Auch wenn sich in den letzten Jahren viele semiprofessionelle Filmer in Richtung (D)SLR mit Wechseloptik bewegt haben und sich der Camcorder-Markt für Consumer faktisch aufgelöst hat, spricht nach wie vor einiges für Camcorder mit fest verbauter Optik.
In erster Linie natürlich die Ergonomie, die es erlaubt ohne externe Zubauten oder sperrigem Rigging die Kamera sofort nach dem Einschalten zu nutzen. Aber auch die zahlreichen externen Schalter und Anschlussmöglichkeiten - wie bei professionellen Modellen üblich - sorgen dafür, dass Profis auch überraschende Motive schnell in den Griff bekommen.
Vorbild AG-DVX200 ?
Ebenfalls Überraschend und zwar überraschend erfolgreich schlug sich in dieser Geräteklasse im letzten Jahr die Panasonic AG-DVX200. Als Zwitter zwischen RunAndGun-Camcorder und szenischer Großsensor-Kamera hoben Kritiker hervor, dass die Kamera aufgrund ihrer Zwitter-Kompromisse in keinem der Bereiche wirklich glänzen könne. Die zufriedenen Nutzer hielten dagegen, dass diese Kamera eben in jedem der Bereiche gute Ergebnisse liefern könne und somit die eierlegende Wollmichsau für 4K Filmer darstelle.
Der Erfolg der DVX200 bewog Panasonic nun offenbar dazu, unter der DVX200 noch zwei weitere Modelle anzusiedeln, deren Pendel noch einen Tick mehr in Richtung RunAndGun ausschlägt: Die AG-UX180 sowie deren kleine Schwester AG-UX90. Wir haben uns für diesen Test die AG-UX180 angesehen, jedoch treffen viele Aussagen auch für die AG-UX90 zu. Zu den Unterschieden haben wir am Ende des Artikels noch einen kleinen Kasten eingefügt.
Ähnlichkeiten zur DVX200
Auf den ersten Blick verbindet die AG-UX180 viel mit der großen Schwester DVX200. Die Henkel-Form, der Audioteil sowie die externe Ausstattung der Kamera (unter anderem mit integriertem ND-Filter) und das Schalter-Layout scheinen sehr ähnlich. Auch die UHD/4K-Aufzeichnung mit maximal 50/60p ist mit beiden Kameras möglich.

Doch im Detail und vor allem unter der Haube treten dann doch größere Unterschiede zutage: So besitzt die AG-UX180 "nur" einen 1-zoll-Sensor, während die DVX200 mit einem etwas größeren MicroFourThirds-Sensor ausgestattet ist. Panasonic erklärt den Unterschied durch die verschiedenen Anwendungsfälle: So soll die DVX200 eher für das szenische Filmschaffen geeignet sein, während die UX180 mehr für klassische RunandGun-Situationen gedacht sein soll. Der Unterschied im 4K-Crop-Faktor (ca. 2,3 bei der DVX200 vs. ca. 2,7 bei der AG-UX180) ist dabei jedoch nicht so groß, dass wir in diesen Crop-Bereichen eine so klare Anwendungs-Trennung sehen würden.
Die Optik
Der größte Vorteil (und Unterschied) der UX180 gegenüber der DVX200 ist der zwanzigfache optische Zoombereich, der unter anderem erst durch den kleineren Sensor in dieser Bauform möglich geworden sein dürfte. Noch spektakulärer sind jedoch die kleinbild-äquivalenten 24mm-Anfangsbrennweite im C4K (17:9)-Modus. Die DVX200 schafft in diesem Bereich gerade einmal knapp 30mm, was schon einen gehörigen Unterschied im Weitwinkelbereich bedeutet. Die maximale Blendenöffnung der Optik erstreckt sich von 2,8 bis 4,5. Bei 50mm (kb) liegt die minimale Blende bei 3,6. Und ab 90mm (kb) wird eine minimale Blende von 4.0 erreicht.
Im Markt der Henkelmänner sind 24mm-Anfangsbrennweite bei 4K-Aufzeichnung noch einzigartig, im Consumer-Bereich gibt es jedoch sowohl bei Sony (mit der RX10III) als auch im eigenen Hause mit der FZ2000 schon Kameras mit vergleichbaren Objektiven. Man sollte jedoch auch noch erwähnen, dass die 24mm Weitwinkel nur im C4K-Modus mit einem Seitenverhältnis von 17:9 und 4096 Horizontalpixeln erreicht werden. In “normalem” 4K-UHD-Modus mit 3840 Horizontalpixeln beträgt die maximale Brennweite "nur" noch 25,4mm, da hierfür nicht mehr die gesamte Sensorbreite genutzt werden kann.
