Test Canon EOS 6D

Canon EOS 6D

Mit der Canon EOS 6D hat Canon zur Photokina 2012 erstmals eine digitale Vollformat-Kamera unter 2.000 Euro vorgestellt. Der Einstieg in das zuvor durch Canons legendäre EOS 5D Mark II und seit kurzem 5D Mark III (UVP 3.300,- Euro) repräsentierte Vollformat-Segment ist damit günstiger als jemals zuvor geworden. Zeitgleich hat auch Nikon mit der D600 eine preislich attraktive Fullformat Option im Angebot. Bleibt zu klären: Wie schlägt sich Canons EOS 6D in Sachen Videoproduktion?

// 13:14 Mo, 28. Jan 2013von

Mit der Canon EOS 6D hat Canon zur Photokina 2012 erstmals eine digitale Vollformat-Kamera unter 2.000 Euro vorgestellt. Der Einstieg in das zuvor durch Canons legendäre EOS 5D Mark II und seit kurzem 5D Mark III (UVP 3.300,- Euro) repräsentierte Vollformat-Segment ist damit günstiger als jemals zuvor geworden. Zeitgleich hat auch Nikon mit der Nikon D600 eine preislich attraktive Fullformat Option im Angebot. Bleibt zu klären: Wie schlägt sich Canons EOS 6D in Sachen Videoproduktion?



Canon EOS 6D
Canon EOS 6D





Handling / Technische Daten

Canon nutzt - ähnlich wie die Konkurrenz - bei der EOS 6D einen Verbund aus Magnesium und Kunstoffgehäuse, was sich zunächst erstmal nach Materialeinsparung anhört - tatsächlich jedoch vom Handgefühl kaum von den kompletten Magnesiumgehäusen zu unterscheiden ist. Ganz im Gegenteil: Die Canon EOS 6D macht einen deutlich hochwertigen und robusten Eindruck.



An dieser Stelle ist es an der Zeit einmal Canon für seine Ergonomie ausdrückliche Anerkennung auszusprechen. Canon hat es wie kein anderer Hersteller – vor allem in den Modellreihen der letzten Zeit – verstanden, eine Ergonmie bei seinen Video-DSLRs zu etablieren, die sowohl für kleine als auch für grössere Hände einen erstklassigen Kameragriff zulässt. Anders als Konkurrent Nikon, der bei den Griffgrössen zwischen Consumer, Prosumer und Profi unterscheidet (wobei die Profis die größten Hände haben dürfen), schafft es Canon bei seinen Modellen tatsächlich unterschiedliche Handgrößen vorbildlich an einer Kamera abzudecken und dies nun bereits seit geraumer Zeit über nahezu die gesamte Modelpalette: Ergonomie also vom Feinsten und ein dickes Lob an diesr Stelle an Canon (Mit dieser Einschätzung stehen wir übrigens nicht allein da).



Canon EOS 6D mit Top-Ergonomie
Canon EOS 6D mit Top-Ergonomie


Das Ergonomie-Lob gilt hier zwar in erster Linie dem fotografischen Betrieb – doch auch der Videomodus profitiert davon. Zwar hätten wir in diesem Zusammenhang lieber ein Klappdisplay und Anschlussmöglichkeiten für Kopfhörer gesehen – aber die große ergonomische Linie stimmt einfach derzeit bei Canon (gespannt sind wir hier allerdings auch schon auf die Sony Alpha 99).



Die Bedienung dürfte Canon-User vor keinen größeren Probleme stellen. Nikon-User werden wohl, wie stets bei Canon, zunächst das hintere Einstellrad vermissen, das bei den Nikons u.a. die Belichtungszeit regelt, doch nach kurzer Eingewöhnungszeit sollte jeder auch mit dem Druck-Knopf und Zeigefingerrad-System von Canon zurecht kommen. Systemwechsel dürften bei den meisten Nutzern sowieso eher selten anstehen, da man sich hier ja zumeist nach der bereits geleisteten Investition in bestimmtes „Glas“ orientiert.





