
Linux hat viele Vorteile: Es ist grundsätzlich frei und kostenlos erhältlich, es kann höllisch stabil sein und es macht in vielen Bereichen mittlerweile einen Windows-Rechner völlig obsolet. Nur im Bereich Video- und Audio-Bearbeitung sah es bisher noch etwas düster aus.
Linux ist ein eigenes Betriebssystem (wie Windows) für viele Rechnerplattformen. Im Gegensatz zu Windows ist Linux aber ein offenes System, welches von tausenden Programmierern rund um den Globus entwickelt wurde. Und Linux hat gegenüber Windows einige Vorteile:
1.Es ist Open Source. Darunter versteht man, dass der gesamte Programmcode des Betriebssystems von jedermann eingesehen und verändert werden kann. Das hat den Vorteil, dass nicht jeder Programmierer ein Problem neu lösen muss, sondern sich bei zahlreichen anderen Programmen und deren Code bedienen kann. Die Folge ist (meistens) ein qualitativ besserer Code.
2.Das System stürzt praktisch nicht ab. Da abertausende Programmierer Einblick in den Quelltext des Programms haben, sind Programmierfehler meistens innerhalb weniger Tage nach deren Bekanntwerden schon behoben. Bei Microsoft kann es dagegen sogar mehrere Jahre dauern, bis ein bekanntes Problem mit einem Service Pack ausgemerzt wird.
3.Optimaler kostenloser Support. Bei Problemen stehen weltweit hilfreiche User in diversen Newsgroups zur Verfügung, die oft schon innerhalb weniger Stunden weiterhelfen können. Bei Microsoft ist der Support in der Regel kostenpflichtig, wobei es auch noch vom Zufall abhängt, ob man an der Leitung einen kompetenten Mitarbeiter erwischt.
4.Leichtere Konfiguration. Während Linux bis vor kurzem noch als schwer installierbar und nur kryptisch bedienbar galt, gibt es mittlerweile Tools, die die Installation und Wartung teilweise leichter gestalten als unter Windows.
5.Es ist schnell und konfigurierbar. Wer sich ein bisschen in die Tiefen der Kerneloptimierung einarbeitet, kann sich das Betriebssystem genau auf seinen Computer zuschneidern. Es gibt sogar Minimal-Installationen, die auf eine einzige Diskette passen! Dadurch könnte beispielsweise die volle Prozessorleistung für eine Videoschnittapplikation zur Verfügung gestellt werden.
6.Neben dem Betriebssystem stehen mittlerweile auch tausende Anwendungen bereit, die ebenfalls nach dem Open Source Prinzip entwickelt wurden und für jedermann verfügbar sind.
7.Neben vielen anderen Vorteilen: Es ist komplett kostenlos erhältlich!!!
Linux wird meistens in sogenannten Distributionen ausgeliefert. Unter einer Distribution versteht man ein ganzes Paket an Software, in dem nicht nur das Betriebssystem selbst steckt, sondern noch zahlreiche andere Applikationen wie Office-Pakete, Web-Browser, Server-Tools, Grafikprogramme etc. Während man diese Applikationen bei Windows meist gesondert hinzukaufen muss, werden sie bei einer Linux-Distribution mitgeliefert. Die meisten Distributionen sind dabei ebenfalls kostenlos im Internet erhältlich. Wer jedoch keine Flatrate besitzt, greift meistens zu einer einer kommerziellen Zusammenstellung auf mehreren CDs oder einer DVD, die man gegen einen entsprechenden Aufpreis im gut sortierten Buch- oder Computerfachhandel bekommt.
Leichte Installation
Für die Installation eines Linux-Systems benötigt man mittlerweile kaum mehr Know-How als für eine Windows-Version: Dank der gut gepflegten Distributionen von Suse, RedHat, Mandrake und Co wird bei der Installation die eingebaute Hardware meistens selbständig erkannt und konfiguriert. Genauso wie bei einer Windows-Installation sind spezielle Treiber nur nötig, wenn man topaktuelle Hardware besitzt, die das Betriebssystem von sich aus nicht richtig erkennt.
Im Gegensatz zu Windows basiert Linux auf UNIX. Dieses Betriebsystem ist genau genommen schon über 30 (!!) Jahre alt, hatte aber schon immer viele Funktionen, die erst seit wenigen Jahren auch in Windows oder MacOS vorhanden sind. Dies sind unter anderem echtes Multitasking und integrierte Netzwerkfunktionen. Unix war ursprünglich Befehlszeilen-basiert. Das heißt, man konnte seine Befehle nur über Tastatur eingeben. Deshalb haftet an UNIX immer noch das Image, besonders kompliziert bedienbar zu sein. Das dies jedoch nicht der Fall sein muss, beweist unter anderem auch Apple. Denn auch das neue OS-X basiert zu 100 Prozent auf einem echten UNIX-Kern (sog. BSD-Mach-Kernel/Darwin). Komplexe Funktionen werden dabei einfach unter einer einfachen Bedienoberfläche mit Maus-Unterstützung versteckt.
Viele Oberflächen
Bei Linux verhält es sich nicht anders. Auch hier gibt es zahlreiche Bedienoberflächen, die teilweise sogar ähnlich wie Windows oder Mac zu bedienen sind. Die bekanntesten Desktop-Oberflächen sind dabei KDE und Gnome. Durch die Konkurrenz der beiden Entwicklerteams haben sich diese Oberflächen in letzter Zeit rasant entwickelt. Von der Bedienungsqualität ist Linux daher mittlerweile kaum schlechter als Windows oder Mac. Neueinsteiger werden überrascht sein, wie wenig Umlernaufwand bei einem Umstieg wirklich nötig ist.

