Gute Kamera-Einstellungen, feinster Schnitt oder die coolsten Schauspieler können einen Film nicht besser machen, als sein Drehbuch. Das Drehbuch ist folglich eine der wichtigsten Voraussetzungen für einen erfolgreichen Film. Wie konkret es tatsächlich ausgearbeitet sein muss, hängt stark vom Talent des Filmers und dem Filmkonzept ab. Natürlich gibt es Filmbeispiele in der Geschichte, bei denen es am Set sehr spontan zuging, jedoch ist das die seltene Ausnahme. Auch um allen Mitwirkenden einen Fahrplan für die Produktion in die Hand zu geben, ist ein Drehbuch in der Regel ein bewährtes Instrument, in das man lieber etwas mehr Zeit und Mühe investieren sollte.
Es gibt jede Menge Bücher, die tausend Tipps bereithalten, wie man ein Drehbuchautor wird. Außer einer gewissen Form (die man schnell lernen kann) gibt es hierfür wohl unzählig viele Ansätze. Wenn man in dieser Richtung etwas mehr Erfahrung sammeln will, sollte man diese Bücher ruhig lesen. Als "Klassiker" gelten unter anderem die Bücher von Syd Field und Blake Snyder. Beide sind mittlerweile verstorben, weshalb das letzte Wort bezüglich Drehbuchgestaltung wohl jetzt andere ergreifen dürfen und werden.
Eine gut zusammenfassende, kostenlose Online-Anleitung mit vielen typischen Hinweisen, die man kennen sollte, findet sich unter anderem hier. Neben diesem wahrscheinlich notwendigen Handwerkszeug wollen wir euch allerdings auch noch ein paar Tipps auf den Weg geben, die wir selber im Laufe der Zeit gesammelt haben.
Grundsätzliches
Die zwei wichtigsten Ratschläge auf dem Weg zum Drehbuchautor: Viel schreiben und aufmerksam durch das Leben gehen. Es kann dazu nie schaden, andere Drehbücher zu lesen und sich die Filme dazu mehrmals "mit anderen Augen" anzusehen. Analysiert eure Lieblingsfilme einmal ohne Ton (oder auch mal ohne Bild), um ein Gespür für Dialog- oder Szenengestaltung zu entwickeln. Der Trick ist dabei sich eben nicht von dem Film "mitreißen" zu lassen, sondern nüchtern im Analysemodus zu verbleiben. Bei "Bild ohne Ton" fällt es deutlich leichter, sich auf die Konstruktion des Filmes zu konzentrieren. Eine schöne Masse an englischen Original-Drehbüchern zu bekannten Hollywood-Spielfilmen findet sich übrigens hier.
Wenn man sich mit der Drehbuch-Gestaltung beschäftigt, kommt man üblicherweise schnell in Kontakt mit vielen Drehbuchregeln. Grundsätzlich sollte man sich (und auch die eigenen Ideen) nicht jeder „goldenen Regel“ unterwerfen. Vielmehr liegt im bewussten Bruch einer Regel oft der besondere Reiz eines Films. Hierzu sollte man die Regeln jedoch zumindest ansatzweise kennen.
Man muss sich auch nicht unbedingt zu schade sein, Ideen aus anderen Filmen zu modifizieren. Oft entsteht eine gute Filmidee beim Betrachten eines anderen Films, weil man sich denkt: "Das hätte ich aber ganz anders gemacht". Gute Plot-Ideen - seien es auch nur kleine, aber elemetare Teile davon - sollte man allerdings keinesfalls direkt kopieren. Wenn diese Ideen zu offensichtlich aus einem anderen Film stammen, kann sich dies als juristischer Boomerang erweisen, der das Drehbuchprojekt nach der Fertigstellung in die Schublade diverser Anwälte verbannen kann.
Die Story
Ohne eine zündende Idee läuft gar nichts. Es macht keinen Sinn, einfach "einmal drauflos zu schreiben" und darauf zu warten, dass irgendwann schon etwas passieren und sich langsam eine Story entwickeln wird.
