Test Final Cut Express 4

Final Cut Express 4

Mit Final Cut Express 4 liefert Apple endlich wieder eine Low-Cost-Version, die sich auch mit aktuellen Camcorder-Technologien versteht. Und beim Abspecken hat Apple die Spendierhosen angelassen und legt die Latte für 200 Euro-Schnittprogramme ein gutes Stück höher.

// 20:07 Mi, 26. Dez 2007von

Irgendwie ging es im semiprofessionellen Schnittmarkt bei Apple in den letzten Monaten rund. So empfanden viele Anwender das iMovie 08-Update eher als Downgrade. Denn mit der kompletten Umgestaltung des Programms und der Ausrichtung auf total idiotensicheren Schnitt verschwand auch viel der bisher vorhandenen Funktionalität. Das fand nicht jeder Käufer so lustig und wohl vor allem aus diesem Grund gibt es iMovie 06 jetzt auch als kostenlosen Download für alle iMovie08 Besitzer.



Die alte Final Cut Express HD Variante unterstütze dagegen viele modernen Aufzeichnungsformate wie AVCHD oder diverse DVD- und Festplattencamcorder nicht direkt. Ambitionierte Mac-Anwender, für die Final Cut Studio eine Nummer zu groß war, fanden also bis dato kein semiprofessionelles Schnittprogramm für diese Camcorder. Doch damit soll nun Schluss sein. Das neue Final Cut Express unterstützt nun praktisch alle aktuellen Camcorder-Formate inkl. AVCHD und wurde dazu noch im Preis gesenkt. Mit 199 Euro (statt früher 299 Euro) will Apple nun einer noch breiteren Käuferschicht den Videoschnitt mit der berühmten Final Cut Oberfläche schmackhaft machen.



Der Lieferumfang des Programms besteht eigentlich nur aus einer DVD und einem Zettel mit der Serien-Nummer. Ein gedrucktes Handbuch wird scheinbar heutzutage immer mehr zum Luxusgegenstand. Immerhin gibt es es eine ausführliche (und gut strukturierte) PDF-Online-Hilfe, die man bei Bedarf selber ausdrucken könnte. Die Installation selbst verlief auch ohne nennenswerte Zwischenfälle. Ohne LiveType benötigt die Installation übrigens 224 MB, wofür sich auch auf älteren Geräten mit kleineren Festplatten noch ein Platz finden sollte.





Der Import

Den AVCHD-Import haben wir mit einer Panasonic HDC-SD1 problemlos gemeistert. Nach Anschluss der Kamera lässt sich ein neues Logging-Tool öffnen, das alle vorhandenen AVCHD-Szenen mit Thumbnails anzeigt. Mit einem Klick werden die einzelnen Clips in einer Preview angezeigt und können sogar vor dem Einlesen mit In- und Out-Punkt versehen werden. Und noch während man die gewünschten Clips markiert, startet die Wandlung in den Quicktime-Intermediate-Codec im Hintergrund. Da kommen professionelle Logging-Gefühle auf. Allerdings funktioniert das ganze nur im neuen „Loggen und Übertragen“-Fenster.



AVCHD-Clips auswählen und im Hintergrund konvertieren lassen - So soll es sein.
AVCHD-Clips auswählen und im Hintergrund konvertieren lassen - So soll es sein.


Wer mit HDV-Tapes arbeitet muss auf diese Funktionalität verzichten und mit dem klassischen Capture-Modul arbeiten. Der Intermediate-Codec braucht übrigens bei 1080i-Material ungefähr 49 GB pro Stunde. Das entspricht ziemlich genau der vierfachen Datenrate von DV (3.6 vs. 14 MB/s). Oder der achtfachen AVCHD-Datenrate. Wer hier mit externen Festplatten über Firewire oder USB arbeitet, sollte darauf achten, dass hier keine Flaschenhälse durch billige Interfaces oder langsame Laufwerke entstehen, sonst macht der Schnitt keinen Spaß. Denn nur mit sorgfältig ausgewählten Komponenten bekommt man auch über USB oder Firewire 400 Datenraten bis ca. 30 MB/s, was dann knapp zwei HD-Strömen entspricht. Bei internen Festplatten geht meist deutlich mehr, jedoch lassen sich die wenigsten Macs (außer den Pro-Modellen) bequem mit Festplatten oder sogar Software-Raids erweitern. Schade, denn durch die Internediate-Lösung geht der Datenraten-Vorteil von HDV/AVCHD natürlich flöten, der gerade bei MacMini-, iMac- und MacBook-Anwendern mit USB-Festplatten von großem Vorteil wäre.