Formate
Die interne Aufzeichnung in der Kamera bietet typische Panasonic-Kost: In C4K (4096×2160 mit 24.00p wird mit maximal 100 Mbps in MOV oder MP4-Containern aufgezeichnet. Und in UHD4K (3840×2160) mit 59.94p/50.00p sind die typischen 150 Mbps möglich. Bei 29.97p/25.00p und 23.98p beträgt die maximale UHD-Datenrate indes auch wieder nur noch 100 Mbps. In FullHD gibt es dagegen auch noch eine zusätzliche ALL-Intra Aufzeichnungsmöglichkeit mit 200 Mbps (59.94p/50.00p/ 29.97p/25.00p/23.98p) und dazu noch variable Frameraten mit Superzeitlupe bis zu 120fps. Daneben erlaubt die Kamera in FullHD auch noch das Schreiben von diversen AVCHD-Formaten.
Unter den Aufzeichungsformaten überrascht vor allem die 4K-UHD-Aufzeichnung mit 50/60p. Denn im Gegensatz zur DVX200 wird hier nicht ein verkleinerter Sensor-Ausschnitt genutzt (und damit unter anderem der Weitwinkel reduziert). Stattdessen bleibt bei 50/60p die volle UHD-16:9 Brennweite von 25.4mm erhalten, die auch bei 24/25/30p genutzt wird.
Interne und externe Aufzeichungsmöglichkeiten
Zur Aufzeichnung nutzt die AG-UX180 zwei SDXC Kartenslots, wobei Panasonic für die 4K-Aufzeichnung und Aufnahmen ab 100 MBit UHC-I Karten empfiehlt. Durch die Verwendung des Doppelsteckplatzes für SD-Speicherkarten können Aufnahmen automatisch nahtlos von Steckplatz 1 auf Steckplatz 2 weitergeführt werden. Durch Austausch der jeweils nicht aktiven SD-Karte ist so die kontinuierliche Aufnahme über viele Stunden möglich. Auch eine Live-Copy, d.h. 2x die gleiche Aufnahme auf zwei Karten ist (beispielsweise für Backups) möglich.

Eine Besonderheit der UX180, welche die kleinere UX90 nicht mitbringt: Es sind sogar Dual-Codec-Aufnahmen möglich, bei denen die Clips in verschiedenen Formaten auf die zwei Karten geschrieben werden. Beispielsweise könnte Slot 1 eine 4K Aufnahme aufzeichnen, während auf der Slot 2 Karte eine FullHD-Aufnahme landet.
Für den Anschluss externer Recorder bleibt jedoch die DVX200 besser geeignet: Denn im Gegensatz zu dieser beherrscht die UX180 keinen externen 10 Bit Output, sondern nur 8 Bit 4:2:2 bis 4K/30p. Bei 4K mit 50/60p wird das externe Signal sogar (wie auch bei der DVX200) auf 8 Bit 4:2:0 gestutzt. Die externe 4K-Aufzeichnung funktioniert dabei nur über HDMI, denn der 3G-SDI-Ausgang ist auf 1080FHD limitiert. Dazu kann bei interner 50/60p-UHD-Aufzeichnung extern nur noch FullHD ausgegeben werden.
Sattes Menü
Die Menüs der UX180 sind tief verwinkelt und üppig bestückt. Wer der englischen Sprache mächtig ist, sollte die Menüsprache wohl eher dabei belassen, denn viele Begriffe, die es bislang im Deutschen kaum gab, wurden dennoch zwangsweise eingedeutscht. So gibt es dort neben einem O.I.S und einem Hybrid O.I.S auch einen “Kunden-OIS”, unter dem man "Unschärfegrad" und "Unschärfefrequenz" einstellen kann. Bei manchen Begriffen finden sich auch sehr charmante Denglisch-Neologismen, wie unser aktueller Liebling: "Masterknie Slope".
Die zahlreichen Parameter des Menüs zeigen jedoch auch, dass sich die Kamera wirklich in vielerlei Hinsicht auf die Erfordernisse des Anwenders hinbiegen lässt. Die Farbanpassung kann dabei beispielsweise über 16 separate Farbpunkte erfolgen, die in Chroma-Sättigung und Phase verschoben werden können. Wir würden allerdings eher davon abraten, die Farben vor der Aufzeichnung zu verschieben, sondern würden solche nichtlinearen Farbveränderungen lieber in die Postproduktion verlegen. Wer allerdings die UX180 an eine andere Kamera (z.B. für eine Liveübertragung) anpassen will, findet hier ein üppige Spielwiese. Unterstützt wird die Farbkorrektur durch 8 verschiedene Gamma-Modi (HD NORM, SD NORM, FILMLIKE 1-3, CINELIKE D und V sowie STIL-LIKE). Auffallend ist das Fehlen des professionellen Panasonic V-Log Profils, welches die DVX-200 mitbringt.
