Mit den spiegellosen Sony Alpha 7 und Alpha 7R hat Sony im Fullframe Segment ein Beben ausgelöst, das alle Konkurrenten mittlerweile hellwach gerüttelt haben dürfte. Die neuen Alphas sind teilweise kompakter als Kameras mit kleineren APS-C oder Micro-Fourthirds Sensoren und dabei mit einer Fullframe-Fotoqualität versehen, die selbst Leica-M Fotografen ins Grübeln bringen dürfte. Doch wie steht es um die Videoqualität dieser komplett neuen Fullframe Systemkamera-Klasse?

Sony hat mit der Alpha 7 und Alpha 7R tatsächlich etwas geschafft, das wir eher einem kleineren Player aus dem Hinterhalt zugetraut hätten, als dem Schwergewicht Sony: Ohne Rücksicht auf das eigene Vollformat-Portfolio eine hochkompakte, spiegellose Vollformat Kamera zu bauen, deren fotografische Qualität den Spiegelreflex-Vollformaten in nichts nachsteht. Im spiegellosen Vollformat-Segment gab es bislang nur eine einzige Kamera und dies gleich in Form der Über-Kamera schlechthin: Die Leica M. Vorhang auf für die Sony Alpha 7 und Alpha 7R, die mit einem Preis von 1.499,- Euro (Alpha 7), respektive 2.099,- Euro (Alpha 7R) zudem auch noch im Vergleich zum gesamten Vollformat-Angebot der Konkurrenz mit ihren 24 respektive 36 (!) MP Sensoren als bemerkenswert konkurrenzfähig einzuschätzen sind.
Der Trumpf der über die letzten Jahre an Popularität stark zugenommenen APS-C oder Micro-Four-Thirds basierten Systemkameras lag stets in ihrer Kompaktheit. Traditionelle Spiegelreflex-Kameras gelten zunehmend als zu sperrig in Zeiten, in denen das Handy als Immer-Dabei-Kamera die Fotografiegewohnheiten des Alltags immer stärker dominiert. Schon wurden Rufe laut, Vollformat Produktlinien komplett abzusetzen, da sie immer weniger dem Fotografie-Verhalten einer auf Mobilität geeichten Gesellschaft entsprächen.
All diese Überlegungen dürften mit dem Auftritt der Sony Alpha 7 und Alpha 7R zunächst einmal Ad Acta gelegt werden. Mit Abmessungen von 126.9 mm × 94.4 mm × 48.2 mm (B x H x T) bei gerade mal 416, bzw. 407 Gramm trotz eines Gehäuses aus Magnesiumlegierung (bei der Sony Alpha 7R) wirbelt Sony mit diesen neuen Alphas nicht nur nur das Vollformat Segment sondern zeitgleich auch das gesamte derzeitige APS-C und Micro-Four-Thirds Systemkamera Aufgebot durcheinander (inklusive des eigenen möchte man an dieser Stelle ergänzen).
Zur Ehrenrettung der Leica M sei an dieser Stelle kurz eingeschoben, dass die Sony Alpha 7R zwar auch uns stark in Sachen fotografische Qualität beeindruckt hat, dass jedoch der Verschluss der Alpha 7R recht unschön für unsere Ohren zu Werke geht (mit einem blechernen Doppelklack) und damit eine deutliche Distanz zum diskreten Klick der Leica M mitbringt. Ob und inwiefern das Fotografieren mit einer Sony Alpha 7R mit einer aktuellen Meßsucher Leica M zu vergleichen ist, überlassen wir an dieser Stelle lieber anderen …
Sony Alpha 7 und Alpha 7R Bedienung
Bereits beim ersten In-die-Hand-Nehmen wird bei den neuen Alphas von Sony klar, dass Sony hier ergonomisch einen Volltreffer gelandet hat. Die Alphas eignen sich trotz ihres kleinen Gehäuses auch für große Hände sehr gut. Das Schalterlayout überzeugt ebenfalls auch Anhieb. Daumenrad für das schnelle Einstellen von Verschlusszeiten und Zeigefingerrad für die Blende sitzen genau da, wo man sie für schnelles manuelles Arbeiten benötigt. ISO ist auf einem Multi-Controler als Daumenrad ausgeführt schnell aufrufbar, ebenso wie andere Weißabgleicheinstellugen oder das auf der Gehäuseoberseite untergebrachte Belichtungskorrekturrad, das ebenfalls mit dem Daumen schnell erreichbar ausgeführt wurde.

