In der Gattung der Einsteiger-Schultercamcorder hat JVC diesen Frühling die GY-HM70 vorgestellt. Ganz in der Tradition der Konkurrenz wird hier Consumer-Technik in eine vergrößerte Plasik-Schale gefasst und mit mehr oder minder sinnvollen Knöpfen auf der Außenhaut in der Profi-Schiene für ca. 2000 Euro vertrieben. Dabei bleiben die Consumer-Ursprünge der Technik mal mehr, mal weniger gut verborgen. Bei der JVC erkennt man die Herkunft beispielsweise an den bunten und ziemlich wirr verschachtelten Menüs, die für ein professionelles Menü definitiv zu verspielt sind.

Ausstattung
Zum Glück gibt es externe Tasten und ein Wahlrädchen, die direkten Zugriff auf Shutter und Blende gewähren. Allerdings besitzen die Schalter ein extreme Plastikanmutung, sind für eine blinde Bedienung zu klein und dicht platziert und haben dazu keinen gut spürbaren Druckpunkt. Es gibt noch einen AF/MF-Umschalter, einen Weissabgleich-Button, sowie Tasten für manuellen und automatischen Betrieb. Ein ND-Filter ist leider genausowenig verbaut wie XLR-Audio. MIkro und Kopfhörer werden über 3,5mm Miniklinken zugeführt.
Es gibt keine Wechseloptik-Mount, sondern ein 16fach Zoomobjektiv mit der Anfangsbrennweite von umgerechnet 29,5 mm und einer Anfangsblende von F1,2 (bis F2,8 am Brennweitenende).
Sowohl LCD als auch Sucher lösen sehr schlecht auf. Gemessen an aktuellen Handys fühlt man sich fast schon nostalgisch berührt, wenn man die deutliche Pixelstruktur erkennt.
Aufgezeichnet wird in AVCHD auf 2 SD(HC)-Slots mit bis zu 50 Vollbildern. Doppelt lässt sich zudem auch die Akku-Rückwand bestücken, allerdings müssen alle Akkus in der Kamera geladen werden, da das Ladegerät keine externe Bestückung ermöglicht. Dabei kann ein Akku im laufenden Betrieb gewechselt werden, während der zweite aktiv ist.
Der Handgriff ist nicht drehbar, sondern fest aus einem Plastikguss angebracht. Auch die Schulterauflage der 3 Kg schweren Cam ist nicht gepolstert. Die Ergonomie der Kamera wirkt daher etwas "hart".
In der Praxis beim Filmen macht vor allem eine fehlende Gain-Auswahl zu schaffen. Zum Fokussieren gibt es zwar Peaking und zur Belichtungskontrolle Zebra, jedoch lassen sich diese Funktionen nicht durch externe Tasten zuschalten, sondern stehen nur in der dritten Menüebene zur Verfügung.
Aus dem Messlabor
Der Sweep deutet schon an, dass es sich bei dem GY-HM70 nicht um den schärfsten Vertreter seiner Art handelt.
![]() |
Das ISO-Chart wird sehr natürlich ohne störende Fehler wiedergegeben und gibt trotz fast fehlender Nachschärfung noch viele Details wieder.
![]() |
Die Chrominanzauflösung ist unauffällig und bietet für einen AVCHD-Camcorder keinen Grund zur Klage.
![]() |
Die Verzeichnung der Kamera scheint nicht digital korrigiert zu werden und beugt sich für einen KB-Weitwinkel von 29,5mm erstaunlich wenig.
![]() |
Beim 1200LUX Testbild ist man versucht zu sagen: Typisch JVC. So knallige Farben in der Werkseinstellung liefert kein anderer Hersteller.
![]() |
Bei wenig Licht und 1/25 Sekunde Belichtungszeit liefert die Kamera für ihre Sensorgröße noch erstaunlich passable Bilder ab.
![]() |
Der Rauschpegel des eingebauten Mikrofons ist leider nur Mittelklasse. Moderne Consumermodelle rauschen mittlerweile deutlich weniger.
![]() |
Fazit
Die zusätzlichen externen Knöpfchen, das Rädchen und der Objektivring machen aus der JVC GY-HM70 eine ganz passable AVCHD-Kamera, die jedoch mit einem deutlichen Aufpreis für ihr Schulterplastik-Gehäuse bezahlt werden will. Gerade durch fehlende externe Funktionen für Gain, Zebra oder auch XLR-Audio weist die JVC im Bereich Ausbildungs-Cam (in dem solche Kameratypen gerne eingesetzt werden) deutliche Defizite auf. Sieht man sich dazu in diesem Preisbereich um, so findet man z.B. mit der Panasonic AG-AC90 weitaus zeitgemäßere Ausstattung im Profi-Gewand, nur eben ohne Schultergehäuse. Klemmte man diese auf ein Schulterstativ, dürfte der Gesamtnutzen deutlich besser ausfallen, als bei der GY-HM70. Dass man in manchem Consumer-Gerät der Konkurrenz deutlich bessere Ausstattung und Bildqualität für deutlich weniger Geld bekommt, dürfte bekannt sein. Aber im Marktsegment der Schulter-Plastikbomber gelten offensichtlich etwas andere Ausstattungs-Regeln, die auch wir auch nicht immer verstehen.