Dazu lässt sich die Bildcharakteristik in zahlreichen Parametern tunen, was nicht nur typische Funktionen wie beispielsweise Knee oder Master Pedestrial und weitere Farbkorrekturen bedeutet, sondern auch Nachschärfung, Rauschunterdrückung oder Skintone-Glättung in vielen Details. Acht erstellte Bildprofile lassen sich dazu auf einer SD-Karte verwalten und austauschen.
Zusätzliche Funktionen
Doch in den Menüs lassen sich noch viele andere Feinheiten finden. Beispielsweise eine programmierbare Fokus-Transition, die drei Schärfeebenen automatisch anfahren kann. Die Geschwindigkeit ist dabei ebenso definierbar wie der Weg selbst. Auch die Geschwindigkeit des Autofokus kann angepasst werden, damit der an sich sehr schnelle Autofokus vielleicht etwas gemächlicher agiert und bei Bewegtbildern nicht so hektisch ins Auge fällt. Dazu gibt es nette Optionen wie eine Schärfe-Objektverfolgung durch "Auto Tracking Focus".
Zum manuellen Fokussieren bietet die Kamera ebenfalls nicht nur eine Sucherlupe, die vom Touchscreen unterstützt wird, sondern auch Peaking. Doch die wahre Stärke der Kamera zeigt sich erst, wenn man die Finger vom Touchscreen genommen hat und aus dem Menü gewandert ist. Denn die Kamera ist in erster Linie dazu konzipiert, durch die Fülle an externen Schaltern und Rädchen effektiv bedient zu werden.
Externe Bedienelemente
Und tatsächlich fühlt man sich sofort professionell von dieser Kamera abgeholt. Die drei Objektivringe sind zwar nur über Servomotoren angebunden, erlauben aber dennoch ein sensitives Spiel mit manueller Blende, Brennweite und der Schärfe. Wer während der Aufnahme zoomen will, freut sich über die große Zoomwippe, die noch durch eine kleine Ausführung an der Griffoberseite ergänzt wird. Der mechanische ND-Filter ist neben dem Objektiv schaltbar und dreistufig ausgelegt (Off, ¼, 1/16, 1/64). Und von den zahlreichen Knöpfen an der Oberfläche sind 7 frei belegbar.

Das Display ist aus dem Griff ausfahrbar und fällt mit 3,5 Zoll und 1,15 Megadots etwas kleiner und unschärfer als bei der DVX200 aus (4,3 Zoll und 2,76 Megadots). Der OLED-Sucher ist dagegen mit 1,77 effektiven Megadots für die Videovorschau bei beiden Modellen identisch.
Audio
Amtlich ist bei der UX180 auch die Audio-Abteilung. Neben dem internen Mikrofon an der Spitze des Griffes über dem Objektiv gibt es 2 XLR-Buchsen für externe Audioquellen, die sowohl Line als auch Mic Pegel haben dürfen und optional auch auf + 48V Phantompower zurückgreifen dürfen. Die Anordnung der XLR-Buchsen ist dabei flexibel durchdacht, da sich nur eine der beiden vorne rechts neben dem Griff befindet. Die zweite Buchse liegt dagegen rechts hinten neben dem Akku-Fach.
In den letzten Jahren hat sich bei den progressiven Kamera-Gehäuseformen ein drehbarer Griff etabliert, während die UX180 noch die klassische, starr positionierte Henkelmannschlaufe besitzt. Tatsächlich fühlt sich diese heutzutage etwas ungewohnt limitierend an, wenn man die Drehgriffe gewohnt ist, jedoch bleibt so etwas letztlich auch nur eine Frage der Gewohnheit.
Bildstabilisator und Rolling Shutter
Der Bildstabilisator (O.I.S) nutzt nur bei der FullHD-Aufzeichnung die Kombination aus zusätzlicher Sensorfläche und optischer Linsenstand-Korrektur (5-Achsen-Hybrid-Bildstabilisator). In 4K greift einzig die optische Korrektur, die zwar auch etwas dämpft, jedoch nicht mehr so stark zupackt wie die FullHD-Option. Im Menü lässt sich dazu die Stabilisierung den eigenen (Szenen-)Erfordernissen anpassen, wobei man hier schon einige Erfahrung sammeln muss, welche Parameter-Einstellungen die persönliche Zitterfrequenz gut kompensieren.
Das Rolling Shutter Verhalten der Kamera ist durchschnittlich. Bei schnelleren Schwenks biegen sich sichtbar die Balken. Extrem positiv fällt die Akkulaufzeit ins Auge. In unserem Testzeitraum kamen wir im gemischten Betrieb aus Aufnahmen und Spielen mit der Kamera auf ca. 4 Stunden Durchhaltevermögen, bevor der mitgelieferte Akku (AG-VBR59) wieder ans Ladegerät musste.
