Frage von Movieking:Guten Tag,
ich habe eine Frage. Wie wird beim Film vertont? also ich nehm bei jeder Sequenz mit dem Camcorder den Ton auf, aber wenn ich es dann zu einem Dialog zusammenschneiden will, kommt natürlich zwischen jedem Bildwechsel ein Knistern, da es ein Dialog ist, jedoch mehrere Tonsequenzen. Was kann ich dagegen machen? Ich war mal beim Dreh zuschauen, und da haben die eine Szene aus vielen versch Richtungen gedreht, und auch den ganzen Text gelabert (Schuss/Gegenschuss). Hat das vielleich etwas mit der Vertonung auch zu tun- im richtigen Spielfilm hört man bei einem Dialog, dass es eine Tonsequenz ist, am Stück aufgenommen. Aber wie geht das? Ich mein der Ton passt genau zu den Stimmbewegungen. Die Kamera filmt aus 2 Perspektiven, wie funktioniert das? Mit 2 Kameras wäre das klar mit der einen Tonspur und den 2 Perspektiven. Schafft ein externes Mikro Abhilfe? Vielen Dank -Würde mich über Antworten freuen.
Antwort von Axel:
1. Zu dem Tonknacksen beim Schnitt: Bei Video hast du eine Schnittgenauigkeit von 1/25tel Sekunde, der Ton ist 1000mal genauer. Jede Frequenz ist eine Welle, die jedesmal, wenn sie den Nullpunkt schneidet, auch stumm ist. Schneidest du immer durch diesen Nullpunkt, hörst du nie einen Knackser.
Auch, wenn die Genauigkeit des Tonschnitts, wie gesagt, um ein Vielfaches die des Bildes übertrifft, würde es trotzdem nach sehr vielen Schnitten zu Asynchronität kommen. Diese Methode eignet sich daher für allen nicht-synchronen Spuren. Für Synchronton ist es alternativ möglich, auf eine Schnittmarke eine kurze Audioüberblendung von -3dB zu legen, Standard in jedem NLE, denke ich mal.
2. Zur Synchronisation: Der Begriff der "Klappe" wird dir wohl bekannt sein. Ein szenischer Film wird fast ausschließlich versuchen, die Dialoge sauber aufzunehmen, meist natürlich extern. Nebengeräusche, überhaupt Geräusche sowie eine zu aufdringliche Raumcharakteristik (z.B. Hall) werden lieber vermieden. Es ist besser, diese in einer späteren Mischung feinzutunen.
3. Allerdings lässt sich Raumcharakteristik nur in einem komplett schalltoten Studioraum ganz ausschalten, deswegen nimmt man vor Ort auch einige Sekunden Raumklang mit auf, entweder, um damit unauffällig etwas aus dem Liveton zu löschen (diesen praktisch zu ersetzen) oder aber, um aus diesem Frequenzsample einen Filter zu generieren, der diesen Raumklang neutralisiert.
Ein sehr weites, oft vernachlässigtes Feld, über das sich lohnt, weiterzulesen. Als Einstieg wäre der Audiopart vom Moviecollege nicht schlecht (Google).
Antwort von Movieking:
Vielen Dank für ihre ausführliche Antwort- ich werde mich dort mal umsehen.
Antwort von domain:
Ein ganz allgemeiner Tipp aus meiner Sicht dazu noch: im Gegensatz zu einem harten Bildschnitt stört ein solcher beim Ton fast immer. In jedem NLE gibt es die Möglichkeit, eines Audio-Cross-Fades, manchmal aber nur über einen Workaround. Dabei wird die eine Tonspur exakt im Verhältnis zu der anderen zunehmenden abgeblendet, womit eine weicher Tonübergang ohne Knacksen zu erreichen ist.
Manchmal wirkt ein langer Tonvorlauf des nächten Clips in den vorhergehenden hinein sogar richtig gut. Z.B.: du hörst von fern bereits die Orgelmusik einer Kirche und wenn du drinn bist, dann erst richtig stark.
