Der erste Eindruck überraschte uns dann doch erst einmal: Denn die Kamera besitzt keinen klassischen Einschalter mehr, sondern wird nur noch über einen Drucktaster unter dem Display an- und ausgeschaltet. Irgendwie fehlt dadurch unserer Gewohnheit etwas grundsätzliches, liebgewonnenes, einfach schwer zu beschreiben. Der Akkulaufzeit schadete der fehlende Schalter jedoch nicht. Auch mehrere Tage lang hielt der Akku bei Nichtbenutzung seine volle Ladung. Neben dem deutlich vernehmbaren Lüfter (siehe Messergebnisse) war es das dann aber auch schon fast wieder mit unserer Kritik. Denn der Rest der Kamera setzt auch 2012 ein weiteres Mal die Messlatte für semiprofessionelle Camcorder ein Stück höher.

Austattung
So wurde der Weitwinkelbereich von 35mm (kb) auf umgerechnet 29,8mm erweitert, womit der direkten Konkurrenz hier der Wind aus den Segeln genommen wurde. Dazu bleibt der volle Weitwinkel auch bei aktivem Bildstabilisator erhalten. Die zu befürchtenden Verzeichnungen werden durch eine digitale Bildgeometrie-Korrektur gut ausgeglichen. Daneben sorgt der neue Signalprozessor namens Crystal Engine PRO II im Zusammenspiel mit der vergrößerten Anfangsblende von f1:1,5 (früher f1:1,8) für ein sehr gutes Lowlight-Verhalten, das gerade für 1/4-Zoll-(C)MOS-Chips bemerkenswert ist. Auch die übrige Ausstattung ist standesgemäß: Die gesamte X900-Serie besitzt einen Sucher, einen (ansteckbaren) Zubehörschuh, Mikrofon-/ und Kopfhöreranschlüsse sowie einen Multifunktions-Objektivring zur bequemeren Bedienung. Wer auf all diese Features verzichten kann, bekommt mit der HC-X800 ein ansonsten bauähnliches Modell für 200 Euro weniger, das allerdings auch noch ein niedriger auflösendes Display sowie nur ein Stereo-Mikrofon besitzt.
Bei der Sensorkonstruktion hat sich interessantes getan: So wurde nun wieder auf ein Pixel-Shift-Verfahren zurückgegriffen, bei dem der grüne Sensor (horizontal und vertikal) um einen halben Pixel versetzt montiert wird. In der Folge steigt in der Theorie die interpolierbare Luminanzauflösung auf 4K, wobei selbst die Chrominanzinformation bei einem 4:2:0-System noch für für 4K-Aufnahmen ausreichend sein sollte. Dennoch zeichnet die Kamera weiterhin nur FullHD in AVCHD auf. Augenscheinlich werden hier bereits die Weichen für kommende 4K-Modelle gestellt.
3D mit optionalem Adapter VW-CLT2
Laut Panasonic können die neuen Topmodelle allerdings schon jetzt die erweiterte Horizontal-Auflösung für die 3D-Aufnahme nutzen. Das Vorjahresmodell (z.B. die HDC-TM900) hat 3D Videos noch mit halber FullHD-Auflösung im Side-By-Side-Verfahren aufgenommen. Bei aufgesetztem 3D-Adapter sollte der X909 dagegen die verdoppelte Horizontalauflösung zugute kommen. Unsere Tests konnten dies allerdings nicht bestätigen (siehe Messergebnisse).
Dennoch hat der 3D-Adapter VW-CLT2 gegenüber dem Vorgänger einige Verbesserungen erfahren: So wird er nun nicht mehr zeitraubend angeschraubt, sondern gesteckt und mit einer Arretierung fixiert. Durch am Adapter stehende Noppen wird die Kamera automatisch in den 3D-Modus versetzt, was ebenfalls den Weg ins Menü und somit Zeit spart.