Zuerst sollte man die Story als Ganzes entwickeln. Wie geht sie los, wie endet die Geschichte. Am besten schreibt man zuerst einmal ein kurzes Treatment, welches die Grundstory auf ein bis zwei Seiten logisch umreißt. Fast jede Szene ist eine gute Eröffnungsszene (auch wenn manche natürlich besser sind, als andere), aber ein guter Schluss ist wirklich schwer. Auch wer viele Ideen für einen guten Filmanfang hat, hat noch fast nichts. Wer dagegen die Idee für einen knalligen Schluss hat, hat schon viel Potential in den Händen.
3-Akt-Aufteilung
Viele Hollywood-Spielfilme sind nach einer klassischen Dreiteilung (3 Acts) konstruiert. Im ersten Akt werden die wichtigsten Charaktere eingeführt und der Rahmen für die restliche Story geschaffen. Hier lernt der Zuschauer die Orte des Geschehens und die Charaktereigenschaften der einzelnen Protagonisten kennen. Im ersten Akt bekommt der Zuschauer alle relevanten Informationen, um den Rest des Films überhaupt verstehen zu können. Im zweiten Akt kommt die eigentlich Story ins Spiel. Hier entsteht meistens in irgendeiner Form ein Konflikt, der sich am Ende des dritten Aktes auflöst.
Wichtiger als diese starre Struktur ist es allerdings, seine Story laufend interessant zu halten. Grundsätzlich sollte man den Handlungsaublauf für den Zuschauer überraschend gestalten. Nichts ist langweiliger, als wenn man den Handlungsverlauf während des Films bereits ahnt und im weiteren Verlauf der Story in seiner Ahnung laufend bestätigt wird. Die typischen 90-100 Minuten für einen Spielfilm sind eine lange Zeit. Daher muss gerade der zweite Akt den Spannungsbogen auch tragen können, ohne den Zuschauer zu langweilen. Anders formuliert: Auch das notwendige Heranführen ans Finale muss in sich unterhaltsam sein.
Belanglosigkeiten sollte man immer vermeiden. Szenen und Dialoge, die man einfach nur zum Füllen oder als Überleitung zum nächsten wichtigen Handlungspunkt schreibt, sollte man lieber gar nicht schreiben. In diesem Fall muss man sich mehr einfallen lassen und vielleicht weitere unerwartete Ereignisse in den Film einbauen. Wenn eine Szene weder der notwendigen Charakterisierung einer Person dient, noch das Geschehen des Films weiter treibt, ist sie schlichtweg überflüssig.
Um die einzelnen Szenen zu gestalten und den Aufbau des Films zu planen, hilft vielen Autoren ein Tipp von Syd Fields: Man schreibt die Szenen nicht in ein Dokument, sondern benutzt für jede Szene eine Karteikarte. Dadurch kann man einzelne Szenen hin- und herschieben und somit schnell entscheiden, an welcher Stelle welche Szene im Film "am besten kommt". Hiermit lässt sich der Erzählfluss des Films schnell und einfach auf verschiedene Arten durchspielen und die Stringenz der Story überprüfen. Auch entstehen so häufig durch Zufall interessante Alternativen, die einen an sich stringenten, klassisch-logischen Handlungsverlauf deutlich interessanter machen können.
Wenn man eine Geschichte ausarbeitet, kann man bedeutende Ereignisse im wahrsten Sinne des Wortes einen „Schatten voraus werfen“ lassen ("Foreshadowing"). Oft wird diese Technik unter dem Namen "Chekov’s Gun" zitiert. Im ersten Akt sieht der Zuschauer eine Pistole und wartet unterbewusst (gegebenenfalls bis zum Showdown), dass diese auch benutzt wird. Man sollte diese Technik jedoch nicht zu aufdringlich benutzen. Der Zuschauer mag es, wenn er sich clever fühlen darf. Nicht jedoch, wenn er alles schon vorhersehen kann.
Man sollte sich ebenso genau überlegen, wann man dem Zuschauer relevante Informationen zukommen lässt. Fehlende Information kann pure Spannung bedeuten. Man kann die Zuschauer mit ungelösten Fragen fesseln und natürlich falsche Fährten legen. Auch viele Gags basieren bei genauerem Hinsehen auf dem Bekanntgeben einer bislang unbekannten bzw. unerwarteten Information.