Antwort von Movieking:
Probier ich mal aus- danke
Antwort von beiti:
im richtigen Spielfilm hört man bei einem Dialog, dass es eine Tonsequenz ist, am Stück aufgenommen. Aber wie geht das? Das täuscht. Die schneiden Bild und Ton munter zusammen. Es fällt aber nicht auf, weil der Ton-Umschnitt meist vor oder nach dem Bild-Umschnitt liegt, und weil die Übergänge "gesäubert" werden.
Oft kommen später in der Mischung dann noch Hintergrundgeräusche hinzu; die sind dann am Stück aufgenommen (oder zumindest in sich gut gemischt) und kaschieren die Umschnitte im Dialogton zusätzlich.
Beispiel (typische Dialogszene):
Bild zeigt Person A sprechend. Bild-Umschnitt auf Person B, während noch der Ton der vorigen Einstellung weiterläuft. Wir sehen die Reaktion von Person B auf das Gesagte; dies muss nicht lippensynchron sein. Nachdem Person A zu sprechen aufhört, kurz bevor Person B zu sprechen beginnt, kommt der (unhörbar gemixte) Ton-Umschnitt. Nun sehen und hören wir Person B sprechen, und das ist wieder synchron.
Nun hört Person B zu sprechen auf. Das Bild bleibt noch, aber es kommt schon der Ton-Umschnitt zum Gegenschuss. Wir hören wieder Person A sprechen, sehen aber noch Person B. Irgendwann, mitten in die Rede von Person A, folgt dann auch der Bild-Umschnitt zurück zu Person A. Und siehe da: Es ist wieder lippensynchron. (usw.)
Grundsätzlich wird am Film-Ton sehr viel nachträglich herumgebastelt.
Auf DVDs gibt es manchmal Deleted Scenes oder Outtakes, die nur roh geschnitten und noch nicht abgemischt sind. Das ist sehr aufschlussreich.
Schafft ein externes Mikro Abhilfe? Das ist sowieso Voraussetzung. Und zwar nicht ein externes Mikro auf der Kamera, sondern abseits der Kamera (z. B. an einer Angel).
Nur wenn die verschiedenen Tonaufnahmen unter akustisch gleichen Bedingungen entstehen, passen sie später im Schnitt ohne große Nachbearbeitung aneinander. Ein Mikro, das immer zusammen mit der Kamera platziert wird, würde ja den Ton immer wieder aus einer anderen Richtung erwischen. Da muss es beim Schnitt ja zu Sprüngen kommen.
Antwort von domain:
Grundsätzlich wird am Film-Ton sehr viel nachträglich herumgebastelt.
Das ist eine wertvolle Ansage. Mache ich auch, obwohl dann nachträglich nur Erträgliches herauskommt. Aber eines ist mal sicher: 90% der Menschen glauben, dass sie überwiegend visuell veranlagt sind. In Wirklichkeit aber sind sie durch den Ton extrem beeinflussbar und zwar voll emotional.
Diese Fehleinschätzung führt dann nicht selten zu einer total lieblosen Behandlung der Tonsektion, d.h. Hauptaugenmerk auf die Bildqualität und den Schnitt und dann lässiges unengagiertes Darüberlegen irgend einer zudeckenden Musik. Das ist eigentlich das Hauptmerkmal von Amateurfilmen überhaupt.
Antwort von Axel:
Sehr schöne Beispiele für Audio-Produktion waren seinerzeit jede Woche in den Online-Tagebüchern zu Peter Jacksons King Kong zu sehen. Gewiss sind sie auch stundenlang auf einer Special Edition DVD, aber sie sind auch immer noch online.
Hier ein Beispiel zum Geräuschesammeln, wie man es nur als Alternative zu Sound-FX-CDs oder Downloads empfehlen kann.