Eine manuelle Justage der beiden Bildausschnitte ist nach wie vor notwendig, geht jedoch schnell von der Hand. Danach fallen sofort die weiteren Verbesserungen das neuen Modells ins Auge:
So wurde der Blendenwert des 3D-Konverters von F3,2 auf F2,0 gehoben und erstmals ist auch ein nennenswerter Weitwinkel vorhanden. Gegenüber dem alten Modell ist die Kleinbildbrennweite von 58mm auf 33mm abgesenkt worden und selbst ein kleiner Zoombereich von 1,5fach ist nun möglich. Damit der VW-CLT2 auch auf anderen 3D-fähigen Camcodern von Panasonic funktioniert, wird zusätzlich ein Step-Up-Ring für alternative Filterdurchmesser mitgeliefert.
Das Display der HC-X909 ist optional autostereoskopisch ausgelegt, weshalb man wirklich schnell mit dem 3D-Filmen loslegen kann. Eine manuelle, digitale Konvergenz-Korrektur wie bei der HDC-Z10000 findet sich jedoch leider nicht. Dies muss man der Automatik überlassen. Zwar lassen sich im manuellen Modus Weißabgleich, Shutter und Blende ohne Automatik einstellen, manuelles Fokussieren ist in 3D jedoch nicht möglich. Viel mehr scheint die Kamera im 3D-Modus eine Art Fix-Fokus zu nutzen, der für 3D Aufnahmen ja grundsätzlich nicht verkehrt sein muss. Allerdings ist die Bildschärfe gegenüber dem 2D-Modus deutlich reduziert. Eine Konkurrenz zu echten 3D-AVCHD-Camcordern mit 2 Objektiven ist die Kombination aus HC-X909 mit dem Adapter VW-CLT2 daher nicht. Der erzeugte 3D Eindruck ist jedoch deutlich besser als beim Vorgänger. Auch die schwarzen Trauerränder im 3D-Modus wurde nun eliminiert, was das Seherlebnis deutlich steigert.
Dazu wurde die Schnittkompatibilität deutlich erhöht, weil nun neben der weiterhin optionalen SidebySide-Aufzeichnung auch eine MVC-kompatible AVCHD 3D-Aufnahme möglich ist. Das schöne an diesem Verfahren ist neben der FullHD-Aufzeichnung für jeden Kanal die volle Kompatibilität zu 2D-Schnittsystemen. Diese erkennen in einer solchen Aufzeichnung einfach nur das „linke Auge“ wie bei einer normalen 2D-Aufzeichnung.
Alternativ bietet die gesamte Panasonic X-Serie bei der Wiedergabe eine 2D- zu 3D-Konvertierung an, die jedoch nicht an echte 3D-Aufnahmen herankommt, sondern eher als Spielerei zu werten ist. Ein Ersatz für den optionalen Adapter VW-CLT2 ist diese Funktionen definitiv nicht.
Stärken in 2D
Im 2D-Modus zeigt sich die Panasonic jedoch von ihrer perfekten Seite. Schon die Vorgängermodelle ließen hier wenig Wünsche offen. Neben AVCHD-Aufzeichnung mit maximal 28 Mbit/s und echten 50p beherrscht die HC-X909 auch noch das von Apple eingeführte iFrame-Format. Hierbei handelt es sich sozusagen um ein Viertel der FullHD-Fläche (960 x 540 Pixel) die mit 25 Vollbildern aufgezeichnet wird. Apple hatte dieses Format vor einigen Jahren eingeführt, um auf schwächeren Mac-Rechnern das aufwändige Transcoding zu vermeiden. Heute fristet das Format nach wie vor eher ein Nischen-Dasein. Nicht zuletzt weil der Schärfe-Unterschied zu FullHD deutlich sichtbar ist und auch FullHD-Schnitt heute auf vielen Systemen problemlos möglich ist. Eine 3D-Aufzeichnung im iFrame-Format ist übrigens nicht vorgesehen.