Kosten vorhersehen
Wenn man nicht gerade schon an einem voll finanzierten Projekt arbeitet, verfügt man wahrscheinlich nicht gerade über ein großes Budget. Am besten achtet man daher bereits beim Schreiben auf die Kosten. Je mehr Drehorte man benötigt, desto teurer wird die Produktion. So sollte man immer wieder prüfen, ob sich nicht die eine oder andere Location durch leichte inhaltliche Änderungen einsparen lässt. Natürlich gibt es noch viel offensichtlichere „Kostenfresser“ wie Massenszenen, aufwändige Stunts etc. Am besten denkt man lieber schon beim Schreiben daran. Denn wenn ein Drehbuch nur sehr teuer umzusetzen ist, wird es wahrscheinlich nicht für sehr viele Produzenten interessant sein.
Dialoge und Charaktere
Bei der Ausgestaltung eines Drehbuches sollte man besonders auf zwei Schwerpunkte achten: Dialoge und Aktionen. Was sagen die Charaktere und wie handeln sie?
Gute Dialoge lassen einen Film glaubwürdig erscheinen, schlechte Dialoge töten ihn. Um einen guten Dialog zu schreiben, hört man am besten anderen Menschen beim Sprechen zu (in der U-Bahn, in der Kneipe etc.). Ein anderer beliebter Trick: Die Dialoge selber laut lesen oder diese sogar mit einem Mikrofon aufzeichnen. Im Kopf klingt vieles anders als ausgesprochen.
Auch Dialog will sparsam eingesetzt werden. Film ist ein visuelles Medium. Wenn man etwas auch zeigen kann, muss man die Charaktere nicht unbedingt sprechen lassen.
Man sollte bei Dialogen auch darauf achten, dass die Personen nicht "nur" sprechen. Beobachtet man andere Menschen fummeln viele beim Reden oft mit einem Gegenstand in der Hand, meiden oder suchen Blickkontakte, kratzen sich etc. Am besten baut man diese Eigenheiten auch in die Dialoge ein und vermerkt dies als Handlungsanweisung im Drehbuch. Die Glaubwürdigkeit eines Schauspielers kann sich durch derartige Neben-Aktionen deutlich erhöhen (aber natürlich auch verschlechtern). Hier ein schönes Beispiel von Marlon Brando, das durch zufällige Improvisation mit dem herunter gefallenden Handschuh entstand:
Unterschiedliche Darsteller sollten unterschiedlich reden. Jeder Mensch hat eine eigene Art zu sprechen. Wenn alle Dialoge von einem Autoren stammen, besteht oft die Gefahr, dass diese Dialoge zwischen den Figuren austauschbar werden. Daher sollte man auf verschiedene Sprachstile achten, aber die unterschiedlichen Akzente nicht zu offensichtlich einsetzen. Denn dies kann auch schnell peinlich wirken.
Subtile Untertöne
Menschen reden oft nicht direkt über das, was sie denken. Viel mehr reden Sie meistens "um den heißen Brei". Für das Publikum sollte jedoch immer ersichtlich bleiben, was die Darsteller eigentlich meinen. Ein häufiges Beispiel in zahlreichen Filmen ist das Zusammentreffen von Frau und Mann in einer unsympathischen Situation. Beide streiten sich den ganzen Film und betonen in vielerlei Form, dass sie sich nicht ausstehen können, müssen aber aus bestimmten Gründen in irgendeiner Form kooperieren. Dem Zuschauer ist jedoch von vornherein klar, dass die beiden am Ende zusammenfinden werden.
Um glaubwürdige Charaktere zu erschaffen, müssen sich diese fast von selbst aus dem Drehbuch entwickeln. Zu viele verschiedene Charaktere "verderben den Brei". Wenn der Zuschauer viele Darsteller auseinander halten muss, um die Story verfolgen zu können, ist er oft überfordert und in der Folge gelangweilt.
Charaktere formen sich größtenteils aus der Interaktion mit anderen Darstellern. Hier können sie zeigen, was sie denken, wie sie handeln und in welcher "Haut" sie stecken.
Ist das schon Alles?
Dieser Artikel ist natürlich bestenfalls die Spitze eines Drehbuch-Tipp-Eisbergs, welche wir einfach nur als Erfahrungs-Sammlung an euch weitergeben wollten. Falls ihr noch mehr elementare Tipps in Petto habt, freuen wir uns über entsprechende Forenbeiträge zur Ergänzung.