Hier werden Geräusche direkt "gemacht", genannt "Foley". Jedenfalls wird keiner auf die Idee kommen, langweilige realistische Geräusche zu verwenden.
Zu guter Letzt hier ein Beispiel für nachsynchronisierte Dialoge, genannt ADR (Automatic Dialogue Recording). Was es mit dem "Automatic" auf sich hat? Sieht doch eher nach scheiß Arbeit aus. Ich weiß es ehrlich gesagt nicht genau. Angeblich kann man ein nicht 100%ig lippensynchrones Timing ohne Änderung der Tonhöhe stretchen, sodass es genau passt. Wer Näheres weiß ...
Weiter in den Diaries auch zwei Beiträge zur Mischung.
Antwort von jogol:
Angeblich kann man ein nicht 100%ig lippensynchrones Timing ohne Änderung der Tonhöhe stretchen, sodass es genau passt. Wer Näheres weiß ...
Melodyne: http://www.celemony.com/cms/index.php?i ... editor&L=1
Antwort von domain:
Bez. der Geräuschesammlung habe ich wohl schon viele hundert Geräusche von Freesound heruntergeladen und teilweise auch verwendet.
Wie sensibel aber auch ungeschulte Ohren sein können, habe ich aber jüngst von meiner Partnerin erfahren. Es ging dabei es um Motorgeräusche während der Fahrt. Dazu habe ich noch nichts wirklich Brauchbares gefunden, außer so völlig überdrehtem Porsche-Sound mit Sportauspuff, der selbst in den noch nicht beschleunigenden Phasen aggressiv klingt.
Die Reaktion kam prompt nach Besichtigung: aber so klingt unser Boxster doch nicht und schon gar nicht auf der langen Uferpromenade von Montreux.
Man kann nicht wirklich täuschen, der Sound muss einfach stimmen und plausibel erscheinen.
Andeseits habe ich aber schon sehr viele sonstíge Samples realistisch einbauen können, wie Zikadengeräusche, Bienensummen, Grillenzirpen und Vogelgezwitscher und viele Wind- und Wassergeräusche, entferntes Hundegebell, Menschenansammlungen sowie auch Blätterrascheln und Gehen auf Kies und so vieles andere mehr.
Diese Freesoundbibliothek ist einfach Gold wert und sehr häufig kann man damit der eigenen Footage jene Wirkung verleihen, die man vom Sound her eigentlich im Kopf hatte und die nicht durch ein verrauschtes und bullerndes internes Mikro mal sowieso verdorben ist.
Wenn das alles mal stimmt, dann gehe ich erst daran, Musik an div. Stellen zu unterlegen. Das kann dann natürlich nochmal eine wesentliche Steigerung der Emotionalität herbeiführen.
Antwort von Axel:
Bezüglich des Porsches könnte man also in Analogie zu >Memory Colors von Memory Sounds sprechen. Die meisten Filmsounds sind aber zumindest stark karikiert. Und als langjähriger und mehrfacher Katzengeselle finde ich es auch lächerlich, dass Filmkatzen immer miauen. Davon abgesehen unterstreiche ich, was du schreibst. Der Ton ist die Grundierung, die Stimmungsfolie für den Film, und bekanntlich ist unser Gehör anspruchsvoller. Bilder sind trotzdem für Video wichtiger - oder sollten es sein.
Antwort von domain:
Ja das ist richtig. Wenn ich z.B. im TV herumzappe, dann bleibe ich zunächst mal eigentlich nur an außerordentlichen Bildern hängen. Und meist stellt sich dann heraus, dass jemand, der die Bildersprache wirklich beherrscht, auch in allen sonstigen Belangen was zu bieten hat. Stimmt schon, die Bildsprache ist auch im Film das Primäre.
Antwort von Movieking:
Dann werd ich mir also ein Richtmikro zulegen, und beim Schnitt versuchen die Übergänge zu säubern. Nochmals vielen vielen Dank an alle- die Tipps haben mir sehr geholfen.