Bei professionellen Applikationen ist UNIX übrigens schon seit fast 20 Jahren der Standard. Da sogenannte Workstations in den 90iger Jahren fast ausschließlich unter UNIX liefen (meistens von SGI oder Sun), konnte man professionelle Editing- und vor allem Compositing-Programme fast ausschließlich unter UNIX finden. Dazu gehören zum Beispiel die früheren Programme von Discreet (u.a. Flame, Flint und Smoke). Es verwundert daher nicht, dass im absolut profesionellen Bereich Linux schon heute zum Standard gehört. Compositing-Programme wie Shake oder 3D-Animationsprogramme wie Maya laufen in Hollywood meistens unter Linux. Doch auch wenn Linux selbst mit vielen Applikationen kostenlos ist, bedeutet das natürlich nicht, dass jegliche Software frei erhältlich ist. Für diese professionellen Applikationen bezahlt man daher meistens Preise, die sich in der Größenordnung eines Kleinwagens abspielen.
Der ambitionierte Video-Consumer-Markt, den Firmen wie Adobe, Ulead oder Canopus in erster Linie abdecken, hat sich dagegen bisher noch wenig für Linux begeistern können. Doch auch hier ist die Sympathie vieler Produkt-Manager gegenüber dem alternativen Betriebssystem ist nicht mehr zu übersehen. Die technischen Vorteile von Linux für die Videobearbeitung sind offensichtlich: Aufgrund der extremen Stabilität des Systems, der vollständigen Konfigurierbarkeit und dem vorbildlichen Support empfiehlt sich das System geradezu für komplexe Applikationen.
Videosoftware
Als erste Softwareschmiede aus dem Videoschnittbereich hat die Aachener Firma Mainconcept die Zeichen der Zeit erkannt und kürzlich ihren "Mainactor v5" für Linux vorgestellt. Wer eine Lizenz erwirbt kann diese sowohl unter Linux wie auch unter Windows einsetzen. Es bleibt abzuwarten, welche anderen Firmen aus dem Videobereich in Zukunft auf das alternative Betriebssystem setzen werden.
Doch Linux wäre niemals Linux geworden, wenn man immer bereitwillig auf die Unterstützung der großen Softwarehäuser gewartet hätte. Im Gegenteil: Seitdem die Videobearbeitung am PC ihren unaufhaltsamen Siegeszug angetreten hat, finden sich immer mehr kostenlose Linux-Programme, die Adobe und oder Ulead vielleicht schon etwas nervös machen sollten.....
Während vor kurzem noch keine Videoschnittsoftware unter Linux einigermaßen brauchbar war, stehen mittlerweile mehrere kostenlose Applikationen zur Verfügung, die durchaus schon für eigene Projekte eingesetzt werden können. Auf die bekanntesten wollen wir im folgenden näher eingehen.
Cinelerra 1.2
Dieses Schnitt- und Compositing-Programm glänzt mit einem beachtlichen Funktionsumfang, der sogar einigen teuren Windows-Applikationen gut stehen würde: Zum Beispiel voller Multi-Prozessor-Support mit Netzwerkrendering und extrem professionelle Audio-Bearbeitung (Bis zu 8:1 Channel, 24 bit, 196 khz Audio Output). Dazu gibt es zahlreiche brauchbare Filter und echte Compositing-Funktionen wie Vektormasken. Ebenfalls für Profis unverzichtbar ist die völlig freie Farbraumwahl. Neben den üblichen 8-Bit Farbräumen YUV und RGB, sind auch 10- oder 16-Bit Farbräume möglich. Fast selbstredend beherrscht das Programm schon heute die durchgehende HD-Bearbeitung. Leider sind die Bedienung und die Installation alles andere als trivial, weshalb man man allein für dieses Programm eine gehörige Portion Einarbeitungszeit einplanen sollte, um es sinnvoll zu nutzen. Mittlerweile ist Cinelerra ausreichend stabil, dazu gibt es regelmäßig alle 3 Monate komplette Updates, die viele bekannt gewordene Fehler beheben. Was jedoch fehlt sind Echtzeit-Funktionen, zum Trost gibt es immerhin echtes Backgroundrendering.
http://heroinewarrior.com/cinelerra.php3