Der Schnitt

Beim Schnitt fühlt man sich sofort ziemlich „heimisch“. Gegenüber der großen Version sind auf den ersten Blick kaum Abstriche beim Interface feststellbar. Alles findet sich dort, wo man es erwartet.



Sieht aus wie Final Cut und fühlt sich auch so an – Die Oberfläche von Final Cut Express.
Sieht aus wie Final Cut und fühlt sich auch so an – Die Oberfläche von Final Cut Express.


Also haben wir als erstes bei den Effekten näher hingesehen: Es fehlt zwar die von Profis gewohnte 3 Wheel-Farbkorrektur, dafür ist überraschender Weise eine sekundäre Maskierung erhalten geblieben. Mit dieser lassen sich einzelne Bildteile ausmaskieren und separat färben. Allerdings kommt man an diese Funktionen nur über die Parameter-Liste und nicht über die visuellen Einstellmöglichkeiten. Auch der Filter für sendefähige Farben ist im Paket erhalten geblieben. Außerdem gibt es nach wie vor Chroma-Subsamples fürs Keying (also 4:1:1 und 4:2.2). Alles professionelle Funktionen, die man eigentlich hier nicht erwartet hätte. Die übrigen Effekte sind eine gesunde Mischung aus solidem Werkzeug und Eye-Candy. Sogar 13 Überlagerungsfunktionen (wie Add oder Multiply) sind vorhanden. Etwas Vergleichbares ist bei Adobe nicht einmal in Premiere Pro zu finden (pikanterweise gab es Überlagerungsfunktionen noch in Premiere 4.2 von vor 10 Jahren, das bekanntlicherweise noch Randy Ubillos programmiert hat, der nun ein Chefdesigner von Final Cut Pro ist.)



Überlagrungsfunktionen können manchmal den Griff zu einem Compositing-Programm ersparen.
Überlagrungsfunktionen können manchmal den Griff zu einem Compositing-Programm ersparen.


Sogar ein voll funktionsfähiges Trimmfenster findet sich in der Express-Variante. Beim Editing sind Insert editing, Overwrite editing, Replace, Fit-to-fill und Superimpose als Editmodes vorhanden. Dazu gibt es es die üblichen Verdächtigen Ripple-, Roll-, Slip-, Slide- und Resize-Möglichkeiten Je nach persönlichem Schnittstyle und Materialauswahl ist da für jeden was dabei.



Die Preview kann ebenfalls wie bei der großen Version über ein zweites Display erfolgen. Aber auch bei nur einem Display kann man auf eine bildschirmfüllende Vorschau während der Wiedergabe umschalten.





Formatmix

Ein groß herausgestelltes Feature dieser Version ist die „Mixed Format Timeline“. Dieses Marketing-Buzzword schreibt sich momentan jeder Hersteller auf die Fahnen und es bedeutet nichts anderes, als dass man Clips mit verschiedenen Formaten und Bildraten in der Timeline mischen kann (ist das wirklich sooo neu?). Naja, bequem ist es allemal: Legt man beispielsweise einen SD-Clip in ein HD-Projekt, so wird dieser einfach über die Effektparameter skaliert. Erwartungsgemäß blieben wegen dem 4:3-Format dann die Ränder an der rechten und linken Seite ungenutzt, was man so eigentlich niemals in einem Projekt sinnvoll stehen lassen kann. Ein Griff in die Skalierung ändert dies natürlich auf Wunsch und bläst das Bild noch weiter auf.



Was in dieser Preisklasse dagegen wirklich einzigartig ist, stellt Apple gar nicht sonderlich heraus. Die Timeline kann mehrere Sequenzen verarbeiten. Damit sind Versioning und Nesting kein Problem. Beinahe selbstredend gibt es auch kein kein künstliches Limit bei Spurenanzahl (wir glauben es sind 99 Spuren möglich, haben es aber nicht ausprobiert). Mit Nesting wäre dies ansonsten auch klein Problem.



Grundsätzlich zeigt sich hier Apple beim Abspecken also deutlich spendierfreudiger, als beispielsweise Adobe mit Premiere Elements. Immerhin fanden wir auch eine beinahe skandlöse Einschränkung gegenüber Final Cut Pro: Die Express-Version unterstützt nur 32 Undo-Schritte, während Pro 99 kann. Da hat offensichtlich ein Kleinsparer im Team nochmal den Rotstift so richtig ansetzen wollen. Aber im Ernst: Apple hat wirklich erstaunlich viel Funktionalität bei der kleinen Version stehen lassen.



