Canon EOS C70 + Rigging
Die Canon EOS C70 besitzt ja nahezu schon Klassiker-Status: Sie verfügt nach wie vor über mit den besten Dynamikumfang aller bei slashCam getesteten DSLMs, ist vom Schalterlayout auf den Solo-Betrieb ausgelegt und erfreut sich nach wie vor ungebrochener Beliebtheit im Entry-Level Pro Segment.
Da wir bislang noch nicht mit der C70 unsere Messeberichterstattung produziert hatten, waren wir gespannt darauf, wie sich die Canon EOS C70 als Solo-Shooter-Setup schlagen würde … Dank an Canon in diesem Zusammenhang für die Leihstellung.
Fangen wir also mit unserem C70 Rigging an:

Wir haben uns im Vorfeld recht intensiv mit unterschiedlichen Rigging-Optionen für die Canon EOS C70 beschäftigt. Mittlerweile bieten viele Zubehörhersteller Cage und Rigging-Komponenten für die C70 an. Wichtig für uns war ein möglichst kompaktes Setup an dem sich Licht, Richtmikro (als Audio-Backup), eine Funkstrecke, ein externer Monitor, ein Top-Handle für den Transport auf der Messe und ein V-Mount Akku unterbringen lässt.
In die engere Wahl fielen hierfür das Handheldkit für die Canon C70 von SmallRig, der Canon C70 Cage von Kondor Blue sowie das LeftField 3 Canon C70 – Base Kit von Bright Tangerine.

All diesen Cage-Kits gemein ist eine eingearbeitete Nato-Schiene die eine verschiebbare Tophandle-Montage erlaubt und damit eine optimale Gewichtstarierung des Gesamt-Setups. Für unser Kamera-Setup ist das essentiell, weil wir Richtmikro, Licht (an einem externen linken Handgriff), Funkstrecke und externen Monitor direkt am Kamera/Cage Setup montieren. Hierbei kann es schnell zu einer links- / rechtslastigen bzw. front- oder rücklastigen Kamera kommen. Bei Kamera-Systemgewichten von ca. 5 kg die man täglich 8 Stunden durch die Gegend trägt, macht sich eine Unwucht hier sehr schnell unangenehm bemerkbar.

Preislich unterscheiden sich die hier genannten Cage-Setups deutlich. Das SmallRig Handheldkit liegt bei 219,- Euro, der Kondor Blue Cage ohne Triggerhandle liegt bei ca. 290,- Euro und das Leftfield 3 Canon C70 – Base Kit von Bright Tangerine kommt auf ca. 900,- Euro – bietet dafür aber auch eine ARRI Dovetail kompatible Base-Plate mit Rod-Support. Da wir jedoch einen zusätzlichen Handgriff auf der linken Kameraseite benötigen – via Nato-Schiene montierbar - fällt der ansonsten recht clever konstruierte Kondor Blue Cage raus (die integrierte Libelle finden wir ein sehr praktisches Detail hier, da die C70 leider über keinen einblendbaren, digitalen Horizont verfügt).
Die Bright Tangerine Lösung wird häufig als Referenz-Cage-Design für die Canon C70 gennant. Wer beispielsweise viel auf ARRI-Dovetails am Stativ unterwegs ist oder ein zuverlässiges, professionelles Rod-System für Zubehör (Mattbox, V-Mount-Akkus etc.) und gleichzeitig viel Flexibilität am Cage selbst benötigt (diverse Nato-Schienen, Arri-Lockpin Gewinde, etc.) dürfte mit der Bright Tangerine Cage Lösung eine qualitativ sehr gute Option erhalten (die allerdings auch im höherpreisigen Segment angesiedelt ist). Ein Detail, das wir beim Bright Tangerine Cage besonders gelungen finden, ist beispielsweise die zurückgesetzte Hotshoe-Aufnahme an der Side Plate. Hier lässt sich perfekt der Empfänger unserer Sennheiser AVX-Funkstrecke anbringen – ein Feature, das sich beim SmallRig Cage oben links auch wieder findet – hier jedoch recht eng an den Windschutz unserer Sennheiser MKH 8060 herankommt. Darüber hinaus lassen sich beim Bright Tangerine Cage Top- und Sideplate anscheinend auch einzeln an der C70 anbringen. Wer nicht die Tangerine Baseplate mit den Rodaufnahmen benötigt, kann hier also deutlich Geld sparen (für ca. 250,- Euro erhält man bsp. Top und Baseplate).

Den Ausschlag für die SmallRig Cage Lösung gab die Tatsache, dass er über nahezu alle für uns wichtigen Montage-Optionen verfügte und im Vorfeld der NAB letztlich auch am schnellsten zu organisieren war.
Was uns beim SmallRig Cage für die C70 gut (neben den integrierten Nato-Schienen oben und an der Seite) gefallen hat, ist die nach hinten versetzte Aufnahme für die Original Canon Mikrofonhalterung, der sowohl auf der X- (Natoschiene) als auch auf der Z-Achse verschiebbare Handgriff, die insgesamt stabile Konstruktion mit der Side-Plate (statt nur einer Top und Bottom-Plate) sowie die modulare Bodenplatte.

