Wer Vegas noch nicht kennt: Die kleine Firma SonicFoundry begann vor einigen Jahren damit, ihre Harddiscrecording-Software Vegas Audio um Videoschnittmöglichkeiten zu erweitern. Seit der Version 3 sind sie eins und so lagen die Stärken von Vegas neben der bemerkenswert guten Betriebssystemintegration schon immer im Audiobereich.

Audio für die Arme
Das ist mit Version 5 nicht anders, denn Vegas ist die erste Videosoftware, deren (fast) komplette Oberfläche über Midi fernsteuerbar ist. Wer sich jetzt fragt, wozu das gut sein soll, darf gerne einen Blick in einschlägige Werbeanzeigen von Musikmagazinen werfen: Dort wimmelt es nur so von Hardware-Controllern, denn Musiker waren sich schon immer einig: Mit der Maus mischen ist nichts. Die Einbindung der Remotes ist Vegas-typisch sehr offen: Neben der eingebauten Unterstützung für die Mackie Control gibt es den Lernmodus. Einfach aufrufen und am Controller den passenden Regler bewegen. Innerhalb von etwa 15 Minuten hatten wir damit eine Anpassung für das Yamaha 01x erstellt und konnten wunderschön Mute, Solo, Volume, Play usw. mit dem 01x bedienen. Ist das schön, wenn sich alles am Bildschirm wie von Geisterhand bewegt. Leider wurde eine Hoffnung enttäuscht: Es gibt zwar einen Automationsmodus, um Faderbewegungen direkt in der Timeline als Envelopes z.B. für Volume aufzuzeichnen. In diesem funktionierte aber mit unseren Testgeräten die Fernsteuerung nicht, eine richtige dynamische Mischung war daher nicht möglich. Das Handbuch sieht diese Möglichkeit allerdings vor, so dass die Automation zumindest mit der Mackie Control funktionieren sollte. Seit Version 5.0b gilt das auch für Geräte, die den MackieControl-Modus emulieren können. Anscheinend hängt dass aber stark vom verwendeten Controller ab, nur weil die Emulation unter Cubase und Co funktioniert, muss dass noch nicht für Vegas gelten.
Komponieren im Netzwerk
Der Aufkauf und die Verlagerung von Vegas in die Professional-Division von Sony zeigt erste Früchte: Netzwerkrendering ist ein Schlagwort, dass man eher von HighEnd-Compositingsystemen kennt. Vegas unterstützt jetzt ebenfalls das verteilte Rechnen, wer oft unter Zeitdruck arbeitet, wird sich freuen. Die Einrichtung ist allerdings nicht ganz ohne: Gleich über drei Seiten wird die Einrichtung des Render-Netzwerkes beschrieben. Ebenfalls aus dem HighEnd-Bereich sind die neuen Maskenfunktionen des Pan/Crop-Filters. Dieser lässt mit Hilfe von Bezierkurven auch die Erstellung von Freihandmasken zu, ein Feature, das sonst unter dem Namen GarbageMasks vermarktet wird. Insgesamt ist das Compositing weiter ausgebaut worden: So lassen sich mit Hilfe der „Child“-Funktion mehrere Kompositionsebenen zusammenfassen. Das so genannte Nesting, also das Zusammenfassen und Speichern eines Timelineabschnitts beherrscht Vegas aber noch nicht. So muss für verschiedene Variationen weiterhin Vegas ein 2.Mal gestartet werden und die Dateien per Drag`nDrop verschoben werden. Auch die neuen SubClips sind nur virtuell: Es lassen sich zwar beliebig viele Ausschnitte eines Clips als neuer Clip im MediaPool ablegen, aber dabei handelt es sich nur um Referenzen. Löscht man also den Ausgangsclip, sind alle SubClips ebenfalls weg.
3D integriert
Endlich eingebaut hat Sony adäquate 3D-Effekte. Bisher war man dafür auf Programme von Drittanbietern angewiesen (die es erfreulicherweise umsonst gab), jetzt bietet der Trackmotionfilter die freie Positionierung im 3D-Raum. So ganz ran an die etablierten Filter von www.debugmode.com kommt Sony damit zwar noch nicht, aber es ist ein Anfang.
Wie bei Profiprogrammen üblich, lassen sich die Tastaturbefehle jetzt anpassen. Das ist besonders im Notebookbetrieb erfreulich, denn bisher lagen die Trimmfunktionen auf dem Nummernblock. Zusammen mit der weiterhin nur Ein- (und nicht wie im Trimmmodus üblich Zwei-) Fensteransicht erschwerte das den mobilen Feinschnitt deutlich. Jetzt flutscht es auch im mobilen Schnitt, außerdem müssen sich Umsteiger von anderen Programmen nicht mehr unbedingt umgewöhnen. Ebenfalls eine Erleichterung sind die speicherbaren Fensteranordnungen. Einfach Strg+Alt+D und dann eine Taste von 0-9 drücken. Zum wiederherstellen dient nur Alt+D und natürlich die Zahl, unter der abgespeichert wurde.
Scripts und Konsequenzen
Eine bisher nur optionale Komponente hat Sony nun fest integriert, dass so genannte Scripting. Damit lässt sich eine Reihe von Funktionen fernsteuern, so dass einerseits langwierige Aufgaben automatisiert, andererseits aber auch neue Möglichkeiten eröffnet werden können. Eine Reihe von Scripts wird gleich mitgeliefert, das manuelle Einbinden entfällt. Nachteil dieser Variante sind die neuen Betriebssystemvorrausetzungen: Scripting basiert auf Microsofts dotnet, was es nur für Windows2000 und XP gibt. Vegas 5 lässt sich daher unter Windows98 oder ME nicht mehr installieren.
Auf den neuesten Stand gebracht sind die Oberfläche (ja, Vegas kann jetzt fast so bunt aussehen wie XP mit Luna) sowie die mitgelieferten Codecs. Im Auswahlmenü gibt es auch Quicktime 6, außerdem kann der mitgelieferte MPEGII-Encoder von MainConcept jetzt 2-pass und ist damit auf dem Stand der aktuellen Stand-Alone-Version 1.4. Sogar Flash-Filme lassen sich mittlerweile importieren.
Fazit
Stärken ausbauen, Schwächen ausbügeln. So entwickelt man ein gutes Produkt. Dass dieses Konzept durch die Übernahme von Sony nicht gelitten hat, beweist Vegas 5 eindeutig. Obwohl noch nicht alle Wünsche erfüllt sind, ist das Update für Vorbesitzer lohnenswert. Auch Neukäufer erhalten eine stabile Software mit exzellenten Audiomöglichkeiten und vielen Profifeatures auf dem neuesten Stand.