Apropos Ladegerät: Das externe Akku-Ladegerät benötigt noch einmal ein externes Netzteil, welches den Strom auf die benötigten 12V heruntertransformiert. Normalerweise sind wir bei externen Ladegeräten ein internes Netzteil gewohnt, was den potentiellen Kabelsalat und den Transportaufwand klein hält. Im Gegenzug kann das Netzteil auch dazu genutzt werden, die Kamera selbst mit externem Strom zu versorgen. Dass der 12V-Stromanschluss jedoch proprietär ausfällt, gefiel uns nicht so gut. Wenn man das Netzteil vergisst oder verliert, ist ein Ersatz unnötig schwer.
Aus dem Messlabor
An den 4K-Schärfecharts gibt es wenig auszusetzen. In der Werkseinstellung besitzt die Kamera eine leichte Nachschärfung, die man jedoch noch weit zurückregeln kann. Das letzte Quäntchen saubere Schärfe gegenüber einem perfekten 6K/4K-Downsampling fehlt zwar, aber es gibt dafür nur schwache Moires oder ähnliche Artefakte zu entdecken.

Bemerkenswert ist auch, dass der Sensor bis 60Hz immer gleich ausgelesen wird. Die Testbilder unterscheiden sich also faktisch gar nicht, egal ob man mit 24, 25, 30, 50 oder 60 fps aufgezeichnet hat.
Low Light
Bei wenig Licht (12 Lux) zeigten sich bei unserem Testkasten ein kleines Problem. Wie schon bei der DVX200 mussten wir mit der Kamera aufgrund der Naheinstellgrenze von ca. 1m etwas weiter vom Motiv weggehen und konnten deswegen nur mit Blende 4 filmen. Hier einmal die beste Low-Light Aufnahme, die uns mit 1/25s bei 12dB Gain gelang. Dazu war der High Sensitivity-Modus aktiviert:

Um sich auch noch ein Bild von den Farben der Kamera machen zu können, vor allem aber der Vollständigkeit halber zeigen wir auch noch ein 1200LUX-Bild:

Da die Kamera jedoch 8 Gammas plus extrem weitreichende Eingriffe in die Bildcharakteristik bietet, stellt dies eher nur eine zufällige Stichprobe der Werkseinstellung dar.
Noch kleiner - AG-UX90?
Die kleinere Panasonic AG-UX90 für ca. 2.500 Euro sieht äußerlich der UX180 sehr ähnlich, besitzt aber keine Anschlüsse für SDI und auch keine Timecode-Funktionalitäten. Tatsächlich besitzt die UX90 auch einen anderen, hochauflösenderen 18 MP-Sensor, der bei der 4K-Aufnahme nur in einem sehr kleinen Crop-Ausschnitt funktioniert (ca. 35mm kb-äquivalent). Dabei erlaubt die europäische UX90 auch nur 4K-Aufnahmen bis 25 fps und ist nicht wie die UX180 zwischen 50 und 60 Hz/fps umschaltbar. Das Zoom-Objektiv wird nur mit 15fach angegeben, weshalb man hier von einer anderen Optik-Konstruktion ausgehen darf. Bei FullHD-Aufnahme stehen dabei jedoch auch ca. 24mm Anfangsbrennweite zur Verfügung.
Bei der Dual-Slot Aufzeichnung fehlt der UX90 dazu der zweite Encoder, weshalb die simultane Aufnahme in zwei verschiedene Formate nicht möglich ist. Summa Summarum handelt es sich bei der UX90 also in erster Linie um einen professionellen FullHD-Camcorder mit einer Prise zusätzlicher 4K-Funktionalität, während die AG-UX180 ein ausgewachsenes 4K/50/60p-Modell darstellt.
Fazit
Die Gretchen-Frage ist, welche Abstriche man mit der AG-UX180 gegenüber der AG-DVX200 macht. Tatsächlich ist die Bildqualität der DVX200 einen Tick besser, jedoch liegen hier keine Welten zwischen den beiden Modellen. Wer jedoch auch szenisch arbeiten will, wird vielleicht schon alleine wegen dem normierten V-Log und dem 10 Bit HDMI-Output zur DVX200 greifen. Wer dagegen auf RunAndGun fokussiert ist, fährt möglicherweise mit der UX180 sogar besser, weil sie unter anderem die universellere Optik mitbringt. Bildtechnische Konkurrenz hat die AG-UX180 zuhauf, da 4K-Einzoll-Geräte schon heute breit im Markt vertreten sind. Allerdings bekommt man bei den wenigsten Geräten in der 4K-Consumer-Klasse eine XLR-Option, professionelle externe, manuelle Bedienung, SDI oder einen Sucher. Wer auf diese Zutaten wert legt, bekommt für einen Listenpreis von etwa 4400 Euro bei Panasonic ein schönes Paket geschnürt.