Zusammen mit drei frei belegbaren Funktionstasten (C1-C3) bieten die Sony Alpha 7 und Alpha 7R die vom Gehäuse her mehr oder weniger identisch sind, eine vorbildliches Maß an nach außen geführten Funktionen. Standardmäßig sind die Funktionstasten mit C1 = Fokusmeßfeldauswahl C2= Fokusmodus und C3 = unbelegt (47 Funktionen können jeweils frei belegt werden) versehen. Damit lassen sich auch entsprechend Video-afine Funktionen wie Zebra, farbiges Peaking und Fokusvergrösserung auf die Funktionstasten legen, was wir ziemlich gelungen finden.

Einzig die Platzierung des Videoauslösers hätte unserer Meinung nach für entweder den Daumen oder den Zeigefinger günstiger platziert werden können, so fristet der Record-Button ein etwas abseitiges Dasein am Rand des Gehäuses.
Die Abdeckung für die Schnittstellen nach draußen sind sehr schwergängig – hier sind kräftige Fingernägel gefragt, die sich in die sehr kleinen Schlitze der Abdeckklappen hineinfinden müssen. Ob die sehr fest sitzenden Abdeckungen, die als klappbares Scharnier gearbeitet sind auch einen höheren Schutz vor Staub und Feuchtigkeit bringen, bleibt abzuwarten.
Die 3“ Displays der Sony Alpha 7 Serie lösen mit 921.000 Pixeln standardgemäß auf und bieten eine Neige- jedoch leider keine Schwenkfunktion.

Die OLED-Sucher der Sony Alphas lösen mit ca. 2.36 Mio Bildpunkten sehr gut auf und gehören zum besten an elektronischen Suchern, die wir bislang getestet haben. Tatsächlich kommen die elektronischen Sucher langsam auf Augenhöhe der optischen Spiegelreflexsucher an. Die Größe ist bereits auf dem Niveau von Vollformat Spiegelreflex Suchersystemen (wenn nicht gar grösser), lichtstärker sind sie ebenfalls und mehr Informationen lassen sich auch bei den elektronischen Suchern einblenden. Und auch das Flimmern der elektronischen Sucher scheint so allmählich der Vergangenheit anzugehören bzw. lässt es sich nur noch in Extremsituationen hervorrrufen. Applaus für Sony für diese sehr guten OLED-Sucher und eine kleine Träne für die optischen Sucher halten wir ebenfalls bereit.
Herzstück der Alphas sind ihre Vollformatsensoren die bei der Alpha 7R mit beeindruckenden 36MP ohne AA-FIlter und bei der Alpha 7 mit 24,3 MP mit Antialiasing Filter versehen werden. Für die Vollformat-Fotografie wird mit diesen Sensoren und ihren kompakten, gut durchdachten Gehäusen eine neue Ära eingeläutet – da sind wir uns ziemlich sicher – für die Videografie allerdings leider noch nicht. Im Gegensatz zum Full-Sensor Read-Out der DSC-RX10 werden bei den Alphas Skalierungsverfahren genutzt, die zu recht deutlichem Moiré bei der Videoaufnahme führen. Dies empfinden wir als besonders bitter, weil die Alphas ansonsten mit Videofunktionen glänzen, die wir häufig bei anderen Kameras vermissen: 1080/50p, 25 und 24p, farbiges Peaking mit einstellbarer Stärke, frei konfigurierbare Zebra-Überbelichtungsanzeigen, Suchervergrösserung die während der Filmaufnahme zuschaltbar ist, manuell pegelbarer Ton in mehr als 30 Schritten, manuelle Einstellung von Blende, Verschlußzeit und ISO, Kopfhöreranschluss, Mikro-Anschluss, neigbares Display sowie ein cleaner HDMI-Out am Mini-HDMI-Port. Mit all diesen für Video-Nutzer wichtigen Funktionen liegt Sony bei den Vollformat Alphas goldrichtig.
Auch in Sachen Akku-Ladung hat Sony mitgedacht. Anstatt ein eigenes Ladegerät mitzuliefern, was in den meisten Haushalten Ladegerät Nr. 20 sein dürfte, werden die Alphas einfach nur über ein Mico-USB Kabel bei eingelegter Batterie geladen. So lassen sich die Alphas entweder über jeden x-beliebigen Rechner mit USB-Schmittstelle oder über diverse Handy-USB Ladeadapter aufladen. Das gefällt uns sehr gut.
Die Menüführung der Alphas fügt sich in das gelungene Gesamtkonzept. Kaum verspielt mit schneller, klar gegliederter Navigation. Auch hier hat Sony zu den Besten im Systemkamerabereich aufgeschlossen.
Testlabor





Im Lowlight bieten die Alphas eine gute Schärfeleistung bei akzentuiertem Rauschen. Bei der Alpha 7R mit etwas dezenterem Rauschanteil bei extremer Verstärkung.