Jahshaka 1.9a8
Ganz anders dagegen Jahshaka. Bei diesem Programm führen Echtzeit-Effekte und Compositing die Feature-Liste an. Am ehesten ist Jahshaka mit Combsution vergleichbar. In der neusten Version 1.9a8 steht unter Linux schon ein ausgewachsener Keyframe-Editor bereit. Das Killerfeature sind jedoch die OpenGL-Echtzeitefekte. Dabei nutzt das Programm die Rechenleistung der Grafikkarte und erzielt dadurch Beschleunigungen zwischen 30 und 400 Prozent. Eine ähnliche Technologie hat gerade Apple mit Motion vorgestellt. Momentan kann Jahshaka nur mit Einzelbildsequenzen umgehen, doch in naher Zukunft soll auch ein kompletter Editor mit DV und MPEG-Unterstützung integriert werden. Es stehen übrigens auch kostenlose Versionen für Windows und MacOS-X zur Verfügung, jedoch haben diese meistens nicht die Stabilität und den Funktionsumfang der aktuellen Linux-Version.
http://www.jahshaka.org

Kino 0.7.1
Auf den ersten Blick wirkt Kino gegenüber den übrigen Programmen etwas unterentwickelt. Doch das Gegenteil ist der Fall. Kaum ein anderes Linux-Programm im Videobereich erreicht bereits eine derartige Stabilität. Gerade die DV-Capturing und Ausspielmöglichkeiten über Firewire suchen ansonsten ihresgleichen. So kann man sich beim Capturen beispielsweise das DV-Format frei aussuchen (DV-Avi Type1-, Type2-, Quicktime oder RawDV-AVI).
Einfache Schnitte oder †bergänge sind mit Kino jederzeit möglich. Besonders der Tastatur- und Jog-Shuttle-Schnitt werden ausgiebig unterstützt. Kino besitzt allerdings (noch) nicht mehrere Video- oder Audio-Tracks. Die Entwickler begründen dies damit, dass Sie immer erst die bestehenden Funktionen hundertprozentig stabil wissen wollen, bevor etwas neues in das Programm implementiert wird. Diese Einstellung scheint sich auszuzahlen. Mittlerweile kommt die Engine von Kino bei einem großen indischen Fernsehsender als Playout-Server zum Einsatz. Ein Zeichen für die enorme Stabilität von Kino.
http://kino.schirmacher.de/

Neben diesen relativ ausgewachsenen Projekten, sprießen auch immer wieder neue Programme aus dem Boden. Ein Beispiel hierfür ist Kdenlive (http://kdenlive.sourceforge.net), welches allerdings momentan kaum weiterentwickelt wird. Dies ist leider ein bedeutender Nachteil von Open Source. Wenn sich nicht genügend Programmierer für ein Programm begeistern können, sterben manche Projekte auch wortlos ab und versinken wieder unfertig in der Versenkung.

Auch im Audiobereich finden sich mittlerweile zahlreiche kostenlose Softwarepakete, die Cubase, Samplitude und Co in Zukunft das Wasser abgraben könnten. Auf diese werden wir jedoch ein anderes mal näher eingehen.
Der Umstieg
Wenn es Sie als Leser nun in der Fingern juckt, sofort Linux auf Ihrem Rechner zu installieren, seien Sie dennoch gewarnt. Wenn Sie nach wie vor Windows behalten wollen, müssen Sie zuerst ein sogenanntes Dual-Boot-System einrichten, was nicht jedermanns Sache ist. Auch die Einrichtung und Kompilation der einzelnen Programmpakete kann das eine oder andere Problem mit sich ziehen, da unter Linux viele sogenannte Dependencies (Abhängigkeiten) herrschen. Das bedeutet, dass manche Programme nur laufen, wenn die richtigen Versionen diverser Zusatzpakete installiert sind. Es gibt eben nicht wie unter Windows ein XP oder ein Windows 2000, sondern beinahe unzählige verschiedene Linux-Versionen. Sie sollten daher eine Distribution wählen, die bereits mit allen aktuellen Videoschnittapplikationen ausgeliefert wird, und diese auch aktuell hält. Eine echte Empfehlung können wir allerdings hierzu momentan noch nicht aussprechen.
Fazit:
Wer unter Linux seine eigene Videos schneiden will, kann dies bereits bewerkstelligen, insofern er mit einigen Linux-Interna vertraut ist. Es wird jedoch nicht jedermanns Sache sein, sich mit diversen Kernel- Patches und Installationsskripten herum zu schlagen. Auch sind noch nicht alle Videoschnittapplikationen auf einem Stand der mit semiprofessioneller Windows-Software vergleichbar ist. Unterschiede bestehen vor allem in der Bedienungsfreundlichkeit und der Stabilität der Programme. Doch hier Linux holt mit großen Schritten auf.