Die Preissenkung von 300 auf 200 Euro hat jedoch nicht nur positives. So wird Soundtrack seit neustem nicht mehr mitgeliefert. Die offizielle Begründung: Semiprofessionelle Anwender machen fast alles in Garage Band. Unsere inoffizielle Vermutung: Apple will Soundtrack zu einem ProTools-Clone ausbauen und da darf man ein solches Programm nicht als Beilage in einer 200-Euro-Box finden. Auch der „Export to Soundtrack“-Menüpunkt ist in der neuen FCE-Version leider verschwunden. Dennoch lässt sich Soundtrack (sofern vorhanden - oder jeder andere installierte Audio-Editor) für die Sound-Übergabe in den Präferenzen einrichten.


Dennoch ist der Verlust schmerzlich, denn selbst eine mitgelieferte Soundtrack LE-Version hätte schon noch etwas hergemacht und würde sicher noch mehr Nutzer auf Final Cut Studio heiß machen.


Zum Trost sind die mitgelieferten Soundeffekte auch schon ziemlich brauchbar: Soft Normalizer, Equalizer, Kompressor/Limiter, Brummfilter, DeEsser und Depopper (besonders brauchbar mit der integrierten Voice Over Funktion) Delay und Reverb, sowie ein NoiseGate dürften für viele Fälle ausreichen.



Die eingebaute VoiceOver-Funktion ist gerade für viele Amateurfilmer, die einen Film live besprechen wollen ein unverzichtbares Feature.
Die eingebaute VoiceOver-Funktion ist gerade für viele Amateurfilmer, die einen Film live besprechen wollen ein unverzichtbares Feature.




Einzig vielleicht eine Noise-Reduction mit NoisePrint könnten wir uns noch als sinnvolle Beigabe in diesem Kontext vorstellen. Mit einer Editgenauigkeit von 1/100 Frame dürfte auch der Griff zu einem externen Soundeditor in den meisten Fällen nicht nötig sein.



Ein schwacher Trost ist das mitgelieferte LiveType. Es mag ja ganz nett sein, zappelige Schriften von Stange in seine Filme einzubauen, jedoch kommt ein solches Tool nur in seltenen Fällen zum Einsatz. Auf jeden Fall scheint es uns hier besser aufgehoben, als in der großen Suite. Zumal die animierten Schriften echte Speicherräuber auf der Festplatte sind.




Und funzts?

Tja was soll man sagen? Das ganze ist ein waschechtes Final Cut. Diese Express-Variante fühlt sich praktisch wie die Pro-Version an. Bei uns gab es auf einem 2 GHz-MacBook mit 1 GB Ram keinerlei Abstürze und das Programm funktioniert ziemlich flott. Allerdings war auch schon bei einer HD-Spur mit einem Titeleffekt keine Wiedergabe mehr in voller Qualität und Bildrate von der internen Festplatte möglich. Dank skalierender RT-Engine ist flüssiges Arbeiten dennoch mit Einschränkungen gut möglich. Edius Neo auf der Windows-Partition des selben MacBooks zeigt da doch spürbar mehr Performance, allerdings bei deutlich geringerem Funktionsumfang. Die Performance von Final Cut Express liegt subjektiv immerhin noch etwas etwas über der PC-Engine von Adobe Premiere (Elements).





Fazit

Vieles, was sich andere Hersteller für ihre professionellen Premium-Produkte aufheben, findet sich bereits in der kleinen Version von Final Cut: Trimm-Fenster, sekundäre Farbkorrektur, professionelle Filter, alle erdenklichen Editmodes, Keyframeverwaltung und, und, und. Natürlich gibt es keine 3 Wege-Korrektur und keine professionellen Codecs wie DVCPROHD auch aber das dürfte selbst Semiprofis die mit HDV oder AVCHD filmen nur selten treffen. Eigentlich ist dieser Schritt von Apple auch nur logisch, denn nachdem man Final Cut Pro ja nicht mehr einzeln erwerben kann, glänzt die Studio-Suite ja vor allem durch die zahlreichen Softwarepakete wie Color, Motion, Soundtrack, DVD Studio. Wer wirklich nur mit Final Cut schneiden will, bekommt hier fast das komplette Programm zu einem wirklich unschlagbar günstigen Preis. Im PC Bereich bekommt man für 200 Euro momentan nur deutlich weniger Funktionen. Außerdem lässt sich Express auch offiziell (also mit Apples Systemanforderungs-Segen) auf den kleineren Macs (MacBook oder Mac Mini) einsetzen. Sicherlich auch für den einen oder anderen ein Grund, hier zuzugreifen.



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