Als weitere Neuerung findet sich in der X-Serie nun ein 5fach-aktiver Bildstabilisator. Er kombiniert eine optische und eine elektronische Stabilisierungskomponente und korrigiert auf fünf Freiheitsgraden ungewollte Bewegungen. Neben vertikalen und horizontalen Hand- sowie Armbewegung werden nun also auch noch seitliche Kippbewegungen der Hand (Anti Rolling) ausgeglichen. Dazu greift die Hybrid-Korrektur (die bei den Vorgänger-Camcordern nur bei Tele-Fotoaufnahmen zur Verfügung stand) jetzt auch bei Weitwinkel-Aufnahmen.
Wer auf ein gutes Zoomverhalten wert legt, darf sich ebenfalls über eine bemerkenswerte Neuerung freuen. Aufgrund der rechnerisch erhöhten 4K2K-Sensorauflösung durch Pixelshift kann die X-Serie selbst bei 700mm (kb) Brennweite noch ca. 2 Mpixel einer verkleinerten Sensorfläche für den Digitalzoom nutzen. Und tatsächlich lieferte unsere HC-X909 in diesen Zommbereichen immer noch bemerkenswert scharfe Bilder ab.
Der vorhandene Sucher dürfte zwar für manchen Filmer ein wichtiger Kaufgrund sein, jedoch wirkt dieser wegen seiner geringen Auflösung (230.000 Pixel) und den deutlich wahrnehmbaren Regenbogen-Effekten gegenüber dem verbauten 3,5-Zoll-Display wie eine schlechte Alternative. Letzteres ist im 2D-Modus bestechend scharf, was auch das Fehlen einer Bildauschnittsvergößerung (Expanded Focus) beim manuellen Scharfstellen leichter verschmerzbar macht. Stattdessen hilft ein blaues Peaking. Leider funktioniert der Touch-Fokus nach wie vor nicht im manuellen Modus.
Der Zubehörschuh ist glücklicherweise nicht proprietär und passiv ausgelegt. Wie schon bei den Vorgängern muss man bei gewünschtem Einsatz einen mitgelieferten Winkel-Adapter ans Gehäuse stecken.
Auch die Bedienung kann sich nach wie vor sehen lassen: Gezoomt wird wahlweise über die Zoomwippe oder über den mehrfach belegten Objektivring, der auch für Fokus, Blende, Shutter, und Weißabgleich zuständig sein kann. Das Menü bietet dazu die Möglichkeit auf dem Touchdisplay 3 zusätzliche, virtuelle Knöpfe zu definieren. Diese „Custom-Keys“ können jedoch nur für bestimmte Funktionen genutzt werden: Dies sind Blende nach Schwarz, Hintergrundlicht-Kompensation, Intelligenter Kontrast, Tele-Makro, Color-Nachtsicht, Hilfslinien sowie Pre-Recoding.
Wer beispielsweise die Bildcharakteristik manuell verändern will, muss hierfür dennoch in die Menü-Tiefen. Aber das ist schon auf hohem Niveau geklagt, denn alle wichtigen Parameter wie Shutter, Blende, Weißabgleich und Fokus stehen im Direktzugriff als virtuelle Tasten im Display bereit. Auch die Belichtungshilfen fallen mit Histogramm sowie Luminanzanzeige in der Bildmitte sehr praktikabel aus. Besonders weil diese optional nur dann angezeigt werden, wenn man die entsprechenden Parametern verstellen will.
Wer seine Filme ohne PC nachbearbeiten will, kann nun auch in der Kamera rudimentär schneiden. Dabei lassen sich neben dem Auswählen von Clips auch deren In- und Out-Punkt bestimmen. Noch mehr kann die neue Version der mitgelieferten HD-Writer-Software für den heimischen PC: Hier sind nun sogar einfacher Schnitt, automatisierter Schnitt sowie Titel und Verzierungsfunktionen vorhanden.
Aus dem Messlabor 2D
Obwohl sich die Pixelverteilung durch Pixelshift technisch verändert hat, legt die neue 900er-Serie legt einen ebenso imposanten Schärfeverlauf hin wie ihre Vorgänger.