Canon EOS 6D Rückteil
Canon EOS 6D Rückteil


Die Canon EOS 6D verfügt über einen 20 MP CMOS Sensor, dessen Bilddaten von einem DIGIC 5+ Prozessor verarbeitet werden. Mit 4,5 B/s stellt die 6D keine Geschwindigkeitsrekorde auf – dies geht jedoch für Fullframe völlig in Ordnung (die Canon 5D Mark III schafft 6 B/s).



An dieser Stelle sei auch noch einmal ein kleiner Exkurs in Sachen Fotografie und Lowlightverhalten erlaubt. Moderne Spiegelreflexkameras wie die hier getestete Canon EOS 6D markieren beim Fotografieren in Innenräumen bei "normaler" Zimmerbeleuchtung (Deckenlicht 60-100W) tatsächlich einen Paradigmenwechsel.



Mit der AUTO-ISO Funktion sind selbst bei Optiken mit einer F4 Anfangsöffnung recht komfortabel rausch- und verwackelungsfreie Aufnahmen möglich. Dort wo bisher entweder lichtstarke Optiken oder sogar Blitzlicht/Zusatzlicht zum Einsatz kommen musste, reicht jetzt eine Optik aus der "zweiten Reihe" um tatsächlich brauchbare Ergebnisse zu erzielen. Im Lowlightverhalten wurde eine technologische Grenze überschritten die das Fotografieren deutlich verändert. Diese Schwelle wurde nicht allein von der Canon EOS 6D überschritten. Sie gilt für den gesamten Bereich aktueller Prosumer DSLRs vor allem im Fullframe-Segment und fällt uns nur bei der Canon EOS 6D gerade besonders auf. Der ausreichenden Belichtung mit eher lichtschwachen Optiken in Innenräumen steht damit kaum noch etwas im Weg.



Canon EOS 6D Fullframe-Sensor
Canon EOS 6D Fullframe-Sensor


Von den relativ rauschfreien hohen ISOs profitiert natürlich auch der Videobereich. Mehr hierzu im Testlaborabschnitt und bei den Nachtaufnahmen.






Videohandling

In den Live-View- und damit auch Video-Modus schaltet man bei der Canon EOS 6D via rückseitigem Umschalter, in dessen Mitte auch der Record-Button für die Videoaufnahme untergebracht ist. Das Liveviewbild für die Videofunktion wird im Ggs. zu dem von der Fotofunktion um den transprenten 16:9 Rahmen sowie um das eingestellte Videoformat ergänzt.



Die folgende Grafik gibt Auskunft über die verfügbaren Videoformate sowie deren Speicherplatzbedarf:



Canon EOS 6D : FilmlaengenEOS6D




Wie in der Grafik zu sehen unterstützt die Canon EOS 6D in FullHD “nur” 25 und 24 Fps, was für cinematische Szenengestaltung meistens auch bevorzugt wird. Wer Zeitlupen-Effekte erzielen will, muss auf 720p herunter schalten, womit auch 50 Bilder pro Sekunde möglich werden. Immerhin bietet Canon neben dem stark komprimierten IPB auch das schnittfreundliche ALL-I-Format, welches erst vor einem Jahr mit der 5D MK3 eingeführt wurde.



Wie bereits bei der Canon EOS 5D Mark III festgestellt, unterscheiden sich die Videobildqualitäten zwischen dem IPB (ca. 30 Mbit/s) und dem iFrame only (ca. 90 Mbit/s) Codec so gut wie gar nicht. Der iFrame Codec bietet sich für schnelle Ergbenisse im Schnitt ohne vorherige Umwandlung in einen Schnittcodec an. Allerdings muss man bei der Aufnahme den auf der Karte verfügbaren Speicherplatz im Auge behalten.



Canon EOS 6D Videoformate
Canon EOS 6D Videoformate


Wer auf seinen Speicherplatz achten muss, der handelt sich zumindest mit der Interframe Codierung keinen nennenswerten Qualitätsverlust ein.



