöglichen, sind wir mittlerweile auf eine Bewegtbild-Darstellung der Blendenstufen übergegangen.
Die Ausspielung der Augen erfolgt dabei um ein Vielfaches vergrößert, damit die zusätzliche Youtube-Kompression nicht sonderlich stark in die Bewertung einfließt. Die beste Qualität bekommt man daher beim Betrachten des Videos als 4K Stream - auch auf Displays mit geringerer Auflösung. Wer wissen will, warum wir dies alles genau so machen und nicht anders, der sei noch auf den folgenden Artikel verwiesen.
Für diesen Vergleich waren wir besonders auf die von Panasonic beworbene Dynamikerweiterung gespannt. Wir haben hierbei eigentlich eine Funktion wie den Dynamic Boost der GH6 und GH7 erwartet, der im MFT-Segment tatsächlich die Dynamik der Aufzeichnung signifikant erhöht. Doch tatsächlich konnten wir in unserem Test keinen Unterschied zwischen einer Aufnahme mit und ohne Dynamikerweiterung feststellen. Wir haben hierfür diverse Formate ausprobiert und bereits mit einer finalen Firmware Version 1.0 gearbeitet. Einzig die Rolling Shutter Zeiten erhöhten sich messbar durch die Aktivierung der Dynamikerweiterung. Außerdem verschiebt sich die Base ISO um eine Blendenstufe, d.h. Clipping-, Grau- und Schwarzpunkt liegen je nach Modus an verschiedenen Stellen. An der kompletten Bandbreite zwischen Clipping und Rauschgrenze zeigte sich "in unseren Augen" jedoch kein sichtbarer Unterschied. Ganz im Gegensatz zur deutlich sichtbaren Verbesserung durch Dynamic Boost bei der GH6/7. Hier ist also evtl. denkbar, dass wir in Zukunft mit einem Firmware-Update noch eine erweiterte Dynamikfunktion zu Gesicht bekommen werden. Und selbst ohne eine erweiterte Dynamikfunktion muss sich die S1R II keinesfalls verstecken, wie wir in der Folge gut sehen können.
Zum Vergleich haben wir drei Kameras herangezogen: Die Canon C70 hat zwar "nur" einen S35 Sensor, ist jedoch beim Dynamikumfang eine besten Kameras unter 5000 Euro. Die ARRI ALEXA LF gilt für viele professionelle Anwender als "DIE" Dynamik-Referenz für szenische Produktionen. Und die Nikon Z8 ist mit einem aktuellen Straßenpreis von ca. 3900 Euro eine potente Vollformat DSLM mit 8K-Aufzeichnung in einem ähnlichen Preissegment.
Vorhang auf:
Wie man imposant sehen kann, liefert die Panasonic S1R II tatsächlich aus dem Stand die bislang beste Video-Dynamik einer hybriden DSLM und liegt in unserem Test zwischen einer ARRI LF und einer Canon C70. Wir haben diesen Test in 8K mit 10 Bit H.265 durchgeführt. Mit einem zukünftigen Firmware-Update soll jedoch auch eine externe 8K-RAW-Aufzeichnung möglich werden, wodurch sich die Kompressionsartefakte im Rauschen voraussichtlich noch weiter verbessern können.
Fazit
Die Panasonic S1R II dürfte besonders für neugierige Anwender interessant sein. Denn noch stehen gar nicht alle Funktionen der Kamera bereit. Die Dynamik ist bereits jetzt außergewöhnlich gut und liegt ca. eine Blendenstufe über den typischen, hybriden Vollformat DSLMs. Die Rolling Shutter Zeiten sind dagegen nicht unbedingt auf dem Stand der aktuellen DSLM-Hybrid Kameras. Hier sind eigentlich 8K mit bis zu 60p und ca. 15 Millisekunden Rolling Shutter Zeiten Stand der Technik (z.B bei Nikons Z8 oder Canons R5 II).
Dies dürfte vor allem auf den genutzten Sensor zurückzuführen sein, der offensichtlich keinen vollen 8K-Sensorreadout über 30p schafft. Insofern lässt Panasonic hier auch noch einen deutlichen Platz für ein dediziertes Lumix S-Modell für Filmer, das dann auch noch gut "belüftet" mit einem 8K 60p-Sensor ausgestattet sein könnte.