Letztere lässt sich zwischen einer kleineren Bodenplatte (die dann als Arca-Swiss-kompatible Aufnahme fungiert) und einer großen Bodenplatte - für stabile Kameraplattenmontage (mit zwei Schrauben) – teilen. Ein flexibles Konzept, das wir gut nutzen konnten – zumal die obere Nato-Schiene für eine optimale Tarierung unseres Setups etwas zu kurz ausfällt (die Bright Tangerine Schiene ist da zum Beispiel deutlich länger). Durch die Versetzung unseres V-Mount Akkus entlang der Arca-Swiss Aufnahme konnten wir jedoch eine gute Balance auch beim SmallRig Setup herstellen.
Insgesamt hatten wir somit ein äußerst kompaktes und recht hochwertiges Kamera-Setup, das sich im Gegensatz zu DSLM-Lösungen mit XLR-Adapter mehr „aus einem Guss anfühlte“ und auch beim Transport auf der Messe angenehm „kompakt“ agierte.

Würden wir über längere Zeiträume vor allem mit der C70 Drehen, würden wir noch in konfektionierte XLR Audiokabel (mit gewinkeltem Mini-XLR-Stecker) und in entsprechendes Kabelmanagement am Cage investieren.
Wer ausschließlich Messeberichterstattung für YouTube produziert, würde mit einem leichten DSLM-Setup unserer Erfahrung nach zwar völlig ausreichend bedient sein – soll die Kamera hingegen auch für andere Projekte wie Doku, Industriefilm, Reportagen, etc. eingesetzt werden, ist man mit der nächsthöheren Kameraklasse wie der Canon EOS C70 (oder der FX6) nochmals performanter aufgestellt. Die Vorteile dieser gegenüber DSLMS nächstgrößeren „Cine“ Kamera Klasse sind in unseren Augen vor allem die integrierte XLR-Tonabteilung, der integrierte ND Filter, das gute Schalterlayout mit vielen externen Optionen sowie die langen Akkulaufzeiten.
Abgesehen vom integrierten ND-Filter, den wir bei Innenraumdrehs eher selten brauchen, konnten wir alle hier gelisteten Vorteile dieser Entry Cine-Cam Klasse auch bei unseren Messeinterviews nutzen. Und apropos Innenraumdrehs: Wir sind im Verbund mit dem von uns genutzten Nanlite LitoLite 5C Kameralicht gut auch bei schwachen Lichtverhältnissen auf der Messe ausgekommen. Die C70 brachte hier also genug Lowlight-Performance mit.
Allerdings gab es die eine oder andere Situation bei der der Autofokus der C70 nicht so sicher war, wie wir es bei Außendrehs bei Tageslicht gewohnt waren. Insbesondere wenn sich unser Interviewpartner am äußeren Bildrand befand und sich von der Kamera weg hin zum Produkt gedreht hat, hatte die Gesichtserkennung der C70 ein paar Mal kleinere Probleme. Der Grund hierfür mag in der etwas begrenzten AF-Feld Abdeckung der Canon EOS C70 liegen (80 % Abdeckung i. Vgl. zu Dual Pixel AF II Systemen). Die Lösung besteht bei kritischen Bildinhalten am Rand einfach darin, hier auf manuellen Fokus zu schalten – kein Dealbreaker, wenn man um das Verhalten weiss. In diesem Zusammenhang würden wir uns bei der C70 allerdings noch die Option wünschen, den Drehwinkel beim manuellen Fokus selbst bestimmen zu können (linear lässt sich der manuelle Fokus ja bereits schalten).
Da man als Soloshooter viele Dinge im Auge behalten muss: Interviewführung, Messebesucher die gerne mal ins Bild laufen, Framing, Ton etc. erleichtert allerdings ein zuverlässiger AF durchaus die Arbeit. Wer viel in Innenräumen dreht und einen entsprechend sicheren AF benötigt, könnte im Canon-Portfolio daher mit der neuen C80 besser bedient sein, die mehr Lichtstärke, einen verbesserten AF /Dual Pixel AF II (und höhere Auflösung) mit sich bringt.

Steht hingegen ein Out-of-Camera möglichst „cinematisches“ Bild (höherer Dynamikumfang, weicheres „organischeres“ Bild) im Vordergrund, würden wir zur Canon C70 greifen.
In unseren Augen noch entscheidender bei der Wahl zwischen C80 und C70 ist jedoch das bereits vorhandene Objektivportfolio. Womit wir bei den von uns in den USA genutzten Objektivoptionen Canon RF 24-70 F2.8 und Canon 24-105 EF F4 mit dem Bajonettadapter 0.71x („Canon Speedbooster“) angelangt wären.