Ebenfalls von der Canon EOS 5D Mark III bereits bekannt sind die Timecode-Varianten (Rec, Free Run und Drop Frame), die sich bei der Wiedergabe der Clips auf der Kamera anzeigen lassen und auch beim Schnitt in der Postproduktion zur Verfügug stehen. Wer mit mehreren Kameras dreht, dürfte sich vor allem über die Free Run Funktion freuen.



Canon EOS 6D Timecodeeinstellungen
Canon EOS 6D Timecodeeinstellungen


Audio wird bei der Canon EOS 6D über das interne Monomikro als Linear PCM in 16 Bit mit 48 kHz aufgezeichnet. Eine Aussteuerung des Audio-Pegels ist in 64 Schritten möglich – allerdings muss der Pegel vor Beginn der Aufnahme bestimmt werden, da ein Pegeln während der Aufnahme leider nicht möglich scheint. Windfilter und Dämpfung stellen weitere zuschaltbare Filter für die Audioaufnahme dar.



Canon EOS 6D Audiopegel
Canon EOS 6D Audiopegel


Wie stets raten wir zur Verwendung eines externen Mikrofons, wer bestmögliche Kontrolle und Qualität seiner Audioaufnahme gewährleistet sehen bzw, hören will. Hierfür verfügt die Canon EOS 6D über einen 3,5 mm Klinkeneingang, an dem sich ein Stereo-Mikro betreiben lässt. Ein Kopfhörereingang zur Tonkontrolle fehlt leider bei der Canon EOS 6D - hier ist die Konkurrenz teilweise einen Schritt weiter.



In Sachen Bildprofile hat wiederum die Canon die Nase deutlich vor der Konkurrenz, denn die Canon EOS 6D erlaubt freie Bildprofile – damit bietet Canon derzeit ein ziemlich einzigartiges Feature. Wir haben daher unsere Tests unter anderem auch mit dem bewährten Technicolor Cinestyle Picture Profile durchgeführt, welches gerne für den filmischen Einsatz verwendet wird und die Dynamik der Kamera deutlich verbessert. (Aufgespielt wurde das Bildprofil mit der EOS Utility.)





Deutlich verbesserungswürdig ist hingegen das Aliasing und Moiré Verhalten der Canon EOS 6D. Sowohl im Testlabor als auch bei den Tageslichtschwenks fiel die Canon EOS 6D mit ziemlich heftigen Moiré-Effekten negativ auf. Mehr hierzu im Testlaborkapitel sowie deutlich sichtbar auch im Tagseslichtschwenk.



Canon EOS 6D - Kein Kopfhöreranschluss
Canon EOS 6D - Kein Kopfhöreranschluss


Auch in Sachen HDMI-Out bekleckert sich die Canon EOS 6D nicht gerade mit Ruhm. Ein cleaner HDMI-Out liess sich weder an unserem Monitor noch am Atomos Ninja erzeugen. Ob ein Firmware-Update wie bei der Canon EOS 5d Mark III irgendwan mal für einen cleanen HDMI-Out sorgen können wird, steht derzeit in den Sternen – darauf vertrauen würden wir derzeit nicht.






Messwerte

Luma
Luma


Bei der gemessenen Luminanzauflösung liegt die Canon -wie auch all ihre Schwestern- deutlich unter dem Level, den ein guter AVCHD-Camcorder erreichen kann.



Schärfe
Schärfe


Das ISO-Testbild zeigt dabei die Canon-typischen Aliasing-Fehler, welche durch das Auslassen von Bildzeilen im Sensor entstehen (Line-Skipping).



Farbauflösung
Farbauflösung


Auch die Farbauflösung fällt früher ab, als bei typischen Camcordern, jedoch ist dies auch auf das cinematische Bildprofil (Cinestyle) in unseren Testeinstellungen zurückzuführen.





Objektivverzeichnung
Objektivverzeichnung


Für die Canon-Optik 24-105mm ist zwar eine digitale Korrektur zuschaltbar, jedoch kann diese wohl auch wegen dem Vollformat wohl nicht so perfekt agieren, wie bei APS-C.




1200 LUX



Im Cinestyle Bildmodus werden nicht nur durch die Bank sehr ausgewogene Farben produziert, sondern Schatten und Höhen offenbaren aufgrund der hohen Dynamik auch noch viele Details.