Das wahre Leben

Leider stand uns für diese Kameraaufnahmen nicht wie gewohnt unser Sachtler Speedlock Stativ mit DV6 Kopf zur Verfügung. Weil es schnell gehen musste, hatten wir nur ein Fotostativ bei der Hand und wieder einmal zeigt sich, dass man mit Fotostativen keine vernünftigen Schwenks hinbekommt. Wir nehmen das als Anschauungsmaterial, weshalb Video-Stative mit einem vernünftigen Fluid-Kopf einfach unverzichtbar sind. Beim nächsten Kameratest dürfte unser Sachtler wieder verfügbar sein …
Alle Aufnahmen wurden mit dem Sony Kit Zoom 28-70mm F3,5–5,6 in maximaler Weitwinkeleinstellung bei Blende f8, ISO 200 und 1/50 Sekunde gemacht.
Die Videoauflösung bei den Sony Alphas ist für diese Kamera-Klasse gar nicht mal schlecht aber bei den Schwenks sind bereits einige Skalierungsartefakte zu sehen, bei der Sony Alpha 7 etwas deutlicher als bei der Sony Alpha 7R:
Schwenk Sony Alpha 7R:
Schwenk Sony Alpha 7:
Bei unserem Moirée Test sind dann am Dach des mittleren Gebäudes sehr deutliche Moiré-Probleme zu erkennen. Wer solche Motive bei seinen Aufnahmen vermeiden kann, gerät nicht in Bedrängnis - wer solche Motive jedoch nicht ausschließen kann, hat ein klares Problem, das bei beiden Alphas zu Tage trit: Bei der Sony Alpha 7 trotz AA-Filter etwas deutlicher. Das klingt ein wenig paradox, dass die Kamera mit der geringeren Pixelzahl und dem Antialiasing Filter stärkere Moirès produziert als eine höher auflösende ohne AA-Filter. Wir erklären es uns mit einer mathematisch glücklicheren Skalierung die bei der Alpha 7R greifen könnte.(Für eine genauere Untersuchung hätten wir die Kameras länger zum Test da haben müssen):
Moiré Test Sony Alpha 7R:
Moiré Test Sony Alpha 7:
Die Sony Alphas bieten erstaunlich viele Motivprogramme zur Auswahl. Wir haben sie bei der Sony Alpha 7R einmal durchdekliniert:
Fazit
Die Sony Alpha 7 und Alpha 7R läuten eine neue Ära in der Vollformat-Fotografie ein. Mit ihren kompakten Kameragehäusen und sehr konkurrenzfähigen Preisen spielen sie nicht nur die gesamte APS-C und Micro-FourThirds Systemkamera Konkurrenz an die Wand, sondern brechen sogar in Leica-M Territory ein. Wohlgemerkt gilt all dies für die fotografische Qualität.
In Sachen Video sind wir hin- und hergerissen: Einerseits glänzen die neuen Sony Alphas mit sehr guter manueller Bedienung, fast schon vorbildlicher Ergonomie und sehr guten Video-Funktionen wie Zebra, farbiges Peaking, cleaner HDMI-Out, 1080/50p, passables Lowlightverhalten, manuelle Audiopegel, Mikrofon- sowie Kopfhöreranschlüsse.
Doch auf der anderen Seite werden die Alphas bei der Videoaufnahme durch das hier genutzte Skalierungsverfahren von recht massiven, teils auch farbigen Moiré-Artefakten geplagt. Kein Vergleich in dieser Hinsicht zur ebenfalls vor kurzem hier getesteten Sony DSC-RX10, die bei ihrem deutlich kleineren 1-Zoll-Sensor mit einem Full-Sensor Readout auf nahezu artefaktfreie HD-Videoauflösungen kommt. Wir hoffen, dass die Video-Processingpower oder das Sensordesign der nächsten Generation der Sony Alphas dann ebenfalls solch klare Videobilder zu produzieren vermag wie die kleine (große) Schwester RX10. Bis dahin sind die Alphas eine klare Empfehlung für die Fotografie, weniger für Video.