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Auch beim direkten ISO-Blick zeigen sich praktisch keine Aliasing-Artefakte. Die natürlich Schärfe stellt weiterhin zusammen mit einigen JVC-Modellen die aktuelle FullHD-Referenz dar.
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Auch mit der sehr sauberen Farbtrennung spielt Panasonic weiterhin in der Spitzenklasse. Bei AVCHD-Modellen ist kaum mehr “drin”.
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Trotz noch einmal deutlich erhöhtem Weitwinkel sind kaum Verzeichungen bei der geringsten Brennweite messbar. Hier dürfte eine digitalen Verzeichnugskorrektur mithelfen.
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Die Farbwiedergabe ist ebenfalls bereits ist in der Werkseinstellung bemerkenswert neutral und klar. Wie immer lässt sich die Kamera zusätzlich manuell feintunen.
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Bei wenig Licht rauscht die HC-X900 noch etwas weniger als ihr Vorgänger. Natürlich ist hier eine digitale Rauschreduzierung im Spiel, jedoch wirkt das neue Modell auch einen Tick schärfer.
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Stellt man manuell auf 1/25 Sekunde und macht einen manuellen Weissabgleich, lässt sich der gute Low-Light-Eindruck noch verstärken. Im 50p-Modus landen in diesem Fall zwei praktisch identische Vollbilder hintereinander im Datenstrom.
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Der Lüfter tönte bei unserem Testmodell sogar noch etwas lauter als beim Vorgänger. Zum Glück gibt es ja externe Mikrofoneingänge bei manueller Tonsaussteuerung.
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Aus dem Messlabor 3D
Die Messkurve lässt schon erahnen, dass durch den Aufsatz des Adapters einiges an Schärfe verloren geht, denn der Sweep fällt sehr früh ab.
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Sieht man sich das ISO-Chart an, so sieht man deutlich, dass im 3D-Modus kaum noch Details aufgezeichnet werden.
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Die fehlende Auflösung schlägt sich auch in der Chrominanzmessung nieder. Farben können an detaillierten Kanten nicht sauber getrennt werden.
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Der Weitwinkel des Adapters ist dagegen gut und verzeichnet nicht sonderlich stark. Dazu scheint hier keine digitale Verzeichnungskorrektur mitzuhelfen.
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Die Farben an sich sind auch im 3D-Modus neutral und klar. Hier steht die Kamera dem 2D-Modus wenig nach.
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Bei wenig Licht sieht die X909 in 3D deutlich weniger und rauscht entschieden mehr. Scheinbar kann hier der digitale Signalprozessor nicht mit voller Leistung arbeiten.
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Und auch bei manueller Optimierung ist da wenig auszurichten...
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Fazit
Mit der HC-X900er Serie macht Panasonic einen weiteren Schritt in Richtung perfekter AVCHD-Camcorder. Tadellose Schärfe, sehr guter Weitwikel, viel manuelle Kontrolle sowie praktikable, visuelle Einstell-Hilfen lassen nur wenige Wünsche offen. Unserer Meinung nach würde der Kamera noch ein Expanded Focus, ein Touch-Focus im manuellen Modus sowie ein lüfterloses Design gut stehen. Ansonsten ist das Gerät wirklich extrem „rund“. Die Bedienung ist natürlich nicht ganz so intuitiv wie bei (deutlich teureren) professionellen Geräten mit separaten Tasten, jedoch gelingt es Panasonic gut, den Touchscreen gepaart mit dem Objektiv-Ring zu einem schlüssigen und effektiven Bedienungskonzept zu verschmelzen.
Gepaart mit dem neuen 3D-Adapter VW-CLT2 kann das Duo zwar nicht mit echten 2 Optik-Kameras mithalten, liefert aber immerhin gegenüber dem Vorgänger-Gespann deutliche Vorteile. Auf jeden Fall sind die neuen Panasonic HC-X900er Modelle jedoch vor allem für ambitionierten Filmer mit 2D-Schwerpunkt höchst interessant.