12 LUX



Mit entsprechend lichtstarken Optiken (wie hier ein Canon 50mm F1.8 für 90 Euro) wird die Nacht zum Tag. So klare und helle Schwachlichtbilder sind nur mit Vollformatsensoren möglich. 12 Lux 1/50 S, F1,8, ISO6400



Audio
Audio


Das eingebaute Mikrofon bietet nur durchschnittliche Qualität, jedoch wird man mit der 6D sowieso oft zum externen Recorder greifen, da die Kamera keinen Kopfhöreranschluss besitzt.






Das Wahre Leben



Unsere Außenaufnahmen mit der Canon EOS 6D wurden alle mit dem Canon EF-L USM 4,0/24-105 IS in maximaler Weitwinkeleinstellung also 24mm produziert.



Bei unserem Tageslichtschwenk fallen selbst bei der komprimierten YouTube-Vision recht heftig die Aliasing Artefakte auf. Vor allem am Ende des Schwenks bei dem komplexen Baugerüst, was für Lineskipper wie die 6D zugegebener Maßen ein ziemlich schwieriges Motiv darstellt, flimmert und flackert es ziemlich wild:



Schwenk Tageslicht Canon EOS 6D mit 1/50s, Blende 8 bei Iso100 und 1080/24p:






Wer sich einen ersten Eindruck von den Bildstilen der Canon EOS 6D machen möchte - inklusive dem Technicolor Cinestyle Bildprofil - der findet in diesem Clip alle Profile einmal aneinandergefügt:








Unsere Nachtaufnahme am Postdamer Platz verdeutlicht die große Stärke der Canon EOS 6D bei Lowlight. Selbst bei hohen ISOs erhält man noch mehr als akzeptables Bildrauschen:









Fazit

Die Canon EOS 6D schreibt das doppelgesichtige Erscheinungsbild der letzten Canon Video-DSLRs fort: In Sachen Fotografie & Ergonomie eine hervorragende Kamera – vielleicht die derzeit beste ihrer Klasse – in Sachen Video leider deutlich mit Aliasing-Artefakten behaftet sowie kein cleaner HDMI-Out. Die Videoauflösung bleibt unterhalb der von Mittelklasse AVCHD-Camcordern. Wer ohne farbiges Moiré im Fullframe Bereich mit Canon filmen möchte, muss zur Canon EOS 5D Mark III greifen oder besser gleich auf die deutlich höherpreisige EOS Cine Reihe setzen.



Die größten Pluspunkte der Canon EOS 6D neben ihrer Top-Ergonomie stellen ihre starke Lowlightfähigkeit und Zusatzfunktionen wie WIFI, Timecode und i-Frame-Only Recording dar. Wer mit den Aliasingproblemen leben kann und bei der Motivwahl Muster vermeidet, die Moirés erzeugen, erhält mit der 6D einen extrem günstigen Einstieg in die Fullframe-Welt, der sogar individuelle Bildprofile zulässt.



Trotzdem bleibt bei uns der Eindruck, dass die Hersteller bei den Videofunktionen ihrer Einstiegs-Vollformat-DSLRs hinter den Möglichkeiten zurückbleiben. Dahinter stecken sowohl Marketinggesichtspunkte um andere Produktbereiche nicht zu gefährden sowie bewußte Entscheidungen für Sensoren und Signalwege, die eher für Foto als für Video optimiert wurden. Beim direkten Konkurrenten Nikon D600 sieht es nicht wesentlich anders aus.



Sollte die BMD CC irgendwann mal in ausreichenden Stückzahlen auf den Markt kommen, müssen sich die Video-DSLR-Hersteller in genau diesem Preissegment etwas einfallen lassen - und wenn man nicht mit 12 Bit-RAW oder 4:2:2 ProRes konkurrieren kann, dann muss zumindest ein cleanes 4:2:2 HDMI Signal sowie ein artefaktfreies Bild bei kommenden VideoDSLRs verfügbar sein – sonst könnte es sich bald "ausgevideodslrt" haben und das wäre doch irgendwie schade, oder?


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